Oberhausen. Oberhausens Straßen, Plätze und Gebäude sind weitaus mehr nach männlichen als nach weiblichen Personen benannt. Die Grünen finden das schlecht.

Der Herbert-Mösle-Weg, das Hans-Böckler-Berufskolleg, die Willy-Jürissen-Halle, die Paul-Reusch-Straße: Die meisten öffentlichen Straßen, Plätze und Gebäude in Oberhausen sind, wenn sie Personen ehren sollen, nach Männern benannt. Das wurde durch eine Anfrage der Grünen-Fraktion und deren Vorsitzende Stefanie Opitz an die Stadt Oberhausen deutlich.

Die Zahl der männlichen Namensträger überwiegt in großer Zahl: Exakt 267 Straßen in Oberhausen sind nach Männern benannt, nach Frauen lediglich 45. Damit wurden also sechs Mal mehr Männer mit einem Straßennamen geehrt als Frauen. Bei den Plätzen sieht es ähnlich ungleichberechtigt aus: Lediglich zwei halten Frauen in Erinnerung, aber 18 Männer. Von 46 Oberhausener Schulen sind acht weiblich benannt, elf männlich (Schulen, die nicht in der Trägerschaft der Stadt Oberhausen sind, wurden dabei nicht berücksichtigt). Vier Oberhausener Sporthallen erhielten Männer-Namen, es gibt keinen einzigen Oberhausener Sportplatz, dessen Name auf eine Frau zurückzuführen ist, dafür aber drei, die nach Männern benannt sind.

Straßennamen wurden ab 1880 in Oberhausen vergeben

Warum sind die Bezeichnungen markanter Punkte im Stadtbild nach verdienstvollen Persönlichkeiten so ungerecht zulasten der Frauen verteilt? Magnus Dellwig, der Leiter des Stadtarchivs, sieht die Ursprünge dafür in der Zeit des Deutschen Kaiserreichs. Straßennamen wurden in Oberhausen überwiegend ab 1880 vergeben. Vorher waren Sektionen und Häuser lediglich durchnummeriert. Bestimmte Personengruppen aus Politik, Militär und Unternehmen waren bei der Namensvergabe ausschlaggebend, vermutet Dellwig. Frauen spielten nach damaliger Meinung so gut wie keine Rolle in höheren politischen, kulturschaffenden oder unternehmerischen Positionen. „Dies gilt auch für die Oberhausener Promis. Eine Luise Albertz ist die Ausnahme,“ erklärt der Historiker.

Die Oberhausener Stadthalle, Veranstaltungsort für Kongresse, Konzerte und Messen, ist nach Luise Albertz (1946 bis 1948, 1956 bis 1979) benannt, der ersten Oberbürgermeisterin einer deutschen Großstadt.
Die Oberhausener Stadthalle, Veranstaltungsort für Kongresse, Konzerte und Messen, ist nach Luise Albertz (1946 bis 1948, 1956 bis 1979) benannt, der ersten Oberbürgermeisterin einer deutschen Großstadt. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Luise Albertz war bekanntlich in ihrer ersten Oberhausener Amtszeit von 1946 bis 1948 die erste Oberbürgermeisterin einer deutschen Großstadt – und hatte zum zweiten Mal von 1956 bis 1979 das höchste Amt von Oberhausen inne. Nach ihr ist immerhin die Luise-Albertz-Stadthalle und der Luise-Albertz-Platz an der Coca-Cola-Oase am Centro benannt.

Wer zu Kaiser-Wilhelm-Zeiten die prominenten Männer in Deutschland waren, spiegelt sich bis heute in den Straßennamen vieler deutscher Kommunen wider, auch in Oberhausen.
Wer zu Kaiser-Wilhelm-Zeiten die prominenten Männer in Deutschland waren, spiegelt sich bis heute in den Straßennamen vieler deutscher Kommunen wider, auch in Oberhausen. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Wer allerdings zu Kaiser-Wilhelm-Zeiten die prominenten Männer in Deutschland waren, spiegelt sich bis heute in den Straßennamen vieler deutscher Kommunen wider, so auch in Oberhausen: Beispiele hierfür sind die Goethe-, Bismarck- oder Schillerstraße.

Grünen-Fraktionssprecherin Steffi Opitz: Das macht mich sprachlos

Zu der geschlechter-ungleichen Verteilung der Namen für Plätze, Straßen und Gebäude hat Grünen-Fraktionssprecherin Stefanie Opitz eine klare Meinung. „Das macht mich schon irgendwie sprachlos“, sagt sie verärgert. Mit einer solchen Art und Weise der Benennung wichtiger Stellen im Stadtgebiet verhindere man, dass Frauen und ihr Wirken sichtbar werden.

In der jüngeren Stadtgeschichte wurden durchaus auch Straßen nach verdienstvollen Frauen benannt, hier der Marie-Juchacz-Weg. Marie Juchacz ist eine SPD-Politikerin, die 1919 die Arbeiterwohlfahrt gegründet hat. Auf dem Bild zu sehen sind Haustechniker Ralf Zöllner, Alt-Oberbürgermeister Klaus Wehling und die frühere Bürgermeisterin Elia Albrecht-Mainz (SPD) im Jahre 2019.
In der jüngeren Stadtgeschichte wurden durchaus auch Straßen nach verdienstvollen Frauen benannt, hier der Marie-Juchacz-Weg. Marie Juchacz ist eine SPD-Politikerin, die 1919 die Arbeiterwohlfahrt gegründet hat. Auf dem Bild zu sehen sind Haustechniker Ralf Zöllner, Alt-Oberbürgermeister Klaus Wehling und die frühere Bürgermeisterin Elia Albrecht-Mainz (SPD) im Jahre 2019. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

„Es gibt so viele tolle Frauen auf der Welt“, sagt Opitz. Deshalb müsse auf diese Ungleichgewichtung aufmerksam gemacht und die Leute sensibilisiert werden. „Irgendwann müssen wir ja mal anfangen“, ruft die Grünen-Fraktionssprecherin auf. Aber gerade die männlichen Politiker der großen Ratsfraktionen von SPD und CDU würden kein großes Gewicht auf dieses Thema legen, beobachtet Opitz. Dabei scheinen diese ja die Bedeutung der Benennung markanter Orte im Stadtgebiet zu kennen, da beide großen Fraktionen immer wieder die Straßen nach ehrwürdigen SPD- oder CDU-Politikern taufen würden. Beispiele seien die Konrad-Adenauer-Allee, benannt nach dem ersten Kanzler der Bundesrepubli oder die Bebelstraße, benannt nach dem SPD-Mitbegründer August Bebel.