Oberhausen. Die Möbelhaus-Kette XXXLutz zieht neben das Centro in Oberhausen. Am bislang angestammten Standort in einem Wohnviertel entsteht Platz für Neues.
Die Tinte unter den 33 Seiten umfassenden Verträgen ist trocken, die politischen Beschlüsse sind gefallen, die Prüfung der Notare und Juristen erfolgreich durchlaufen: Die österreichische Möbelhauskette XXXLutz wird in den nächsten Jahren den historisch gewachsenen Standort im Wohnquartier Oberhausen-Schladviertel verlassen und in einen Neubau an den Brammenring auf dem früheren Stahlwerksgelände in der Nähe des Centros ziehen.
Die Niederlassung soll größer, schöner und moderner werden als im Schladviertel – und in der Nachbarschaft der Möbeldiscounter-Marke Poco (Eigentümer auch XXXLutz), Topgolf, dem Baumarkt Hornbach und dem Berufskleidungsspezialisten Strauss regionalweit Kunden zur Neuen Mitte locken.
Als Käufer des 29.000 Quadratmeter großen Grundstücks im Schladviertel an der Straßburger Straße 52-60 springt nach eigenen Angaben die Stadt Oberhausen ein – und überweist dafür nach Informationen der Redaktion einen mittleren einstelligen Millionenbetrag an die XXXLutz-Gruppe. Die Stadt wird das Grundstück durch Abriss und Sanierung baufähig machen und danach entwickeln: Hier könnten exklusive und billige Wohnungen in Mehrfamilienhäusern entstehen, eine Kita, eine Schule oder auch Wohnungen für betreutes Wohnen vom „Haus Abendfrieden“.
Oberbürgermeister: Das ist eine bedeutsame Entscheidung für Oberhausen
„Der Umzug des Möbelhauses aus dem Wohnviertel zur Neuen Mitte und der Ankauf durch die Stadt ist eine stadtplanerisch höchst bedeutsame, historische Entscheidung für Oberhausen“, ordnet Oberbürgermeister Daniel Schranz im Gespräch mit der Redaktion das Verhandlungsergebnis mit dem österreichischen Möbelhändler ein. Schon vor sechs Jahren tauchten erste Überlegungen auf, das Oberhausener Traditionsmöbelhaus Rück zu verlagern: Zum einen ist es nur mit der historischen Wachstumsgeschichte von Rück zu erklären, dass ein so großes Möbelhaus mitten in einem Wohnviertel platziert ist; zum anderen steht die gesamte Möbelbranche unter dem Druck, ihrer Kundschaft mehr Angebote auf größeren Flächen zu bieten.
Versuche, mit privaten Investoren das Rück-Gelände im Schladviertel zu entwickeln, schlugen am Ende fehl: Gemessen an den üblichen Rendite-Erwartungen von Unternehmern war die Bebauung des Geländes nach Auskunft von Schranz wirtschaftlich nicht darstellbar. Schließlich seien Abbruchkosten von einer Menge Beton inklusive Tiefgarage, die Anforderung der Stadt an einer Mindestgrünfläche von einem Drittel des Geländes und eine aufgelockerte Wohnbebauung nicht höher als üblich im Schladviertel zu berücksichtigen. Eine geplante Intensiv-Bebauung von Privatinvestoren mit 290 Wohnungen in siebengeschossigen Häusern stieß 2018 auf massive Proteste von Anwohnern.
„Um den Knoten zu zerschlagen, haben wir uns mit breiter Unterstützung der Politik im Rat entschlossen, als Stadt einzuspringen und das Areal zu kaufen“, erläutert Schranz. Nach einem Jahr Verhandlungen mit den XXXL-Juristen stand das umfangreiche Vertragswerk, das Abrisskosten genauso berücksichtigt wie mögliche Verzögerungen durch Pandemien, fehlende Baumaterialien und Baukosten-Explosionen. So wurden Risiken zwischen XXXLutz und der Stadt aufgeteilt: Ist die Sanierung des Grundstücks teurer als von Fachleuten geschätzt, beteiligt sich die Möbelgruppe. Diese wiederum profitiert, wenn die Erlöse aus dem Grundstück für die Stadt in einigen Jahren höher sind, als heute zu erwarten ist.
Derzeit weiß noch niemand von der Stadt, was genau auf dem Schladviertel-Areal entstehen wird. Man hat schließlich zur Entwicklung des Grundstücks noch Zeit, denn die Verträge mit XXXLutz sehen lange Übergangsfristen mit Aufgaben für die Stadt und Aufgaben für den Möbelanbieter vor. So muss die Stadt die Bebauungspläne ertüchtigen; XXXLutz das letzte große Grundstück am Brammenring kaufen, einen Bauantrag stellen und die neue Niederlassung bauen. Spätestens im Sommer 2029 soll der Stadt das Grundstück im Schladviertel besenrein übergeben werden. „Aber alle Beteiligten sind daran interessiert, das schneller zu schaffen“, versichert der Oberbürgermeister.
Kein Ausbau des zentren-relevanten Angebots im neuen Möbelhaus
Das neue XXXL-Möbelhaus am Brammenring in Oberhausen soll zwar größer werden, aber nicht mehr lukrative Kleinteile wie Haushaltsgegenstände, Kissen und Decken verkaufen als bisher. Zwar gibt es für Einrichtungshäuser in der Neuen Mitte keine Flächenbeschränkung für ihre Möbelangebote, doch zentrenrelevantes Sortiment darf aus Rücksicht auf die Kaufkraft der Nachbarstädte nur zu einem geringeren Teil verkauft werden. Das werden Essen, Bottrop oder Duisburg durchaus mit Argusaugen beobachten. „Wir haben XXXLutz klargemacht, dass wir keinen Streit mit den Nachbarstädten haben wollen und hier nur der bisherige Umfang des zentren-relevanten Sortiments vom Schladviertel zur Neuen Mitte verlagert werden darf“, gibt Daniel Schranz an.
Eines ist aber durch die städtische Kauf-Lösung des Schladviertel-Areals statt durch Privatinvestoren schon jetzt klar: Am Ende wird das Projekt für die Kommune zum Verlustgeschäft, das sie aber aus Stadtentwicklungsgründen in Kauf nimmt. Oberhausen versucht hier aber, dieses städtische Defizit zu reduzieren – durch eine Förderlösung aus Landesmitteln.
Eine angenehme und beliebte Wohngegend
Bereits 2014 hat der Möbelriese Mann Mobilia GmbH, der die expandierende Großkette XXXL betreibt, das Traditions-Möbelhaus Rück in Oberhausen und das Einrichtungshaus Kröger in Essen auf einen Schlag erworben. Seitdem heißt die Niederlassung im Schladviertel „XXXLutz Rück“.
Das Schladviertel gilt unter Oberhausenern als eine angenehme Wohngegend mit angrenzenden Feldern, Parks und Fahrradwegen. Der Anteil der Haushalte mit Kindern ist allerdings sehr gering, es gibt einen hohen Altersschnitt der Bewohner im Quartier. Der Stadtteil ist gekennzeichnet durch viele kleine Wohnungen.