Oberhausen. Die Einsatzzahlen beim Rettungsdienst steigen kontinuierlich. Doch: Nicht in allen Fällen handelt es sich wirklich um akute Notfälle.

Die Feuerwehr Oberhausen hat es immer öfter mit Bagatelleinsätzen im Rettungsdienst zu tun. Sie belasten zunehmend das Einsatzgeschehen und binden unnötigerweise personelle Kapazitäten.

Der Notruf 112 der Feuerwehr werde immer häufiger für „Nichtigkeiten“ statt für akut lebensbedrohliche Notfälle angerufen, bestätigen der zuständige Dezernent Michael Jehn und Jürgen Jendrian, Chef der Berufsfeuerwehr Oberhausen. Beispiele hierfür seien: leichte Prellungen und Schnittwunden, Kopfschmerzen wegen Migräne, muskuläre Probleme nach einer Überlastung beim Sport, Mückenstiche und Ähnliches.

„Die Kolleginnen und Kollegen erleben leider bei Teilen der Bevölkerung ein gewisses Anspruchsdenken gegenüber dem Rettungsdienstpersonal und später dann auch gegenüber dem Krankenhauspersonal. Begründungen wie ,Ich bezahle euch dafür’, ,Taxi ist zu teuer’, ,Die Wartezeit beim Arzt oder im Krankenhaus wäre zu lange’ führen beim Rettungsdienstpersonal, das mit Blaulicht und Martinshorn und einem hohen Risiko zum Einsatzort fährt, zu unnötigen Einsatzfahrten und Belastungen“, sagt Jürgen Jendrian.

Ärztlicher Leiter: „Das wird nie ganz vermeidbar sein“

Dr. Christian Afflerbach, ärztlicher Leiter bei der Feuerwehr Oberhausen, kennt ebenfalls die zahlreichen Probleme der Bagatelleinsätze. Seiner Meinung nach werden diese Einsätze aber nie ganz vermeidbar sein. Verständnis hat er insbesondere für ängstliche Menschen, die ihre eigene Erkrankung oder Verletzung subjektiv als bedrohlich einschätzen und den Notruf 112 wählen. „Das wird nie ganz vermeidbar sein und für diese Menschen muss man auch Verständnis haben. Das ist nie böswillig gemeint.“

Ansprechpartner: Notdienst

Kassenärztinnen und Kassenärzte betreiben an 365 Tagen einen 24-stündigen Notdienst, der über die Telefonnummer 116117 für jeden zu erreichen ist. Sie besetzen auch personell die von ihnen gemeinsam betriebenen Notfallpraxen.

Wenn kein akuter Notfall vorliegt, ist bei medizinischen Problemen ein Anruf unter 116117 also ein guter erster Schritt.

Selbstverständlich gelte: Lieber einmal zu viel anrufen, bevor jemand einen Schaden davontrage, sagt Feuerwehr-Chef Jürgen Jendrian. „Unsere Leitstellendisponenten in der Einsatzleitzentrale müssen bei einem Notruf über die 112 die Lage einschätzen und nach Schilderung einen Rettungswagen oder einen Notarzt alarmieren. Bei Bagatelleinsätzen schildern die Anrufer jedoch zum Teil dramatische Schmerzen oder Situationen.“

Der Disponent müsse sich allerdings genau auf das verlassen können, was der Anrufer jeweils durchgebe. Vor Ort sehe die Lage dann oft plötzlich viel entspannter aus: Beim Eintreffen der Rettungsteams würden die Anrufer zum Teil mit gepackten Taschen vor der Haustüre stehen und den heraneilenden Rettungswagen erwarten.

Auch in Oberhausen hat der Rettungsdienst immer mehr zu tun

Seit einigen Jahren schon steigen bundesweit die Einsatzzahlen im Rettungsdienst. Auch die Feuerwehr Oberhausen verzeichnet diese Tendenz. In der Notfallrettung sind die Einsatzzahlen innerhalb der ersten sechs Monate des Jahres 2022 im Vergleich zum Vorjahr um rund 19 Prozent gestiegen. Im ersten Halbjahr 2021 waren es insgesamt 1878 Notfalleinsätze, im ersten Halbjahr 2022 bereits 2171 Einsätze. Die Gesamtzahl der Einsätze im Rettungsdienst belief sich im Jahr 2020 auf 34.738. Im Jahr 2021 waren es bereits 37.389.

Feuerwehrdezernent Michael Jehn: „Auf die steigenden Fallzahlen haben wir bereits reagiert und zusätzliche Fahrzeuge eingesetzt. Auch für das Jahr 2023 laufen die Planungen zur Stärkung des Rettungsdienstes.“