Oberhausen. Für zwei Millionen Euro wird der Kleine Markt in Sterkrade umgebaut. Doch die Arbeiten stocken, es gibt Probleme mit dem Dach der Tiefgarage.

„Nicht begeistert“, so fasst es Ali Demirbilek vom Handy-Shop am Kleinen Markt treffsicher in zwei Worten zusammen. Nicht begeistert sind die Geschäftsleute, Anwohner und Kunden des Kleinen Markts in Sterkrade. Und doch trifft man in diesen Tagen auf viel Verständnis für die Baumaßnahme, gepaart mit einer Hoffnung auf eine wortwörtlich schönere Zukunft. Seit Anfang August ist der gar nicht so kleine Platz eine einzige Baustelle, die in den letzten Wochen bis dicht vor die Ladenlokale heranrücken musste. Ende: offen.

Geschäftsmann: Umsatzverlust von über 30 Prozent

Für den Geschäftsmann Ali Demirbilek bedeuteten die bisherigen sieben Monate einen Umsatzverlust von über 30 Prozent, da zwar die Stammkunden noch immer kommen, aber die Laufkundschaft ausbleibt. So ähnlich schildert es auch Esther Cramer, Mitarbeiterin im LS-Fotogeschäft: „Sie sind schwer zu erreichen! Das ist der Kommentar vieler Kunden, die mit einem Passbildwunsch aus dem Technischen Rathaus gegenüber kommen“. Auch hier: Die Laufkundschaft bleibt aus.

Die Geschäfte am Kleinen Markt sind zur Zeit nur über einen engen Zugang zu erreichen.
Die Geschäfte am Kleinen Markt sind zur Zeit nur über einen engen Zugang zu erreichen. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Schlechte Nachricht: Das Ende des Ausnahmezustands am Kleinen Markt verzögert sich. In den vergangenen Wochen gab es immer wieder Baustopps, die für Verwirrung und Meldungen an diese Redaktion sorgten, und die wenig Verständnis für eine verwaiste Baustelle verrieten. Die Betriebsferien des Bauunternehmens zwischen Weihnachten und Neujahr waren noch geplant, doch es gab einen erneuten zweiwöchigen Baustopp wegen des Dachs der Tiefgarage oder wie es die Stadt Oberhausen erklärt: „Aufgrund aktueller Erkenntnisse des beauftragten Baugutachters zum Dach der Tiefgarage sind zusätzliche Abstimmungen und Arbeiten erforderlich, die zu einer noch nicht genau zu bestimmenden Verzögerung der Maßnahme führen werden.“ Damit ist auch nicht sicher, ob es eine vollständige Öffnung des Platzes zur Sterkrader Fronleichnamskirmes vom 7. bis 12. Juni geben wird. Zur Erinnerung: Ursprünglich sollte der Kleine Markt im Frühjahr dieses Jahres fertig sein. Und eigentlich hätten die Arbeiten bereits 2021 starten sollen.

Die Geschichte des Kleinen Marktes

Der Kleine Markt wurde 1870 durch den Großen Markt um die Ecke degradiert, wurde legendär durch die „Tor 7“ genannte Kneipe Zum Bergalten, die gerne die Malocher nach der Schicht aus dem Tor 6 der Gutehoffnungshütte in der Nähe aufnahm. Er war schon Teil des allerersten Bebauungsplans 1947 und wurde Ende der 80er Jahre umgestaltet.

Für die Wasserharfe, die den Platz zierte und symbolisch an die Geschichte des Mühlenteichs erinnern sollte, wird ein neuer Standort in Oberhausen gesucht. Am Kleinen Markt gibt es eine Trinkerszene, die sich meist am linken Seiteneingang von Kaufland trifft.

Wie berichtet wird der Ort mit über 750-jähriger Geschichte für knapp zwei Millionen Euro umgestaltet. Es entsteht ein Wasserspiel, etwas übertrieben Fontänenfeld genannt, neue Spielgeräte für Kinder sind schon aufgestellt und der gesamte Platz wird entgegen der ursprünglichen Planung neu gepflastert, wie Stadtsprecher Frank Helling bestätigt. Der besondere Clou sind die unterirdischen technischen Feinheiten, die die zukünftigen Besucher nicht sehen werden. Zu der einsamen und sorgsam erhaltenen Platane in der Mitte wurden zwölf neue Bäume gepflanzt, die sogenannte Baumrigolen erhalten, damit das Regenwasser aufgefangen und langsam an das Erdreich abgegeben werden kann. Dies und ein aufwendiges Entwässerungssystem sollen den Kleinen Markt klimaresilienter machen.

Passanten freuen sich über die Aufwertung des Platzes

Mit den Bauarbeiten etwas besser zurecht kommen noch Unternehmen, die nicht zwingend auf eine physische Präsenz der Kunden angewiesen sind. So wie Robbie Schlagböhmer, in Personalunion Inhaber des FIRST-Reisebüros und Vorsitzender der Sterkrader Interessengemeinschaft e.V. (STIG): „Klar ist die Baustelle eine Belastung, aber wir hatten keine Umsatzrückgänge, denn unsere Kunden erreichen uns auch telefonisch oder per E-Mail.“ Dabei freut sich der Sterkrader auf die zukünftige deutliche Aufwertung des Platzes.

Rollstuhlfahrer Andreas Haubrich hat es nicht leicht am Sterkrader Markt. Dennoch zeigt er Verständnis: „Der Umbau ist ja eine gute Sache.“
Rollstuhlfahrer Andreas Haubrich hat es nicht leicht am Sterkrader Markt. Dennoch zeigt er Verständnis: „Der Umbau ist ja eine gute Sache.“ © Marco Fileccia

Eine Baustelle ist ein notwendiges Übel. Das sehen auch Passanten wie Aedda und Hans Langenbusch so, die regelmäßig zum Einkauf und einen obligatorischen Cappuccino am Kleinen Markt sind. „Es ist unbequem, aber nicht mehr“, sagen die Eheleute und bestätigen die Hoffnung auf eine bessere Zukunft, „Wir freuen uns, dass hier etwas passiert. Und danach wird ja alles schöner.“ Das bestätigt Rollstuhlfahrer Andreas Haubrich, für den der Weg zum Einkauf zurzeit einem regelrechten Hindernisparcours gleicht und mit engen Gängen besonders schwierig ist. „Ist irgendwie machbar“, sagt er und betont: „Der Umbau ist ja eine gute Sache“.

Neben den monatelangen Unannehmlichkeiten, die mit einigem Wohlwollen und viel Zuversicht noch zu ertragen sind, droht dem Kleinen Markt ein Schlag, der auch den Geschäftsleuten größere Sorgen bereitet als Bagger und Bauarbeiter. Nach 29 Jahren am Kleinen Markt wird Kaufland in das benachbarte Areal am Sterkrader Tor umziehen. Damit verschwindet ein Ankermieter für die vielen kleinen Geschäfte rund um den Platz und mit ihm vielleicht ein großer Teil der Laufkundschaft, die neben dem nötigen Lebensmitteleinkauf sich auch eine Handyhülle leistet, ein Eis isst oder ein Rezept einlöst.