Oberhausen. Sie sind winzig, wiegen nur wenige hundert Gramm. Trotzdem haben Frühchen heute bessere Überlebenschancen. Das EKO investiert in neue Technik.

In Deutschland werden jährlich etwa 800.000 Babys pro Jahr geboren. Allerdings läuft nicht jede Schwangerschaft nach Plan. Etwa 64.500 Neugeborene kommen zu früh zur Welt. Sie brauchen eine besondere Behandlung, damit sie überleben können. Das Evangelische Krankenhaus Oberhausen hat sich auf Frühchen spezialisiert. Zum Einsatz kommt jetzt neue Technik: Der „Concord Birth Trolley“ aus den Niederlanden soll Mutter und Neugeborenem zu einer sanften Geburt verhelfen.

Als Frühchen werden Neugeborene bezeichnet, die vor der 37. Schwangerschaftswoche auf die Welt kommen. Durch moderne Technik gelten mittlerweile Neugeborene in der 23. Woche als überlebensfähig. Frühchen werden per Kaiserschnitt geholt und in der Regel sofort abgenabelt. Der Birth Trolley soll den Übergang aus dem Bauch der Mutter in die Lebenswelt erleichtern.

Concord Birth Trolley: In Deutschland gibt es nur etwa fünfzig Geräte

In ganz Deutschland gibt es nur etwa fünfzig Geräte, im Ruhrgebiet drei - in Essen, Duisburg und Oberhausen. Eines davon steht im Operationsraum der Kinderklinik des EVO. Chefarzt Dr. Hassan Issa ist stolz auf die 45.000 Euro teure Anschaffung. „Das ist die Zukunft der Neonatologie, ganz sicher.“

Ein Neonatologe ist ein Spezialist für Frühgeborene. Das EKO hat sich auf diesem Gebiet einen Namen gemacht. Im vergangenen Jahr kamen rund 2200 Babys im Innenstadt-Klinikum zur Welt. Die Kinderklinik gilt als Perinatalzentrum Level 1. Nur wenige Krankenhäuser im Ruhrgebiet erreichen diese Stufe. Vereinfacht gesagt bedeutet das: Jedes Kind, egal mit welchem Problem, kann hier auf die Welt kommen.

EKO hat sich auf Frühchen spezialisiert

Zwischen 50 und 60 Frühchen unter 1500 Gramm werden jährlich im EKO geboren. Bis vor Kurzem mussten Frühchen sofort abgenabelt werden. „Aber Studien zeigen, dass die Mortalitätsrate und die Morbidität sinken, je länger das Frühchen nach dem Kaiserschnitt an der Nabelschnur bleibt“, sagt Dr. Hassan Issa. Gemeint sind damit die statistischen Häufungen von Todesfällen und Erkrankungen im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung. Der Concord Birth Trolley soll also dazu beitragen, dass die Überlebenschance von Frühchen steigt. Er kommt bereits routinemäßig im EVO zum Einsatz.

Auf diesen kleinen Tisch wird das Frühchen, eingepackt in Folie, gelegt.
Auf diesen kleinen Tisch wird das Frühchen, eingepackt in Folie, gelegt. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Der Geburtstisch ist fast zwei Meter hoch und wiegt rund 180 Kilo. Er ist vollgepackt mit Technik. Das Besondere aber ist der kleine bewegliche Tisch mit dem Schlitz: Das Frühchen wird in eine Folie eingepackt auf diesen Tisch gelegt. Die Nabelschnur kann durch den Schlitz geführt werden. „Das Kind kann sich zehn bis zwölf Minuten an das Leben, wie wir es kennen, anpassen“, sagt Dr. Hassan Issa. In dieser Zeit beobachten Ärzte die Atmung, das Neugeborene bleibt im Kontakt mit der Mutter. Eine kleine Atemmaske stellt die Luftversorgung sicher. In der Folie wird das Neugeborene vor dem Erfrieren geschützt. Eine Lampe wärmt es zusätzlich. „Wie eine kleine Sauna“, sagt Dr. Hassan Issa. >>> Drillinge: Oberhausener „Weihnachtswunder“ verlässt Klinik

Frühchen bleiben zehn Minuten auf dem Concord Birth Trolley

Chefarzt Dr. med. Hassan Issa: „Jeder Tag, den das Kind im Bauch der Mutter bleibt, ist ein Gewinn.“
Chefarzt Dr. med. Hassan Issa: „Jeder Tag, den das Kind im Bauch der Mutter bleibt, ist ein Gewinn.“ © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Durch den Fortschritt der Technik hat sich der Zeitpunkt verschoben, zu dem Frühchen eine Überlebenschance haben. Mittlerweile können Frühchen sogar ab der 23. Schwangerschaftswoche auf die Welt kommen. „Das war vor dreißig Jahren unvorstellbar“, sagt Dr. Hassan Issa. Er betont allerdings, dass jeder Tag zählt: „Jeder Tag, den das Kind im Bauch der Mutter bleibt, ist ein Gewinn.“ Erst müssten sich die Lungenbläschen bilden können. Neugeborene, die in der 23. Woche geholt werden müssen, wiegen gerade mal 400 Gramm.

Nach zehn bis zwölf Minuten kommend die Frühchen auf einen anderen Tisch und werden erst versorgt. Mit einem mobilen Inkubator werden sie anschließend auf die Station gebracht und in den „Brutkasten“ gelegt. Die Überlebenschancen hängen von verschiedenen Faktoren ab. Je früher die Kinder auf die Welt kommen, desto größer ist die Gefahr von Komplikationen. Kinder, die extrem früh zur Welt kommen, können bleibende Schäden erleiden.

Eine Liste der Perinatalzentren und weitere Informationen gibt es im Internet auf www.perinatalzentren.org