Oberhausen. Dass eine Grundschule im Ruhrgebiet fast 300 Jahre alt ist, das ist eine Seltenheit. Oberhausen-Biefang hat so etwas zu bieten.
Eine der ältesten Grundschulen im Ruhrgebiet liegt an einem Ort, an dem man das wohl nicht sofort vermuten würde: im kleinen Stadtteil Oberhausen-Biefang.
Denn: Die dortige Königschule kann auf eine Geschichte seit dem Jahr 1753 zurückblicken. Sie ist also im vorigen Jahr tatsächlich 270 Jahre alt geworden! Das dürfte für eine Grundschule in einer Ruhrgebietsstadt wie Oberhausen ziemlich rekordverdächtig sein.
Wer einen Blick in die historischen Veröffentlichungen der Bürgerinteressengemeinschaft (BIG) Biefang wirft, taucht tief in die Geschichte der Region ein: Im benachbarten Holten war schon anno 1615 eine evangelische Schule gegründet worden. Weil die Königschule zu jener Zeit noch nicht existierte, mussten die vielen evangelischen Kinder aus Biefang also über den Lerchenweg nach Holten zur dortigen Schule laufen. Dieser Weg sei im Winter sehr matschig gewesen und habe mitten durch das Moor geführt, daher seien die Kinder oft gar nicht erst zur Schule gegangen.
Biefanger schrieben einen Brief an Friedrich den Großen
Und so beschlossen die Biefanger diesen Missstand zu beenden. Sie schrieben einen Brief an König Friedrich den Großen (1712-1786), der im fernen Berlin und Potsdam residierte. Biefang lag damals auf dem Gebiet des Herzogtums Kleve, das wiederum als Westprovinz zur kommenden europäischen Großmacht Preußen gehörte. 1756 begann der Siebenjährige Krieg, aus dem Preußen als eine etablierte Großmacht des Kontinents hervorging.
Doch zurück in die Zeit wenige Jahre zuvor: Die Biefanger baten also ihren Monarchen um eine milde Gabe für den Bau einer neuen evangelischen Schule. Ihre brave Bitte blieb nicht ungehört – der preußische König öffnete seine Schatzkiste und schickte tatsächlich 25 Taler nach Biefang!
Diese Summe reichte für das Vorhaben allerdings nicht aus. Die Menschen in Biefang hatten noch viel zu leisten und sammelten mit Hilfe weiterer Spender Baumaterial, vor allem Holz. Dann legten sie selbst mit Hand an, um das neue Schulgebäude zu errichten, das anno 1753 fertiggestellt werden konnte.
Voller Stolz wurde die Schule eingeweiht, die allerdings kaum Komfort für das pädagogische Personal bot: Die Wohnstube des Lehrers befand sich direkt im Klassenraum! Aufgrund der königlichen 25-Taler-Spende und zu Ehren des „Alten Fritz“ erhielt sie den Namen Königschule. Diesen Namen hat sie bis heute, auch wenn sie im Laufe der vielen Jahrzehnte mehrfach den Standort gewechselt hat.
Sogar der jetzige Leiter der Königschule, Sven Siebenmorgen, staunt über die lange Historie seiner Grundschule: „Viele Menschen im Stadtteil wissen gar nicht, dass unsere Schule tatsächlich aus dem 18. Jahrhundert stammt.“ An der Kolkmannstraße, wo die Königschule heute in Gebäuden aus den 1960er Jahren präsent ist, kann man also auf eine lange Vorgeschichte zurückblicken. Dass die Königschule das i-Tüpfelchen auf ihrem Namenszug heute gern mal durch eine Königskrone ersetzt, hätte dem preußischen Monarchen, dem Alten Fritz, wohl gut gefallen.