Oberhausen. Der Kleine Markt wird aufwendig umgestaltet. Doch die Bauarbeiten stocken. Händler beklagen Einbußen. Holztreppe vor Eingang sorgt für Unmut.
Wenn Wochenmarkt ist in Oberhausen-Sterkrade, herrscht in der Fußgängerzone dichtes Gedränge. Die Händler am Kleinen Markt können die Besucherströme nur erahnen. Denn um zu ihren Geschäften zu kommen, müssen die Kundinnen und Kunden ein kompliziertes Gangsystem verstehen. Man sieht die Geschäfte, aber man kommt nicht hin. Ein bisschen wie die Maus im Labyrinth, die den Käse sucht.
Der Spaß hat für Ali Demirbilek aber längst aufgehört. Seit zehn Jahren betreibt der Oberhausener einen kleinen Handy-Shop. In Zukunft könnte er auf einen hübschen neuen Kleinen Markt blicken. Doch derzeit schaut er nur auf Zäune und Baumaschinen. Durch die Baustelle verliere er die für ihn wichtige Laufkundschaft. „Es geht um meine Existenz“, sagt er.
Ältere Frau schimpft: „Das ist doch Wahnsinn“
Schon einmal hatte sich der 51-Jährige über die Baustelle beschwert. Aber nun hat sich die Lage für ihn verschlechtert: Vor zwei Wochen wurde der Holzsteg vor seinem Laden abgebaut, der den Höhenunterschied ausglich. Stattdessen steht dort jetzt eine etwas wackelige Treppe. Wer oben ins Schaufenster sehen will, sollte etwa 2,50 Meter groß sein. Wer rein will, sollte keinen Rollator mitführen. „Die Treppe war vorher noch nicht da“, sagt eine ältere Dame, die gerade mit einem Rollator zum Geschäft kommt. Demirbilek bedient sie auf der Treppe, der Rollator bleibt unten. „Wie lange dauert das denn noch? Das ist doch Wahnsinn“, sagt die Frau und schiebt den Rollator über holprige Wege.
Der Frust ist groß am Kleinen Markt. Auch bei Sebastiano Timpanaro. Er hat ein Eiscafé ohne Terrasse. Denn momentan führt nur ein Steg in sein Lokal. Darauf stehen zwei kleine Tische. „Wenn der Wochenmarkt ist, ist die Terrasse voll“, sagt er. Damals, als er noch 14 Tische hatte. „Man hat uns das Blaue vom Himmel versprochen. Aber es wird nur gelogen.“ Er habe nur noch zehn bis zwanzig Prozent Einnahmen und könne nur bleiben, weil der Vermieter kulant sei. Timpanaro schimpft auf die Arbeiter, die zu langsam seien.
Kleiner Markt: Bauleiter kriegt den Frust ab
Das sorgt wiederum für Frust beim Bauleiter. Stephan Nolzen von der Firma Ringbeck steht auf der Baustelle. Oft sei er der Adressant des Ärgers, „dabei liegen die Probleme woanders“. Die Baustelle sei komplex, deshalb ginge es nur Stück für Stück. Unter dem Kleinen Markt befindet sich eine Tiefgarage. Bevor gepflastert werden kann, muss das Dach abgedichtet werden. Dann werden mehrere Schichten Sand und anderes Material aufgetragen. Weil der Platz später ein paar Highlights hat, sind auch Elektro-Arbeiten nötig. Dazu komme, so Nolzen, dass die Baubranche unter Materialengpässen leidet und teilweise auf privatem Grund gearbeitet wird. „Das Problem ist, dass die Leute nicht wissen, was wir hier tun.“
Das könnte wiederum für Frust bei der Verwaltung sorgen. Die Pläne sehen ja eine Verbesserung der Sterkrader Innenstadt vor. Für zwei Millionen Euro soll der Markt umgebaut werden, Wasserfontänen sollen im Sommer für Abkühlung sorgen, ein modernes Entwässerungssystem dem Umweltgedanken gerecht werden, Bäume den Platz schattiger machen.
Stadt: Fertigstellung des Kleinen Marktes Mitte/Ende Juli
Doch die erste schlechte Nachricht wurde vor wenigen Wochen bekannt: Die Fronleichnamskirmes kann sich nicht auf den Kleinen Markt erstrecken, weil die Baustelle nicht rechtzeitig fertig wird. Auf Nachfrage der Redaktion teilt die Stadtpressestelle mit, dass „Umbau und Verschönerung des Kleinen Marktes Mitte/Ende Juli 2023 fertiggestellt“ werden. Als Grund für die „bedauerlichen Verzögerungen“ nennt sie eine „schwierige Situation durch einen Schaden am Tiefgaragendach, der in enger Zusammenarbeit mit den Eigentümern gelöst werden konnte“. Weitere Verzögerungen ergaben sich laut Stadt durch das kalte und nasse Wetter sowie fehlende freie Kapazitäten der Firmen.
Den Ärger der Anliegerinnen und Anlieger kann die Stadt verstehen. „Rein rechtlich ist es allerdings so, dass die durch Baumaßnahmen entstehenden Umsatzeinbußen im Grundsatz bis zu einem gewissen Maß hinzunehmen sind.“ Ein Anspruch auf Kompensation müsse im Einzelfall geprüft werden. Dafür muss ein Antrag gestellt werden.
Hoffnungsschimmer für die Anlieger: Nach Angaben der Stadt sollen die Einschränkungen weiter reduziert werden. Seit Anfang April stünden zudem zusätzliche Flächen abseits der Stege bereit. Ali Demirbilek muss wohl mit seiner Treppe fürs Erste leben. Es handele sich um eine zeitlich begrenzte Maßnahme, so die Stadt. Sie wird zurückgebaut, wenn es der Baufortschritt erlaubt.