Oberhausen. In Oberhausen wird eine „Kampfhunde“-Steuer eingeführt. Halter müssen satte 850 Euro im Jahr Steuern zahlen. Das wollen sie nicht hinnehmen.
- Oberhausen führt erstmals eine Extra-Steuer für „Kampfhunde“ ein
- Halterinnen und Halter dieser Hunde wehren sich mit Demos und einem Bürgerantrag
- Besitzerinnen wehren sich gegen Vorurteile
Der Unmut über die Erhöhung der Hundesteuer reißt in Oberhausen nicht ab. Nach zwei Protesten haben Gegner der neuen Hundesteuer einen Bürgerantrag mit mehr als 700 Unterschriften eingereicht. Sie machen der Politik Vorschläge, in welchen Fällen von einer Steuer für Listenhunde abgesehen werden sollte. Unterstützt wird der Antrag inhaltlich von der FDP. Auch diese fordert eine Kehrtwende bei der Hundesteuer und legt ähnliche Vorschläge zur Befreiung vor.
Worum geht‘s? Politik und Verwaltung mussten einen Plan ausarbeiten, wie sie die Verschuldung der Stadt Oberhausen bremsen. Um Finanzlöcher zu stopfen, wurde nach einigen Diskussionen eine Erhöhung der Hundesteuer beschlossen. Zum einen wird der Regelsatz für Vierbeiner erhöht, zum anderen wird erstmals eine Extra-Steuer für als gefährlich geltende Hunderassen eingeführt. Halter dieser sogenannten Listenhunde sollen 850 Euro im Jahr zahlen.
Oberhausen: FDP fordert Steuerbefreiung von Rettungs- und Tierheimhunden
Dagegen regt sich breiter Widerstand. Dem jetzt eingereichten Bürgerantrag hat die Oberhausenerin Martina Weiher eine Liste mit 712 Unterschriften beigefügt. Sie fordert Ausnahmen oder Ermäßigungen für Hunde, die aus den überfüllten Tierheimen genommen wurden, für Rettungs- und Therapiehunde und für Hunde, die einen Wesenstest bestanden haben. Die FDP im Rat der Stadt legt ähnliche Vorschläge vor und fordert eine Anpassung: „Statt Hundehalter über Gebühr zur Kasse zu bitten, könnte man sparen, indem man Tierheimhunde von der Hundesteuer befreit. So könnte man Menschen motivieren, Tiere aus dem Tierheim zu adoptieren. Ein Jahr Tierheimkosten für einen Hund kostet oft mehr Geld als ein Hundeleben lang die Hundesteuer einbringt“, sagt FDP-Politiker Marc Hoff.
Wer sich mit Martina Weiher unterhält, dem wird schnell klar, dass die Oberhausenerin nicht erst seit der Einführung dieser Hundesteuer über das Thema nachdenkt. Sie hat einen Mischling, der die Kriterien der Listenhunde erfüllt. Die Oberhausenerin zitiert die verstorbene Verhaltensforscherin und Tierärztin Dorit Urd Feddersen-Petersen mit den Worten: „Es gibt keine gefährlichen Hunderassen – es gibt gefährliche Hundeindividuen.“
Hundehalter skeptisch: Behörden sollten mehr kontrollieren
Für Martina Weiher ist das der Knackpunkt. Mit ihrem Hund „Sherlock“ habe sie noch keine gefährliche Situation erlebt. Sie habe viel Zeit investiert, ihre eigenen Kenntnisse erweitert, den Wesenstest mit ihrem Hund bestanden. Dennoch erlebe sie Vorurteile. „Manchmal kommt es vor, dass die Menschen die Straßenseite wechseln“, berichtet sie. Hunde, die diesen Wesenstest bestehen, werden von der Maulkorb- und der Leinenpflicht befreit. „Damit stehen sie auf einer Stufe mit allen anderen Hunden“, sagt Martina Weiher. Trotzdem wird sie nun zusätzlich zur Kasse gebeten. Ein Hund koste ohnehin einige tausend Euro im Jahr. „Abgeben ist keine Option“, sagt die Oberhausenerin.
Die Erhöhung treffe laut Martina Weiher auch die falschen: Sie mutmaßt, dass nicht alle Halter von Listenhunden eine Hundeschule besuchen und das Tier ordnungsgemäß anmelden. Die Gefahr gehe also nicht von dem Tier aus, sondern vom Halter. Um Vorfälle zu vermeiden, müssten Behörden strikter kontrollieren und Haltern strenge Regeln auflegen, beispielsweise eine Art Führerschein.
Was Halter von Listenhunden generell stört, ist der Begriff Kampfhund. Martina Weiher gibt zwar zu, dass gewisse Hunde als „Waffe“ missbraucht werden könnten, um etwa einzuschüchtern. Der Begriff sorge aber für eine Stigmatisierung, mit der Konsequenz, dass diese Hunde in Tierheimen landen. „Oberhausen hat ja keins. Aber die anderen Tierheime sind voll.“
Oberhausenerin: „Hund abgeben, ist keine Option“
Einen solchen Tierheim-Hund hat auch Nadine Hümmerich. Ihr Staffordshire Terrier hört auf den Namen Siggi und kommt aus einem Tierheim in Gelsenkirchen. Sie habe oft in Tierheimen Hunde spazieren geführt, hauptsächlich sogenannte Listenhunde. Irgendwann entschloss sie sich, sich dauernd um diese Hunde zu kümmern. Siggi ist seit zweieinhalb Jahren bei ihr und etwa acht bis neun Jahre alt. „Wir haben schon so viel gelacht. Siggi ist ein kleiner Clown und total verschmust.“ Mit anderen Hunden spiele er oft, da könne es durchaus „rabiat“ zugehen. Im Kontakt mit Menschen sei er aber immer behutsam.
Auch Nadine Hümmerich versteht nicht, warum Hunde, die eine Verhaltensprüfung abgelegt haben, immer noch als gefährlich gelten und in Oberhausen zukünftig viel Geld kosten sollen. „Aber für mich ist das gar keine Option, Siggi abzugeben.“ Auch sie fordert, dass die Behörden häufiger und strenger kontrollieren. „Es gibt da draußen Menschen, die sollten keinen Hund haben“, sagt Nadine Hümmerich. Damit meint sie nicht „Kampfhunde“, sondern alle Hunde. Ein Schäferhund könne schließlich genauso gefährlich sein wie ein Staffordshire.