Oberhausen. Überraschend ist der SPD-Parteitag in Oberhausen verlaufen: Die Sozialdemokraten haben ein verblüffend selbstkritisches Papier verabschiedet.

Die SPD Oberhausen will noch in diesem Jahr ihre Partei- und Öffentlichkeitsarbeit in vielen Punkten reformieren. Das sieht ein Antrag des Unterbezirksvorstands vor, der am Samstag auf dem SPD-Unterbezirksparteitag einstimmig angenommen worden ist. Künftig wollen sich die Sozialdemokraten als lebendige, offene und diskussionsfreudige „Oberhausen-Partei“ präsentieren, „die rackert und malocht“, wie es wörtlich in dem neunseitigen Antrag heißt.

Und: Die Bürgerinnen und Bürger sollen möglichst zahlreich mitmachen. Dafür werden sogenannte Themen-Werkstätten gegründet, bei denen alle dabei sein können, die Interesse haben. Drei große Themenkomplexe sind bereits benannt: Neben „Stadtentwicklung, Klimaschutz, Mobilität und Digitalisierung“ gehören „Soziales und Senioren“ sowie „Bildung und Sport“ dazu. Diese Werkstätten sollen keine unverbindlichen, lockeren Plauderrunden sein, sondern sie haben Rede- und Antragsrecht auf den Unterbezirksparteitagen. Für die Reform der Parteiarbeit ist zugleich eine „Ideen-Werkstatt“ zuständig, in der allerdings nur SPD-Mitglieder mitreden können.

Verblüffend selbstkritisch geht der Antrag des SPD-Unterbezirksvorstands mit dem aktuellen Zustand der Parteiarbeit um. Die Zahl der Mitglieder (aktuell: 1218) sinke kontinuierlich, der Mitgliederbestand würde zudem im Schnitt immer älter, heißt es. Die Partei müsse mehr jüngere und im Berufsleben stehende Menschen für sich gewinnen, auch vermehrt politisch interessierte Frauen.

Sozialdemokraten befürchten „Wegbrechen der SPD-Präsenz in der Fläche“

Die Organisationskraft der Ortsvereine habe merklich nachgelassen, so ein weiterer Punkt. Langfristig müsse gar „ein Wegbrechen der SPD-Präsenz in der Fläche“ verhindert werden, heißt es. Zudem gehörten verkrustete Parteitagsrituale auf den Prüfstand; Parteitage und Sitzungen müssten spannender und interessanter werden. Nur so seien politische Nachwuchstalente neu zu gewinnen.

Ergänzend soll die Öffentlichkeitsarbeit der SPD in Oberhausen zeitgemäßer aufgestellt werden. In den sozialen Netzwerken sei man zwar präsent, diese Auftritte könnten aber viel besser werden.

Klare Konturen werden bereits den Themen-Werkstätten gegeben: So gelte es, die Neubautätigkeit in Oberhausen anzuregen und den sozialen Wohnungsbau zu fördern, damit Wohnraum bezahlbar bleibe. Mit Blick auf die Neue Mitte und das Centro stellen die Sozialdemokraten die Frage: „Wie schaffen wir den großen Wurf, um die ÖPNV-Anbindung der Neuen Mitte auf Metropolen-Niveau zu heben?“ Bei der Digitalisierung müsse die Stadtverwaltung endlich aus ihrem „Dornröschenschlaf“ erwachen und schnell ein modernes, digitales Bürgerbüro einrichten.

Vöpel mit 86,5 Prozent der Stimmen wiedergewählt

Viele weitere Detailpunkte sind in dem Neun-Seiten-Papier benannt. Unmittelbar nach den Herbstferien sollen die Themen-Werkstätten starten. „Wir wollen den Menschen Lust machen, sich bei uns zu engagieren“, sagte SPD-Parteichef Dirk Vöpel vor den 89 Delegierten des Parteitages im Saal „London“ der Stadthalle. Vöpel – seit 2013 direkt gewählter Abgeordneter des Bundestages und seit 2015 SPD-Chef in Oberhausen – wurde mit 77 Ja-Stimmen bei acht Nein-Stimmen und vier Enthaltungen wiedergewählt. Das entspricht einer Zustimmung von 86,5 Prozent. Die letzte vergleichbare Wahl auf einem SPD-Präsenzparteitag hatte es in Oberhausen im Jahr 2018 gegeben, also vor viereinhalb Jahren. Dann kam die Corona-Pandemie.

Jetzt wollen die Sozialdemokraten also entschlossen den Neustart. Dieses Gefühl prägte den gesamten Parteitag am Samstag. Und zudem richtet sich der Blick schon auf die Kommunalwahl 2025.