Oberhausen. Wer in diesen Monaten auf eine Nachtspeicher-Heizung angewiesen ist, ärgert sich noch mehr als andere. Denn der Nachtstrom ist nicht mehr billig.

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Ob Gas, Öl, Holzpellets, Kaminholz, Fernwärme oder Strom – wenn man eine warme Wohnung haben will, ist alles viel teurer geworden als im vergangenen Jahr. Dennoch hat es eine Gruppe besonders überrascht, dass sie von der Welle an Preissteigerungen so hart getroffen wird: die Betreiber von Nachtspeicherheizungen.

Die Nachtspeicher-Technik zapft besonders viel Strom nachts ab, um Wärme zu erzeugen und zu speichern, um diese dann bei Bedarf in den Wohnungen tagsüber abzugeben. Sie waren bei den Stromversorgern immer besonders beliebt, weil die Nachtspeicheröfen dafür sorgen, dass eine gewisse Grundlast an Elektrizität auch in den Nachtstunden aus dem Netz gesaugt und verbraucht wird, wenn der Bedarf in den Schlafstunden der Bürger relativ gering ist. Der nächtliche Strom für die Nachtspeicheröfen war deshalb auch besonders günstig.

Doch das ist nun vorbei. Die Energieversorgung Oberhausen (EVO) hat den Strompreis für Nachtspeicher von 17,51 Cent je Kilowattstunde auf 28,81 Cent erhöht – das ist ein hoher Aufschlag von 65 Prozent. Dagegen zahlen die Normalverbraucher an Strom tagsüber und nachts zwar mit 33,03 Cent je Kilowattstunde immer noch mehr als die Nachtspeicher-Besitzer, allerdings fiel ihre Preiserhöhung mit einem Anstieg von 24 Prozent bei der EVO bisher moderater aus. Ein EVO-Kunde und Zeitungsleser hat deshalb in einem Offenen Brief den Vorstand des halb der Stadt Oberhausen, halb dem EON-Konzern gehörenden Energieversorgers EVO angeschrieben und kritisiert. Er ist seit 1977 Stromkunde bei der EVO und seit 1983 durch einen Umzug Kunde für Nachtspeicher-Strom. Insgesamt gibt es im Oberhausener Stadtgebiet noch 940 dieser Wärmespeicheranlagen, 738 von ihnen versorgt die EVO.

Preiserhöhung für Nachtstrom übertrieben und unerklärlich?

„Diese Preiserhöhung ist übertrieben und unerklärlich. Meine Mehrkosten für eine warme Wohnung erhöhen sich auf 1600 Euro im Jahr. Warum reichen bei der Erhöhung der Strompreise für Nachtspeicher nicht auch die 24 Prozent wie beim normalen Haushaltsstrom aus? Ich werde den Eindruck nicht los, dass hier die Nachtspeicherkunden abgezockt werden“, schreibt der EVO-Stammkunde. Schließlich würden alle Nachtspeicherkunden mithelfen, den Strom zu verbrauchen, der nachts auf jeden Fall erzeugt wird – und damit einen hilfreichen Nachtdienst für Energieversorger leisten.

Tatsächlich antwortet Hartmut Gieske, kaufmännischer EVO-Vorstand, auf den Brief des verärgerten Kunden persönlich – und erläutert recht nachvollziehbar, dass sein Kunde zwar recht hat, wenn man das Nutzen der Nachtspeicheröfen in früheren Zeiten betrachtet, aber diese Einschätzung für den heutigen Markt nicht mehr gilt. „In der Vergangenheit freuten sich Nachtspeicheranlagen großer Beliebtheit, um Überkapazitäten im Stromnetz clever zu nutzen, besonders nachts. Sowohl Kohlekraftwerke als auch Atomkraftwerke lassen sich aber nicht ohne Weiteres drosseln oder gar für einige Stunden abschalten.“

Der kaufmännische Vorstand Hartmut Gieske (rechts) mit dem technischen Vorstand Christian Basler von der Energieversorgung Oberhausen (EVO).
Der kaufmännische Vorstand Hartmut Gieske (rechts) mit dem technischen Vorstand Christian Basler von der Energieversorgung Oberhausen (EVO). © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Doch die Technik wie auch der nächtliche Bedarf haben sich verändert. „Die Versorger können ihren Output an Elektrizität besser steuern. Gleichzeitig hat der nächtliche Bedarf an Elektrizität angezogen, insbesondere bei den gewerblichen Abnehmern. Diese Entwicklung hat zu einem Anstieg der Preise für Nachtstrom geführt“, formuliert Gieske.

Die Preise für den normalen Haushaltsstrom werden nach diesen Erläuterungen zudem auf anderer Grundlage kalkuliert als die Tarife für Nachtspeicherheizungen. Ein Kriterium ist die Lastprofilstruktur – und da im Winter mehr Strom für diese Heizungen verbraucht wird, muss dafür mehr Elektrizität zu gestiegenen Preisen eingekauft werden. Dies führt nach Darstellung der EVO zu den höheren Preisaufschlägen.

EVO: Wir bieten Stammkunden billigere Nachtstromtarife als die Konkurrenz den Neukunden

Gieske weist mit Blick auf die Nachtspeichertarife der Konkurrenz im Preisvergleich des Internetportals verivox.de darauf hin, dass „unsere Preise deutlich unter den Angeboten anderer Anbieter liegen“. Während derzeit neue Verträge für Nachtspeicheranlagen bei anderen 55,31 Cent je Kilowattstunde kosteten, biete die EVO ihren Stammkunden im Sondertarif 28,81 Cent an – dank ihrer langfristigen Einkaufsstrategie für Strom.

Auch wegen der ausführlichen Erklärung des EVO-Vorstandes hat sich der EVO-Kunde mit den hohen Strompreisen einigermaßen abgefunden. Ungerecht findet er es gleichwohl, denn eine Chance, zu einem anderen Anbieter zu wechseln, habe man derzeit einfach nicht. Denn Neukunden erhalten fast überall nur extrem teure Stromverträge – auch weil die Stromversorger den zusätzlichen Bedarf der neuen Kunden an den teuren Strombörsen aktuell einkaufen müssen. „Dass man mit der Installation oder Betrieb der Nachtspeicherheizung eine Ehe bis zum Tod ohne Trauring mit seinem Energieversorger eingeht, war einem zum damaligen Zeitpunkt nicht bewusst. Denn ein Wechseln zu einem anderen Stromanbieter ist durch den nicht funktionierenden Wettbewerbsmarkt jetzt nicht mehr möglich.“