Oberhausen. Wegen versuchten Totschlags stehen zwei Brüder vor Gericht. 36-Jähriger gesteht, 2021 in Oberhausen zwei Männer durch Schüsse verletzt zu haben.
Am frühen Abend des 14. April 2021 kam es im Park vor dem Zentrum Altenberg zu einer Auseinandersetzung zwischen zwei Gruppen. Es fielen Schüsse. Zwei Männer wurden schwer verletzt, einer sitzt seit dem Vorfall querschnittgelähmt im Rollstuhl. In diesem Zusammenhang stehen nun zwei 36 und 29 Jahre alte Brüder vor dem Landgericht Duisburg. Die Anklage wirft dem Älteren versuchten Totschlag und schwere Körperverletzung, dem Jüngeren Anstiftung vor.
Den Schüssen soll gegen 18.50 Uhr eine kurze Auseinandersetzung vorangegangen sein. Dann soll der 29-Jährige seinem Bruder zugerufen haben: „Schieß, schieß!“ Der gab mehrere Schüsse aus einer Pistole der Marke Makarov mit einem Kaliber von 9 Millimeter ab. Einem Mann zertrümmerte ein Projektil den Mittelhandknochen, eine zweite Kugel traf ihn im verlängerten Rücken.
Schuss zerstörte Brustwirbel eines heute 21 Jahre alten Mannes
Ein heute 21 Jahre alter Mann wurde lebensgefährlich verletzt. Das Projektil zerstörte einen Brustwirbel völlig und beschädigte eine Lungenarterie. Ein Lungenflügel kollabierte. Das Leben des Verletzten konnte nur mit einer Not-Operation gerettet werden. Von der Brust abwärts wird er nach gegenwärtigem Stand der Medizin für den Rest seines Lebens gelähmt sein.
Der 36-Jährige gestand die Schüsse zu Prozessbeginn, macht aber Notwehr geltend. Er habe bis zur Tat eine Zeit lang kein gutes Verhältnis zum Mitangeklagten gehabt. „Mir haben die Kreise, in denen sich mein Bruder bewegte, nicht gefallen.“ Er habe sich seit einer Jugendstrafe bemüht, sein Leben durch Arbeit zu finanzieren, arbeitete in Wettbüros und Döner-Läden, die seiner Familie gehörten.
Angeklagter: „Sie kamen von allen Seiten und griffen uns an.“
Doch als der jüngere Verwandte ihn anrief und mitteilte, dass er Ärger mit Mitgliedern einer anderen Großfamilie habe, habe er sich eine Pistole besorgt. „Ich wollte das von meiner Familie fernhalten und habe gehofft, dass es nicht eskaliert.“ Am Abend sei man zu dem vereinbarten Treffen in den Altenberger Park gegangen. „Wir waren nur zu dritt, die anderen mindestens 20.“ Zunächst habe das Zeigen seiner Pistole die Männer auf Abstand gehalten. „Doch dann kamen sie von allen Seiten und griffen uns an.“
Die beiden Männer, die er verletzte, hätten Messer in der Hand gehabt. Er selbst sei durch einen Messerstich verletzt worden. Er habe nicht gehört, dass sein Bruder ihn zu Schüssen aufforderte. „Es wäre mir aber auch egal gewesen.“ Der Angeklagte ist davon überzeugt: „Wenn ich nicht geschossen hätte, wäre ich nicht mehr am Leben.“ Aus Angst vor Vergeltung habe seine Familie inzwischen Oberhausen verlassen. Das Wohnhaus und die Geschäfte seien verkauft worden, so der 36-Jährige. Der 29-Jährige schwieg zu Prozessbeginn.
Der 21-Jährige, der im Rollstuhl in den Zeugenstand fuhr, will auch nicht genau gewusst haben, worum es eigentlich ging. Und auch er will auf Versöhnung gesetzt haben. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so weit kommt.“ Die Gewalt soll allerdings von den Angeklagten ausgegangen sein. „Der hatte ja schon die Hand an der Waffe, als er aus dem Auto stieg.“ Der jüngere Angeklagte habe zugeschlagen und dann den Mitangeklagten aufgefordert zu schießen. „Er kam auf mich zu und drückte ab. Fünf Tage später bin ich im Krankenhaus aufgewacht.“
Schüsse vor Altenberg: Ermittlungen gestalteten sich schwierig
Die Ermittlungen gestalteten sich wegen der Vielzahl der Beteiligten schwierig. Dem 36-Jährigen wurde zunächst nur ein Verstoß gegen das Waffengesetz zur Last gelegt. Erst sehr spät wurde die Anklage gegen beide Brüder um ein versuchtes Tötungsdelikt erweitert. Die Angeklagten haben bislang keinen Tag in Untersuchungshaft gesessen. Für das Verfahren sind bis kurz vor Weihnachten sieben weitere Termine geplant.