Oberhausen. Wegen Totschlags verurteilte das Landgericht einen Oberhausener (54). Im Dezember 2021 hatte er seine Mutter in der gemeinsamen Wohnung getötet.

Mit einem deutlichen Urteil endete nach vier Verhandlungstagen das Verfahren gegen einen 54-jährigen Oberhausener. In der Nacht zum 3. Dezember 2021 hatte er seine damals 88-jährige Mutter in deren Wohnung an der Graudenzer Straße auf extrem brutale Weise getötet. Die 5. Große Strafkammer des Landgerichts Duisburg verurteilte ihn wegen Totschlags zu zehn Jahren Gefängnis.

In einem durch Gründlichkeit bestechenden Schlussvortrag hatte der Staatsanwalt die Indizien des Prozesses zusammengefasst: Laut Gerichtsmediziner war die Frau zwischen 19 Uhr am 2. Dezember und 1 Uhr am 3. Dezember an den Folgen schwerster Verletzungen gestorben. Der Täter hatte sie auf die Couch gedrückt, die 88-Jährige immer wieder geschlagen und sich auf ihren Brustkorb gesetzt. Rippen, Nasenbein, ein Halswirbel brachen, schließlich kollabierte der gesamte Brustkorb.

Indizien ließen keinen Raum für Zweifel

Dieser Täter, so der Staatsanwaltschaft, könne nur der Angeklagte gewesen sein, der seit einiger Zeit bei seiner Mutter wohnte. Es gab nur zwei Schlüssel für die Wohnung. Einen hatte das Opfer, den anderen der Angeklagte. Spuren für ein gewaltsames Eindringen gab es nicht und laut Zeugen hatte die 88-Jährige nie Fremden die Tür geöffnet. An der Kleidung und an den Schuhen des 54-Jährigen fanden sich Blutspuren. Ebenso wurde seine DNA an der Leiche gefunden. Fazit der kriminalistischen Experten: Es müsse in der Tatnacht einen intensiven körperlichen Kontakt zwischen dem Angeklagten und seiner Mutter gegeben haben.

Den Abend hatte der 54-Jährige in einer Gaststätte am Centro verbracht und dort erheblich dem Alkohol zugesprochen. Akribische Ermittlungen ergaben, dass er die Gaststätte um 21.36 Uhr verließ. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln und sogar zu Fuß war es ihm möglich gewesen, knapp eine Stunde später am Tatort gewesen zu sein. Ganz in der Nähe hatte der wohl stark angetrunkene Angeklagte um 22.30 Uhr eine Zeugin in deren Auto angesprochen und ausgerechnet nach der Adresse gefragt, unter der er mit seiner Mutter wohnte.

Staatsanwalt sprach von „Orgie der Gewalt“

Angesichts des wahrscheinlich mehrere Minuten währenden Todeskampfes der alten Frau sprach der Staatsanwalt von einer „Orgie der Gewalt“. Dass der Angeklagte um 5.30 Uhr die Polizei anrief und behauptete, er sei gerade erst nach Hause gekommen und habe seine Mutter tot aufgefunden, wertete der Ankläger als reines Ablenkungsmanöver. In Wahrheit habe der 54-Jährige mehrere Stunden mit der Leiche in der Wohnung verbracht. „Aber er hat es nicht geschafft, so lange in die toten Augen der 88-Jährigen zu blicken.“ Als die Polizei eintraf, lag ein Kissen auf dem Gesicht der Frau.

Vergeblich versuchte der Verteidiger, Zweifel an der Schuld des Angeklagten zu säen. Sonst konnte er nicht viel vorbringen, was seinem Mandanten hätte nutzen können. Denn der 54-Jährige äußerte sich bis zuletzt nicht zu dem Vorwurf. Ein Motiv und mögliche Faktoren, die sich aus der subjektiven Sicht des Angeklagten möglicherweise strafmildernd hätten auswirken können, blieben daher im Dunkel. Und so schloss sich die Kammer in nahezu allen Punkten der Wertung der Staatsanwaltschaft an.

Kammer kam nicht zu einer Strafrahmenverschiebung

Bei der Strafzumessung berücksichtigte das Gericht zwar den Umstand, dass der Angeklagte durch den Alkoholgenuss in seiner Schuldfähigkeit eingeschränkt gewesen sei. Anders als sonst vielfach üblich, ordnete es den Fall aber nicht allein deshalb in einen deutlich niedrigeren Strafrahmen ein.

Der Vorsitzende bezog sich dabei auf ein offenbar wenig bekanntes Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahre 2017. Der 2. Strafsenat hatte damals verkündet, dass eine Strafrahmenverschiebung nicht zwingend sei, wenn der Täter sich selbst in einen Zustand der Schuldunfähigkeit gebracht habe. Was allerdings – unter anderem – nicht für Suchtkranke gilt.