Oberhausen. Die Gesamtschule Osterfeld veranstaltete die Aktion „GSO liest“. Schirmherr war Dennis Radtke. Der CDU-Politiker liest meistens nachts.
Draußen auf dem Schulhof herrscht ein Gewimmel wie in den Büchern von Ali Mitgutsch. Die Gesamtschule Osterfeld ist die größte Schule Oberhausens. 1500 Schülerinnen und Schüler aus allen sozio-kulturellen Bereichen werden hier unterrichtet. Doch als die Pausenglocke erklingt, wird es auf den Fluren ruhiger. Im Raum, wo der diesjährige Vorlesewettbewerb stattfindet, wird es sogar mucksmäuschenstill.
Lea Lorenz setzt sich ans Mikrofon. Für drei Minuten gehört der Sechstklässlerin die volle Aufmerksamkeit. Sie liest eine Passage aus dem Drei-Fragezeichen-Fall „Spur des Drachen“ vor. Danach folgen zwei Minuten Vorlesen aus einem unbekannten Buch. Geschafft. Applaus. Mit einem Lächeln steht Lea auf und geht schüchtern zu ihrem Platz zurück.
„Bücherfreak“ Dennis Radtke: Mehr als 3000 Bücher Zuhause
Der Vorlesetag an der Gesamtschule Osterfeld soll Kinder und Jugendliche animieren, häufiger einen Blick in Bücher zu werfen. „Gerade die Kleinen müssen dafür begeistert werden“, sagt Lehrerin Mirela Lubisch-Voicu. Der Vorlesewettbewerb am Freitag war nur ein Teil des Programms. Eine ganze Woche hat die Schule dem Buch gewidmet. Sie initiierte in Zusammenarbeit mit dem Theater Oberhausen Lesungen, führte eine Lese-Pause ein. Als Schirmherr konnte sie wie in den vergangenen zwei Jahren den Europaabgeordneten Dennis Radtke gewinnen.
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Der CDU-Politiker aus Bochum scheint die passende Wahl zu sein. Er bezeichnet sich selbst als Bücherfreak. Bei ihm zu Hause stapeln sich über 3000 Bücher. „Ich schaffe etwa 100 Bücher im Jahr zu lesen“, sagt er dieser Redaktion. Als Europa-Politiker und Vater zweier Kinder nutzt er die Nacht. „Ich bleibe länger auf, damit ich lesen kann.“
Studie: Immer weniger Eltern lesen ihren Kindern vor
Radtke muss nicht mehr überzeugt werden, aber die jüngeren Generationen. Eine Studie des Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen hat den Viertklässlern schlechten Noten im Lesen attestiert. In NRW hat demnach jeder fünfte Grundschüler so große Probleme, dass er den Mindeststandard verfehlt. Ein Grund könnte sein, dass immer weniger vorgelesen wird. Laut einer Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung lesen immer weniger Eltern ihren Kindern vor.
Die GSO kämpft gegen die Unlust mit der Projektwoche an. „Ich bin ehrlich gerührt“, sagt Schuldirektor Gregor Weibels-Balthaus mit Blick auf die jungen Leserinnen und Leser des Wettbewerbs. Auch die Lesepausen seien stark frequentiert gewesen. Die Woche sei der Versuch, das Thema in die ganze Schule zu tragen.
Neubau an der GSO
Für Bezirksbürgermeister Thomas Krey könnte in Osterfeld auch die neue Stadtteilbibliothek das Lesen stärken. Diese soll im Neubau an der Gesamtschule entstehen.
Der Multifunktionsbau soll Ende 2024 fertig sein. Er dient unter anderem als Aula für die Gesamtschule Osterfeld und als Veranstaltungsort im Quartier.
Nach Ansicht von Dennis Radtke müssen sich Schulen aber nicht allein in der Verantwortung sehen. Er sei begeistert von der GSO-Aktion und übernehme deshalb zum dritten Mal die Schirmherrschaft. „Das ist ein tolles Projekt.“ Um das Leseinteresse zu wecken, seien aber vor allem die Eltern gefordert. „Für mich ist das keine Aufgabe der Stadt oder des Staates, sondern der Eltern. Sie müssen die Begeisterung entfachen.“ Er selbst versuche so oft wie möglich, seinen zwei und fünf Jahre alten Kindern vorzulesen.
Dass Bücher in Zeiten des digitalen Zeitalters an Bedeutung verlieren, glaubt er nicht. „Bücher wurden schon oft totgesagt.“
Gesamtschule Osterfeld: Schüler sind motiviert
Die Sechstklässler halten Bücher auch nicht für tot. „Wenn ich Zeit habe, lese ich ein Buch“, sagt Leandro Brankovic, der zusammen mit Vorleserin Skhurte Kapiti den zweiten Platz belegt. Er begleitete sie. Ein oder zweimal täglich lese Leandro, allein, ohne dass ihn jemand dazu animieren müsste.
Für Lea Lorenz hat es an diesem Tag nicht gereicht. Den ersten Platz sicherte sich Corwin Schülke mit seiner beeindruckenden Lesung von Harry Potter. Platz drei ging an Georg Yusef. Es dürfte aber trotzdem nicht das letzte Mal gewesen sein, dass Lea ein Buch liest.