Oberhausen. Staubige Straßenschluchten ade: Der Wandel der Oberhausener City kündigt sich an. Eine Info-Veranstaltung lieferte diese erstaunlichen Eindrücke.

Die Oberhausener Innenstadt zählt längst nicht mehr zu den Toplagen. Stattdessen kämpft die City ums Überleben, häufen sich Leerstände und bröckelnde Fassaden. Es muss etwas geschehen, darin waren sich die gut 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Podiumsdiskussion zum Thema „Zukunft Markstraße“ in der Lichtburg am Dienstagabend einig. Nur was?

Das Interesse war groß, vor dem Eingang der Lichtburg hatte sich schnell eine lange Schlange gebildet. Kaum war der große Kinosaal gefüllt, führte Prof. Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein als Innenstadt- und Einzelhandelsexperte allen Beteiligten knallhart vor Augen, weshalb heute nicht mehr funktioniert, was früher schon immer so war. Die Innenstadt befindet sich im Widerspruchsdilemma. Es gibt zu wenig bezahlbaren Wohnraum auf der einen und zu viele Leerstände in heruntergekommenen Immobilien auf der anderen Seite. Dem Pkw-Verkehr wird zu viel Raum gegeben, Radwege sind rar. Der Einzelhandel hat seine Magnetfunktion verloren. Es hapert an der Nahversorgung, Fachmärkte fehlen.

Deshalb könne die City nur unabhängig vom Handel der Abwärtsspirale entgehen. Grüne Parks mitten in der Innenstadt, gehobener Wohnraum, Service-Angebote für Bürgerinnen und Bürger in fußläufiger Nähe seien Schlüsselbegriffe. „Man muss das Rad nicht neu erfinden“, führte Heinemann aus. Aber Grundsatzentscheidungen müssten getroffen werden. Ein positives Beispiel aus der Nachbarschaft: Das leerstehende Karstadt-Gebäude in der Recklinghäuser Innenstadt, dem aktuell neues Leben eingehaucht wird. Eine Mischnutzung aus Wohnraum mit grünem Innenhof, Kita-Anlage im Dachgeschoss, Hotel und Restaurant holen dort Leben zurück in die Mitte der Stadt. „Auch die Oberhausener Innenstadt sollte bei ihrem dringend erforderlichen Wandel vor allem Grundbedürfnisse wie bezahlbaren und zugleich guten Wohnraum, mehr Grünanlagen und eine enge Anbindung an den Nahverkehr erfüllen.“

Pflastersteine in der Oberhausener Innenstadt aufarbeiten oder ersetzen

Geht das? Diese Frage konnte Lena Fohs vom Büro „Landschaft planen + bauen“ aus Dortmund mit einem klaren „Ja“ beantworten. Das Büro entwarf eine Zukunftsvision für die Innenstadt und teilte darin etwa die Einkaufsstraße in drei Abschnitte ein. So soll das Pflaster der unteren Marktstraße mit einer Fräse aufgearbeitet werden. „Es handelt sich hier um hochwertigen Granitstein, der so heute nicht mehr zu bekommen ist.“ Mehr Grün ist das Motto für die gesamte Fläche, Wasserspeicher für die Bäume sollen eine Bewässerung im Sommer überflüssig machen und zugleich vor Starkregen schützen. Neues Mobiliar und eine neue Beleuchtung ergänzen das Konzept. Die Unterführung an der Alleestraße soll in Zusammenarbeit mit lokalen Künstlern umgestaltet werden. „Eine Lichtinstallation wäre denkbar, kombiniert mit einer neuen Farbgestaltung.“

Auf der mittleren Marktstraße wird der Einzelhandel konzentriert. „Wir haben hier einen engen Straßenquerschnitt und einen hohen Versiegelungsanteil.“ Das alte Pflaster wird ausgetauscht, „durch einen hochwertigen Naturstein“. Die Versorgungsleitungen gilt es zusammenzulegen, schmale Bäume anzupflanzen, Hausfassaden zu begrünen. „Neue und vor allem auch mehr Bänke bilden Ruhepole.“ Die Beleuchtungsmasten sollen durch Hängeleuchten ersetzt werden. „Das schafft Fläche und wirkt ruhiger.“

Die Veranstaltung zum Thema Neugestaltung der Innenstadt im großen Kinosaal der Oberhausener Lichtburg war gut besucht.
Die Veranstaltung zum Thema Neugestaltung der Innenstadt im großen Kinosaal der Oberhausener Lichtburg war gut besucht. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Die wohl größte Veränderung aber dürfte wohl der oberen Marktstraße bevorstehen. Denn sie soll sich zum grünen Wohnstandort mausern. Langfristig heißt das: „Raus mit dem Pkw-Verkehr.“ Eine zweite Baumreihe wandelt die Straße in eine Allee, der Phönix-Brunnen soll saniert und um ein Wasserband ergänzt werden, das durch die ganze Innenstadt fließt. „Es bleibt aber flach und könnte problemlos auch von einem Rad überfahren werden“, erläutert Fohs. Das Wasser kühlt die Temperaturen in der Sommerzeit herunter und macht die City zum Spielort für Kinder.

Vom Hauptbahnhof aus soll ein Leitsystem zu den Kultureinrichtungen führen

Altmarkt, Friedensplatz und Düppelstraße sollen ebenfalls in die Planungen einbezogen werden, versichert der Oberhausener Planungsdezernent Thomas Palotz. Das an der Düppelstraße geplante Quartiersparkhaus könnte mit gut 400 Stellplätzen auch für Arbeitnehmer in der Innenstadt eine Alternative bieten. Denn das sei wichtig, machten die Zuhörer in der anschließenden Podiumsdiskussion klar. Am Herzen liegt Anliegern aber auch dieser Aspekt: „Langemarkstraße und Elsässer Straße sollten ebenfalls aufgewertet werden und ein Leitsystem vom Hauptbahnhof aus endlich auf die Kultureinrichtungen hinweisen“, schlug Gesa Reisz, Leiterin der Oberhausener Volkshochschule vor.

Förderanträge

Die Planungen für die Neugestaltung der Marktstraße werden nun den Ausschüssen ausführlicher vorgestellt. Bis September 2024 sollen die Förderanträge beim Land NRW eingereicht sein.

Bis zum Frühjahr 2025 werden die Förderbescheide erwartet. Rund zehn Prozent der zweistelligen Millionen-Kosten wird Oberhausen selbst aufbringen müssen.

Über eine App konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer noch während der Veranstaltung über einzelne Aspekte der Planung abstimmen. Rund 120 Interessierte machten mit, von diesen signalisierten 84 deutlich: „Die angedachte Sanierung für die Zukunft der Marktstraße ist sinnvoll.“ Gut 110 sahen dort auch den größten Handlungsbedarf. Immobilienbesitzer Thomas Michel regte außerdem einen Radweg und Fahrradstellplätze auf der Marktstraße an. Viel Lob erhielten außerdem die aktuellen Bemühungen privater Immobilienbesitzer, Wohnraum für Studenten und Lehrkräfte in der City zu schaffen.