Oberhausen. Die anhaltende Krankheitswelle unter Busfahrern sorgt für chaotische Zustände bei der Stoag: Busse fallen plötzlich aus, Linien enden irgendwo.
Wer mit dem öffentlichen Nahverkehr unterwegs ist, hat ja schon einiges erlebt. Doch selbst Stammkunden des Oberhausener Nahverkehrsunternehmens Stoag rieben sich am letzten Donnerstagmittag, 21. September, die Augen: Links und rechts der mittigen Haltestellen-Insel vor dem Hauptbahnhof standen eine ganze Reihe von Stoag-Bussen herum, sorgsam parkend abgestellt – ohne irgendeinen Fahrer in Sichtweite.
Im Gegenzug warteten Kinder, Jugendliche, Rentnerinnen und ganz normale Arbeitnehmer auf der Haltestellen-Insel auf die dringend benötigte Fahrgelegenheit, um durch die Stadt zu kommen. Doch die Busse kamen und kamen nicht.
Stoag-Kundin: „Wir quetschten uns da wie die Heringe“
Als plötzlich doch ein überraschend kleiner Bus der Linie 94 in Richtung Essen-Unterstraße vorfuhr, drängelten sich nach Augenzeugen-Berichten so viele Menschen herein, dass der Busfahrer sogar einige Fahrgäste nicht mitnehmen konnte. „Wir quetschten uns da wie die Heringe“, schimpft Helga Owuso am Telefon noch am Tag danach. Schließlich fährt die Buschhausenerin bereits seit 40 Jahren mit den Bussen und Straßenbahnen der Stoag – und hatte an diesem Tag schon einiges Merkwürdige durchgemacht. „Ich hatte einen Augenarzt-Termin am Rathaus und fahre von meiner Wohnung in Buschhausen schon immer sehr rechtzeitig los. Doch erst fiel um 13.22 Uhr die Buslinie 97, die direkt zum Rathaus fährt, aus. Dann fuhr zwar die Linie 94, aber mit der kam ich erst einmal nur zum Hauptbahnhof.“ Dort machten der 72-Jährigen die chaotischen Zustände zu schaffen.
Besser wurde es bei ihrer Rückfahrt auch nicht: 28 Minuten musste sie auf die Linie 94 warten. Und am Freitagmorgen wurde die Einkaufsfahrt von Buschhausen ins Sterkrader Zentrum mit dem Bus 97 jäh gestoppt. „Der Busfahrer machte am Sterkrader Bahnhof die Ansage, dass hier Endstation ist: Wir haben keine Fahrer. Alle müssen raus.“ Normalerweise fährt dieser Schnellbus als Linie 952 weiter nach Königshardt. „Alle Fahrgäste haben geschimpft und gewettert. Das ist doch unmöglich. Ich habe solch eine Katastrophe in den vergangenen 40 Jahren noch nicht erlebt.“
Tatsächlich hat die Stoag wie bereits im Sommer und Herbst vergangenen Jahres seit mehreren Wochen erhebliche Probleme, ihren Linienverkehr pünktlich und komplett abzuwickeln. Offizieller Grund ist der hohe Krankenstand unter den Fahrerinnen und Fahrern. Die Personaldecke ist offenbar immer noch viel zu dünn, um eine Krankheitswelle aufzufangen.
So übermittelte die Stoag-Geschäftsführung von Werner Overkamp bereits Mitte August 2023 ganz allgemein: „Aufgrund von krankheitsbedingten Personalengpässen kann es auf dem Bedienungsgebiet der Stoag vereinzelt zu Fahrtausfällen kommen.“ Mit ähnlichem Inhalt laufen Spruchbänder auf den elektronischen Anzeigetafeln. Nur leider helfen solche pauschalen Aussagen den Stoag-Kunden nicht weiter. Im Alltag weiß oft kein Fahrgast, wann welcher Bus kommt und wann welcher Bus nicht abfährt. „Auch die App des Verkehrsverbundes VRR, die viele Fahrgäste nutzen, funktioniert nicht in Echtzeit“, sagt ein anderer Stoag-Kunde, der die Linien regelmäßig nutzt: „Da werden Busse noch angezeigt, die aber in Wahrheit nicht fahren.“
Stoag: Während der Krankheitswelle der Fahrer sind keine klaren Informationen möglich
Nach eigenem Bekunden ist es der Stoag nicht möglich, im Vorfeld rechtzeitig zu erkennen, welche Linien wann wo ausfallen: „Aktuell kommt es leider vermehrt zu Ausfällen auf unseren Linien, die Krankenquote ist hoch. Dies betrifft nicht einzelne Linien, sondern mehrere Teilstücke, wenn ein Mitarbeiter im Fahrdienst ausfällt. Jeden Tag kann dies andere Teilstücke betreffen. Es kann demnach kaum kommuniziert werden, auf welchen Linien es zu Ausfällen kommt“, räumt Stoag-Sprecherin Stefanie Knück ein. Verlässlich ist in dieser Lage für die Fahrgäste nur eins: „Unsere dynamische Fahrgastinformation an den Haltestellen zeigt die nächste anstehende Fahrt an.“
Wie lange die Fahrgäste auf der Suche nach dem nächsten tatsächlich noch fahrenden Bus im Stadtgebiet herumirren müssen, bleibt bedauerlicherweise ebenfalls im Dunkeln. Mittel- bis langfristig verspricht die Stoag aber, sich zu bessern. „Wie lange die Krankheitswelle noch andauert, können wir leider nicht voraussagen. Die Stoag stellt jedoch seit knapp einem Jahr Monat für Monat Mitarbeiter im Fahrdienst ein. Es ist uns sehr wichtig, den Mitarbeiterpool stetig zu erhöhen, um diese Ausfälle zu minimieren.“
Die Unzuverlässigkeit der Stoag dürfte allerdings nicht nur Helga Owuso auf die Nerven gehen. „Da wird gestreikt, da fallen Busse wegen Krankheit aus – und wir zahlen immer weiter, erhalten kein Geld zurück“, ärgert sich die Rentnerin. Die Stoag hat allerdings einen Tipp für alle Fahrgäste bereit: „Wir empfehlen unseren Kunden die Mobilitätsgarantie in Anspruch zu nehmen.“
So funktioniert die Mobilitätsgarantie der Stoag
Und so funktioniert diese Mobilitätsgarantie: Haben Busse oder Bahnen eine Verspätung von mehr als 20 Minuten und es gibt keine Alternative im öffentlichen Nahverkehr, übernimmt die Stoag die Taxikosten für die dann notwendige Fahrt. Man muss dafür die Servicenummer anrufen (24-Stunden-Hotline: 0208 835-8210), Standort und gewünschtes Ziel mitteilen – und die Stoag bestellt ein Taxi. Am Ziel muss der Fahrgast nur die Fahrt quittieren – das war’s. Tagsüber (5 bis 20 Uhr) erhält man auf diese Weise eine Taxikosten-Erstattung von bis zu 30 Euro pro Person, abends (20 bis 5 Uhr) bis zu einer Höhe von 60 Euro pro Person.