Oberhausen. Mit einem Tempo-30-Schild auf einer Autobahnbrücke hat es Oberhausen schon in TV-Sendungen geschafft. Jetzt gibt es neue Merkwürdigkeiten.

Seit Beginn der Amtszeit von Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) verwirklicht die Stadtverwaltung sein Versprechen, die Bürger stärker vor Autolärm zu schützen. Deshalb hat die Mellinghofer Straße eine ganze Reihe von Tempo-30- und Tempo-40-Schildern erhalten – und Schritt für Schritt wird der Lärmaktionsplan der Stadt aus dem Jahre 2017 umgesetzt, der noch nicht abgearbeitet und im Februar 2022 auch noch von der Politik erweitert worden ist. Als eine Lösung, um die Lebensqualität von Anwohnern an Straßen zu verbessern, wird dabei immer wieder angestrebt, das Tempolimit für Autos von 50 auf 30 Stundenkilometer zu reduzieren – zumindest nachts.

Spott wegen eines Tempo-30-Schilds auf einer lauten Autobahnbrücke

Doch Tempo 30 mit dem Zusatzschild „Lärmschutz“ irgendwo anbringen – das ist nicht ganz einfach. So musste sich Oberhausen in bundesweiten TV- und Radiosendungen dem Spott hingeben, weil ein Tempo-30-Schild im Mai 2021 direkt auf der Brücke über der lauten Autobahn A 2 Unverständnis hervorrief. Doch die Stadt Oberhausen wehrte sich damals gegen den Eindruck, hier für einen Schildbürgerstreich gesorgt zu haben. Lärmschutz ist schließlich Lärmschutz, sei die tatsächliche Absenkung des Auto-Radaus in der Nähe eines Altenheimes auf der Kirchhellener Straße auch noch so gering.

Anders reagierte die Stadt im Juli 2021: Damals wunderten sich Fußgänger über ein rätselhaftes Tempo-30-Lärmschutz-Schild direkt unter den vier Bahnbrücken auf der Osterfelderstraße – dabei tosen täglich viele Dutzend Güterzüge lautstark über die Gleise. Die Stadt schraubte dieses Schild lieber wieder ab.

Auf diesem Teilstück der Wilmsstraße in Lirich gilt abends und nachts Tempo 30 – trotz der Güterzüge, die lautstark stündlich über die Gleisbrücke rauschen. Direkt nebenan ist der Verschiebebahnhof West der Deutschen Bahn. Bisher ist dieser praktisch ohne Lärmschutz.
Auf diesem Teilstück der Wilmsstraße in Lirich gilt abends und nachts Tempo 30 – trotz der Güterzüge, die lautstark stündlich über die Gleisbrücke rauschen. Direkt nebenan ist der Verschiebebahnhof West der Deutschen Bahn. Bisher ist dieser praktisch ohne Lärmschutz. © FUNKE / Foto Services | Gerd Wallhorn

Erst seit einigen Wochen fallen Lirichern auf der Wilmsstraße direkt hinter der Kreuzung mit der Katharinenstraße/Wunderstraße neue Tempo-30-Schilder auf – direkt vor der Bahnbrücke in der Nähe des lautstarken Verschiebebahnhofs West der Deutschen Bahn gilt die Tempobegrenzung auf 200 Metern. Zwei Zusatzschilder sind auffällig: „Lärmschutz“ und „22 bis 6 Uhr“. Diese Tempo-Schilder hängen nach Angaben der Stadt allerdings bereits seit Mai 2021 – ohne dass es irgendwelche Proteste gab.

Der Lärmschutz der Bahn aber ist bisher an diesem Ort eine einzige Fehlanzeige. Wovor schützt also das Tempo-30-Schild in der Praxis? Ist das ähnlich falsch angebracht wie vor einem Jahr die Geschwindigkeitsbegrenzung unter den Osterfelder Eisenbahnbrücken?

Bahn will ihren Lärmschutz in Lirich ebenfalls verbessern

Nein, diesmal ist die Stadt von der Richtigkeit ihrer Beschilderung überzeugt, schließlich sahen die Fachleute schon im Lärmaktionsplan aus dem Jahr 2017 Tempo 30 von 22 bis 6 Uhr an der Stelle „Wilmsstraße von Bahnbrücke bis Wunderstraße“ vor. Zumindest nachts sollten die Anwohner der Wilmsstraße in den Häusern mit den Nummern 28 bis 53 vor den Belästigungen durch den Straßenverkehr geschützt werden. Denn: „Mit der Senkung der Höchstgeschwindigkeit verbessern sich die Bedingungen für den Fuß- und Radverkehr, die Aufenthaltsqualität des Straßenraums wird gesteigert und die Verkehrssicherheit weiter erhöht“, meinen die Verkehrsexperten der Stadt. In Zukunft soll nach dem erweiterten Lärmschutzplan auch noch der Asphalt an dieser Stelle der Wilmsstraße ausgetauscht werden – durch Flüsterbelag.

Dass Bürger angesichts des Bahnlärms über die Geschwindigkeitsbegrenzung erstaunt sind, wundert die städtischen Fachleute ein wenig. Denn schließlich muss man ja irgendwo anfangen. Der Lärm an dieser Stelle setzt sich aus dem Zug-Radau und dem Auto-Lärm zusammen – für die Straße ist die Stadt, für die Bahn ist die DB Netz AG zuständig. Und die ist nach Angaben der Stadt durchaus wie Oberhausen selbst gewillt, an den dortigen Schienenstrecken mehr für den Lärmschutz zu tun.

Schließlich ist der Bereich im Projekt „Lärmsanierung an bestehenden Schienenwegen der Eisenbahn des Bundes Oberhausen 2“ aufgeführt. Nördlich und südlich der Gleisanlagen sind danach eigentlich Lärmschutzwände geplant. Statiker müssen nach Angaben der Stadt Oberhausen von Ende Oktober allerdings noch die bauliche Lage für die nördliche Lärmschutzwand prüfen. Auch deshalb plant die DB Netz AG den Bau der Wände nicht vor dem Jahr 2024. In einer Mail an einen Anwohner der Katharinenstraße hat die DB Anfang November allerdings bereits angekündigt, dass es – anders als zunächst zugesagt – keine Lärmschutzwände am Bahndamm in Höhe der Katharinenstraße geben wird. Die Länge der Schallschutzwände wird einfach gekürzt – angeblich wegen des schlechten Baugrundes.