Oberhausen. CDU und Grüne streiten um die Energiewende. Die Grünen fordern CDU-Chef Hausmann zur Podiumsdiskussion heraus – „zum Faktencheck „Face to Face“.
Das Interview mit der früheren NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) zum Thema Atomenergie, am Samstag, 13. August, von dieser Redaktion veröffentlicht, hat innerhalb weniger Tage zu einem heftigen politischen Schlagabtausch zwischen CDU und Grünen geführt. Federführend sind dabei CDU-Chef Wilhelm Hausmann auf der einen Seite und Bärbel Höhn selbst sowie der Oberhausener Grünen-Chef Andreas Blanke auf der anderen Seite.
Im Kern geht es darum, dass Hausmann den vorübergehenden Weiterbetrieb von insgesamt noch sechs Atomanlagen in Deutschland für absolut erforderlich hält, um Strom- und andere Energiepreise nicht ins Uferlose steigen zu lassen. Dagegen argumentieren die Grünen, Kernkraft sei auch in dieser Situation eines Energie-Notstands keine Lösung: Sie sei unwirtschaftlich teuer, unsicher im Betrieb wie die Ausfälle von Atomkraftwerken in Frankreich zeigten und „eine furchtbare Bedrohung“ (Höhn).
„Wir bieten Herrn Hausmann an, sich einer ehrlichen, öffentlichen Diskussion zu stellen – ein Faktencheck quasi Face to Face. Dann sollten die Oberhausenerinnen und Oberhausener, die Interesse an einer ehrlichen Diskussion haben, selbst entscheiden können, wer für die Strompreiserhöhungen verantwortlich ist“, erklärt Andreas Blanke. „Wir Grüne organisieren das sehr gerne. Ich bin jedoch zunächst gespannt, ob sich der Kollege Hausmann der Debatte stellt oder sich weiter seine eigene Wahrheit baut.“
Wilhelm Hausmann hat unterdessen am Dienstag die Kritik der Grünen zurückgewiesen, er operiere bei seinen Aussagen zur Bedeutung der verschiedenen Energieträger mit falschen oder veralteten Zahlen. Der Oberhausener CDU-Chef bekräftigt zugleich, dass er für eine realistische Einschätzung der Möglichkeiten erneuerbarer Energie eintrete: „Die Unterstellung, ich würde gegen die Windkraft sein, ist haltlos, ich weise lediglich darauf hin, dass jede Euphorie, wir könnten damit in Kürze unseren Energiebedarf zum größten Teil decken, bei einem schwankenden Anteil von acht Prozent reine Rosstäuscherei ist. Nur um den Bedarf alleine an Öl zu ersetzen, bräuchten wir drei bis vier Mal so viele Windanlagen wie jetzt. Jeder kann sich ausrechnen, wann dieses Ziel angesichts unserer Planungsbürokratie erreichbar wäre.“
Hausmann: „Politik für eine Klientel der Besserverdienenden“
Der aktuelle Schlagabtausch zwischen Grünen und CDU ist nicht nur ein energiepolitischer, darin spiegelt sich auch die aktuelle sozialpolitische Debatte um Inflation und steigende Lebenshaltungskosten: So formulierte Hausmann, der für den eher rechten, konservativen Teil der Union steht, schon in einer ersten Stellungnahme zum Höhn-Interview: „Grüner Politik fehlt der Blick auf eine gesamtverantwortliche soziale Ausgewogenheit. Sie ist zunehmend eine Politik für eine Klientel der Besserverdienenden und Doppelverdiener. In der jetzigen Ausrichtung auf den Klimawandel ist sie wirkungslos und beruhigt nur das Gewissen hier in Deutschland.“
Starker Tobak für die Grünen, die hier letztlich als sozialpolitisch skrupellose Gutmenschen skizziert werden, die fernab gesellschaftlicher und ökonomischer Vernunft die von ihnen angestrebte teure Energiewende betreiben. Zwei Drittel der Bevölkerung wollten den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke, hält Hausmann dem entgegen.
Blanke: „Die Abteilung Propaganda der CDU hat wieder zugeschlagen“
Diese Attacke lässt unterdessen Andreas Blanke nicht ruhen, der mit ähnlich grober Klinge hantiert: „Die Abteilung ,Propaganda’ der Oberhausener CDU hat wieder zugeschlagen“, formuliert der Grüne. „Bei seiner politischen Einschätzung hat Herr Hausmann zunächst wohl vollkommen ausgeblendet, dass die CDU geführte Bundesregierung 16 Jahre die Energiewende ausgebremst hat. Wenn man die Erneuerbaren forciert hätte, müssten wir heute nicht über steigende Strompreise reden.“
Zu so einem Vorgehen passe dann auch die Behauptung, dass zwei Drittel der Menschen die Laufzeitverlängerung der derzeit noch laufenden drei Atomkraftwerke befürworteten. „Es muss nicht immer zielführend sein, wenn Politik jeder Umfrage hinterherrennt. Wenn’s an die eigene Brieftasche geht, dann wollen das natürlich viele Menschen. Das kann ich auch absolut nachvollziehen, denn nicht nur der Strom wird teurer. Im Umkehrschluss könnte man aber auch fragen, ob man zukünftig montags in der Eckkneipe immer Freibier bekommen möchte. Die Umfrageergebnisse würden wohl ähnlich ausfallen.“