Oberhausen. Damit „Slinky“ oder Gasometer prächtig glänzen, steht der Fotograf klaglos mitten in der Nacht auf und zeigt nun seine Werke in der Galerie KiR.

In den kommenden Ferienwochen kann man die Künstlergalerie KiR im Europahaus durchaus als Filiale der Tourist-Info betrachten: Schließlich gibt’s hier, perfekt ausgeleuchtet und in brillanter Detailfülle, Oberhausens bekannteste Sehenswürdigkeiten in 15 großformatigen Fotodrucken. „Pottlights“ nennt Carsten Walden selbst seine Werkauswahl aus Aufnahmen der letzten zehn Jahre, an der Elsässer Straße 21 zu bewundern bis zum 6. August.

Auch wen es an allzu heißen Tagen nach etwas Abkühlung verlangt, kann hier durchatmen: Dafür sorgt nicht nur der tatsächlich selbst im Sommer angenehme Galerieraum, sondern ebenso das kühle Flair der bevorzugt zur „blauen Stunde“ belichteten Großstadtbilder, ganz ohne Getümmel. Es ist jene kostbare Zeit nach Sonnenuntergang, wenn die Farben bei entsprechend langer Belichtungszeit besonders intensiv leuchten, während die Lichter der Großstadt schon angeknipst sind – aber die unbeleuchtete Umgebung noch erkennbar ist. Dann greift der 55-jährige Fotograf zum Stativ oder lässt den Quadrocopter aufsteigen, die vom erfahrenen Modellflieger Frank Götzel gesteuerte Drohne.

Ein Bestseller im Oeuvre von Carsten Walden: der in den Wasserbecken des Olgaparks gespiegelte Gasometer.
Ein Bestseller im Oeuvre von Carsten Walden: der in den Wasserbecken des Olgaparks gespiegelte Gasometer. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

So lässt sich selbst auf den Gasometer von oben blicken – übrigens neben der „Slinky Springs to Fame“-Brücke das bevorzugte Sujet dieser „Pottlights“-Schau. So eröffnen sich wahrlich neue Perspektiven auf Motive, die man bereits sattsam zu kennen glaubt. Denn der fotografische Autodidakt und gelernte Bergmann erspart mit seinen mindestens metergroß gedruckten Blickfängen aus später Stunde dem staunenden Publikum einiges an Mühe. Carsten Walden zieht selbst nachts um 3 Uhr los, wenn sich diese ganz besonders fotogenen Wetterlagen ankündigen.

Orangefarbener Himmel dank Lichtverschmutzung

Etwa die immer selteneren Schneefälle. Als wär’s die Verbildlichung einer Chopin-Etüde hängt so eine von weiß überzuckerten Ufern umgebene Rehberger-Brücke in der Galerie KiR überm Klavier: „Der Schnee ist noch unberührt“, das ist dem schlaflosen Lichtbildner wichtig. Und der nächtliche, wolkenverhangene Himmel zeigt ein mattes Glimmen in Orange. Walden dokumentiert damit auch das Ausmaß der „Lichtverschmutzung“ im Revier – denn dieses Leuchten um 3 Uhr ist der Widerschein der nie verlöschenden Straßenlaternen.

Funkeln und Flackern ganz anderer Art zeigt Waldens mitternächtliches Silvesterbild, eingefasst von den Silhouetten des Sterkrader Förderturms und des Gasometers. Die lange Belichtungszeit von 30 Sekunden verwandelt die Leuchtkörper am Himmel in gigantische Pusteblumen: Derart aufgefächert zeigen sich die Lichtbahnen, um sich entlang der Horizontlinie zu bunter Blütenpracht zu knubbeln. „Da sieht es schon etwas überladen aus“, meint der kritische Fotograf.

Silvesterfunkeln auf Alu-Dibond-Platte: „Auf der Zeche Sterkrade habe ich meine Ausbildung gemacht“, sagt Carsten Walden angesichts der markanten Silhouette.
Silvesterfunkeln auf Alu-Dibond-Platte: „Auf der Zeche Sterkrade habe ich meine Ausbildung gemacht“, sagt Carsten Walden angesichts der markanten Silhouette. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Seinen bevorzugten Silvester-Standort an der Weierstraße haben inzwischen etliche Nachahmer entdeckt. Aber das Phänomen des „Nachfotografierens“ kennt der seit 13 Jahren freiberuflich erfolgreiche Fotograf inzwischen. Allerdings dürfte sich längst nicht jeder in tiefster Nacht wecken lassen, um in Serie die dramatisch zuckenden Blitze über Europas höchster Ausstellungshalle auf die Festplatte zu bannen. Versteht sich, dass dieses „Action“-Motiv mit Gasometer zu einem der beiden fast mannshohen Riesenformate dieser Schau avancierte.

So entstehen Fotos fürs XXL-Format

Vis a vis geht die Sonne unter, exakt hinter der Mitte der superfotogenen „Slinky“-Brücke, davor die Silhouette eines Spaziergängers. Doch auch dieser besonnte Moment vor der „blauen Stunde“, betont Carsten Walden, sei alles andere als ein Glücksschuss: „Man muss schon wissen: Wann steht die Sonne an diesem Punkt über dem Kanal?“ So entstehen Fotos fürs XXL-Format.

Kulturdezernent übernimmt die Eröffnung

Carsten Waldens zweite „Pottlights“-Ausstellung – die erste zeigte der Fotograf vor fünf Jahren in der Fabrik K 14 – eröffnet am Sonntag, 2. Juli, um 17 Uhr in der Galerie KiR, Elsässer Straße 21. Eine Einführung gibt dann Oberhausens Kulturdezernent Apostolos Tsalastras.Bei freiem Eintritt öffnet die Galerie im Europahaus mittwochs und freitags von 17 bis 19.30 Uhr, sonntags von 16 bis 19 Uhr. Online präsentiert der Lichtbildner seine liebsten Motive auf fotografie-walden.de