Oberhausen. Die Folgen des Oberhausener Sparpakets sind im Sozialbereich immens: Es droht eine Kürzung von Kinderbetreuungszeiten in Kitas und Schulen.
Wer täglich die Not vieler Menschen erleben muss, wer versucht, die Probleme der Oberhausenerinnen und Oberhausener zu lösen, der neigt dazu, jeden Euro geplanter Ersparnis im sozialen Bereich für eine schlimme Katastrophe zu halten.
Doch diesmal scheinen die konkreten Folgen durch die notwendige Sparpolitik der Stadt Oberhausen für die Bürgerinnen und Bürger tatsächlich besonders einschneidend zu sein, wenn man den Argumenten der hiesigen Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände folgt: Weniger Kitas, weniger Nachmittagsbetreuung an den Grundschulen, weniger Schuldenberatung, geringere Öffnungszeiten für Jugendzentren.
Oberhausen schnürt das zweitdickste Sparpaket seit 14 Jahren
Bekanntlich muss Oberhausens Stadtkämmerer Apostolos Tsalastras das zweitdickste Sparpaket in seiner 14-jährigen Amtszeit als städtischer Finanzchef für die Jahre 2024 und später schnüren – ein Umfang von über 100 Millionen Euro. Dieses Finanzloch bei Gesamtausgaben von 1,1 Milliarden Euro liegt vor allem an den steigenden Kosten für Schulen und Kitas, an den steigenden Soziallasten für Flüchtlinge und Langzeitarbeitslose, an den anziehenden Personalkosten der Stadtverwaltung und den gekletterten Zinsen für den Zwei-Milliarden-Euro-Schuldenberg.
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Da allein der soziale Bereich im Haushalt 2024 über 560 Millionen Euro ausmacht, bleibt dem Kämmerer kaum anderes übrig, als auch hier Kürzungen vorzunehmen. Denn 560 Millionen Euro – das ist schon fast die Hälfte der Gesamtausgaben eines Jahres der Stadt Oberhausen. Tsalastras will dabei mit einer neuen Organisationsanalyse die zweistelligen Millionen-Kosten für die Betreuung schwieriger Familien um rund sieben Millionen Euro verringern. Zugleich aber versucht er, das notwendige Sparvolumen so hereinzuholen, dass er die bisherigen Zuschüsse für die Dienstleistungen der Sozialverbände einfriert.
Die Arbeitsgemeinschaft beziffert dieses Vorgehen als eine Kürzung von 10 bis 15 Prozent, weil natürlich auch die Arbeiterwohlfahrt, die Caritas, die Diakonie oder das Deutsche Rote Kreuz unter den allgemeinen Preis- und Lohnsteigerungen ächzen. „Angesichts der stark gestiegenen Kosten bei gleichbleibender Förderung sind wir als Träger von sozialen Einrichtungen und Diensten nicht mehr lange in der Lage, die derzeitige Angebotsstruktur aufrechtzuerhalten, geschweige denn zu erweitern“, schreibt Mauno Gerritzen, Vorsitzender des Paritätischen, stellvertretend für alle Oberhausener Sozialverbände, in einem offenen Brief an die Ratspolitiker.
Wohlfahrtsverbände: Land NRW finanziert soziale Aufgaben nicht auskömmlich
Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft zeigt im Gespräch mit der Redaktion zwar Verständnis für die Probleme der Stadt, aber: „Wir sehen uns als Sprachrohr für die Betroffenen.“ Und die müssten eben die Einschnitte ausbaden. Hauptgrund für das Finanzdilemma der Stadt sei im Grunde das Land. „Wir haben mit dem Offenen Ganztag, mit der Kitaversorgung und der Schulsozialarbeit Landesaufgaben, die aber die NRW-Landesregierung nicht auskömmlich finanziert – und hier muss die Stadt einspringen.“
In der jetzigen Situation sei die Herstellung eines ordentlichen Finanzhaushaltes eine Mammutaufgabe. „Wir haben angesichts der Krisen zugleich einen steigenden Bedarf an Sozialleistungen und größer werdende Finanzlöcher.“ So sehe man in der Kinder- und Jugendarbeit, dass nach der Pandemie die Zahl der jungen Menschen mit multiplen Problemlagen deutlich zugenommen habe; die Hemmschwelle, Gewalt anzuwenden, sei gesunken. Kinder kämen hungrig in die Kitas und Schulen, ihre Kleidung sei zunehmend verschlissen.
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Sollte der Plan des Kämmerers bestehen bleiben, sehen die Wohlfahrtsverbände beachtliche Einschnitte auf die Bürger zukommen: So könnte im Offenen Ganztag (Nachmittagsbetreuung an Grundschulen) die Frühbetreuung von 7.30 Uhr bis 9 Uhr genauso wegfallen wie die Spätbetreuung (15 bis 16 Uhr). Arbeitsgemeinschaften und Betreuung der Lernzeiten würden reduziert. Bei den Kindertagesstätten könnten die Betreiber ihre Betreuungsangebote von 45 Stunden auf 35 Stunden je Woche senken – ein erhebliches Problem für berufstätige Eltern.
Aus für die Schuldenberatung möglich
Die Verbände befürchten zudem, dass Jugendzentren eher schließen müssen, die Präsenzzeiten für psychisch Erkrankte in den Gesundheitszentren gekappt werden, die Übernahme von rechtlichen Betreuungen stark verringert wird – und vielleicht keine Schulden-/Insolvenzberatung mehr existieren kann. Auch Stellen für Schulsozialarbeiter sind wieder einmal bedroht.
Deshalb rufen die Wohlfahrtsverbände alle Betroffenen und Mitarbeiter zur Demonstration vor dem Rathaus auf, um gegen die Sparpolitik der Stadt zu protestieren: Am Montag, 11. Dezember, um 14 Uhr treffen sich alle Beteiligten an der Schwartzstraße 72. Das Motto der Demo: „Für ein soziales Oberhausen!“