Oberhausen. Für ärmere Menschen in Oberhausen wird die finanzielle Lage immer bedrohlicher. Wem es ohnehin besser geht, der muss sich weniger Sorgen machen.

Oberhausen hat ein großes Problem: Die soziale Schere klafft immer weiter auseinander. Für Menschen, die ohnehin ein hohes Armutsrisiko haben, nehmen die Herausforderungen immer weiter zu. Und für Menschen, die etwas mehr Glück im Leben hatten und sich eh nur wenig Sorgen ums Geld mach müssen, wird es noch sicherer: Ihr Armutsrisiko sinkt. Dieser Trend hält bereits seit Jahren an.

Das geht aus einer aktuellen Analyse der Sozial- und Statistik-Experten im Rathaus hervor. Sie haben sich die einzelnen Stadtteile angesehen, genauer: die sogenannten Sozialquartiere, die noch einmal feingliedriger unterteilt sind als die Stadtteile. Die Fachleute haben unter anderem herausgearbeitet, wie viele Menschen in den einzelnen, insgesamt 27 Quartieren von Sozialleistungen leben, wie hoch der Anteil der Arbeitslosen ist, die Zahl der Haushalte von Alleinerziehenden und Großfamilien oder auch der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund. Rein statistisch ist das Risiko, sich zu verschulden, für diese Gruppen besonders hoch.

Armutsrisiko: Zig Tausende Menschen in Oberhausen betroffen

Identifiziert hat die Stadt dabei sieben Sozialquartiere mit einem niedrigen oder sogar sehr niedrigen sogenannten Sozialindex, also einem hohen Armutsrisiko: Innenstadt, Lirich-Süd, Marienviertel-Ost und -West, Brücktorviertel, Osterfeld-Mitte/Vonderort und ein Bezirk in Sterkrade-Mitte. Auch Lirich-Nord steht im Fokus, das Quartier steht kurz davor, bei der Armutsgefahr in den roten Bereich zu rutschen. Zig Tausende Menschen sind betroffen.

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Wenig Sorgen um ihre finanzielle Zukunft müssen sich rein statistisch dagegen Menschen in Walsumer Mark, Königshardt, Schmachtendorf, Holten/Barmingholten und Klosterhardt machen. Einmal mehr wird anhand der Sozialindices das Nord-Süd-Gefälle in Oberhausen deutlich.

Soziale Schere: Drei Stadtquartiere in Oberhausen bereiten große Sorge

Aus dem Bericht geht nicht nur der Ist-Zustand der einzelnen Sozialquartiere hervor (der sogenannte Statusindex), sondern auch, wo die Anteile der Gruppen mit erhöhtem Armutsrisiko in den vergangenen Jahren gestiegen sind (Dynamikindex). Davon betroffen sind am deutlichsten das Brücktorviertel und das Marienviertel-Ost, Lirich-Nord und die Innenstadt – also ausgerechnet vor allem Sozialquartiere, in denen die soziale Situation für viele Menschen ohnehin schwierig ist. Betrachtet man Ist-Zustand und Dynamik, lassen sich die drei größten „Sorgenkinder“ der Stadt ausmachen: Die Innenstadt und das Brücktorviertel, dicht gefolgt von Lirich-Süd.

Das ist keine Überraschung: Wer arbeitslos ist, hat ein erhöhtes Armutsrisiko.
Das ist keine Überraschung: Wer arbeitslos ist, hat ein erhöhtes Armutsrisiko. © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Die oben genannten gut gestellten Quartiere verzeichnen allesamt positive Werte bei der Dynamik und werden als stabil eingestuft. Eindeutig auf dem aufsteigenden Ast sind Bermensfeld, Schlad und Tackenberg-Ost, in diesen drei Sozialquartieren verzeichnen die Fachleute einen deutlich positiven Trend.

Sozialbericht 2022: Oberhausen veröffentlicht prall gefüllte 90 Seiten

Auf 90 Seiten hat der Rathaus-Bereich Soziales wichtige Zahlen und Erkenntnisse gebündelt dargestellt, Diagramme und Piktogramme, Kreuztabellen und Übersichtskarten erstellt, Ansprechpartner und soziale Einrichtungen in den Quartieren aufgelistet. Die (negativ) auffälligen Quartiere werden dabei noch kleinteiliger analysiert als die anderen Bereiche, besondere Potenziale und Bedürfnisse gesondert herausgearbeitet.

Dieser Sozialbericht 2022 steht nun auf den Tagesordnungen mehrerer wichtiger Fachausschüsse und gibt der Politik somit Gelegenheit zur Diskussion. Erstmals wird er dem Sozialausschuss in dessen Sitzung am 28. Februar vorgestellt. Der Bericht soll Verwaltung und Politik als Wissens-Grundlage dienen, beispielsweise um Fördergeld für soziale Projekte zu beantragen oder durch gezielte Projekte die Lebensumstände der von Armut betroffenen oder bedrohten Menschen zu verbessern.

Armutsrisiko in Oberhausen: Stadt unternimmt bereits etwas

Bisherige Anstrengungen haben leider nicht geholfen, die Probleme haben sich in den vergangenen Jahren im Gegenteil sogar verschärft. Der vorliegende Sozialbericht ist bereits der dritte seit dem Jahr 2017. Schon der erste Bericht machte deutlich, wie groß die Probleme in einzelnen Bereichen der Stadt sind. Und 2020 wurde bereits deutlich, dass die soziale Spaltung der Stadt zunimmt. Als Gegenmaßnahme hat die Stadt ihre insgesamt sechs Quartiersbüros gegründet, um betroffenen Menschen eine Anlaufstelle zu bieten. Auch Familienzentren sind entstanden. Zudem hat die Stadt mit wichtigen Funktionsträgern aus den einzelnen Quartieren Strategiepapiere entwickelt: mehrere, zig Seiten umfassende Berichte mit Vorschlägen wie interkulturelle Stadtteilfeste, Angebote für Integrationskurse samt Kinderbetreuung und mehr Grünflächen. Noch schlagen sich die Anstrengungen allerdings nicht in den Daten nieder.