Oberhausen. Nur wenige Tage erinnerte ein Stolperstein in Oberhausen an eine von den Nazis ermordete Jüdin. Die Umstände des Verschwindens sind verdächtig.

Nur wenige Tage erinnerte ein Stolperstein des Künstlers Gunter Demnig in Oberhausen an die von den Nazis ermordete Jüdin Julia Schäfer. Am 7. März wurde die Messing-Gedenkplatte an der Lipperheidstraße verlegt – nun wurde sie offenbar gestohlen.

Claudia Stein ist entsetzt. Die Mitarbeiterin der Gedenkhalle, zuständig unter anderem für die Stolperstein-Verlegungen in der Stadt, wurde am Montag von Mitarbeitern der Wirtschaftsbetriebe (WBO) über den fehlenden Gedenkstein im Pflaster des Gehweges informiert. „Ich bin fassungslos“, sagt Stein auf Nachfrage am Telefon.

Historikerin vermutet antisemitischen Hintergrund

Mitarbeiter der WBO haben das klaffende Loch bereits geschlossen.
Mitarbeiter der WBO haben das klaffende Loch bereits geschlossen. © Gedenkhalle | Claudia Stein

Die Historikerin hat einen schlimmen Verdacht: Da lediglich die Gedenkplatte für die jüdisch-gläubige Julia Schäfer gestohlen wurde, die Messingplatte für ihren nach der menschenverachtenden Rassen-Theorie der Nazis als „Arier“ geltenden Ehemann jedoch nicht, „kann die Tat einen antisemitischen Hintergrund haben“.

Eine Anzeige bei der Polizei wurde bislang nicht erstattet. Claudia Stein wird dies noch tun, hofft zunächst aber noch auf die Einsicht der oder des Täters. Im sozialen Medium Facebook veröffentlicht sie am Montag einen Aufruf: „Wer den Stein findet oder etwas über den Verbleib sagen kann, meldet sich bitte beim Team der Gedenkhalle“, heißt es da. Der Stein könne auch anonym in der Gedenkhalle oder im Schloss an der Konrad-Adenauer-Allee abgegeben werden. Kontakt: 0208-6070531-11 oder info-gedenkhalle@oberhausen.de

Schüler haben das Schicksal des Ehepaares Schäfer recherchiert

Zusätzlich hat Claudia Stein auch bereits die Schülerinnen und Schüler des Hans-Böckler-Berufskollegs um Hilfe gebeten. Sie hatten im Vorfeld das Schicksal des Ehepaares Schäfers recherchiert und haben daher einen besonderen Bezug zu den Gedenksteinen. Sie sollen die nähere Umgebung in den nächsten Tagen absuchen. Womöglich wurde der Stein aus dem Pflaster entwendet und wenig später in einem Gebüsch „entsorgt“.

Dass es den Tätern allein um das Material der Messingplatte ging, glaubt Claudia Stein nicht. „Dann hätten sie den Stolperstein für ihren Mann ja auch mitnehmen können.“ Auch wenn die Stolpersteine nach der provisorischen Verlegung durch den Künstler Gunter Demnig am vergangenen Dienstag durch die WBO noch dauerhaft im Gehweg verfestigt werden mussten: Der oder die Täter hätten den Stein nicht einfach so mit bloßen Händen entfernen können, sagt die Mitarbeiterin der Gedenkhalle. Womöglich gebe es Zeugen, die verdächtige Personen mit entsprechenden Werkzeugen gesehen haben.