Oberhausen. Bei einer Schulung in Oberhausen lernen Auszubildende der Post, wie sie reagieren sollen, wenn ein aggressiver Hund plötzlich zu ihnen rennt.
Lautes Hundegebell hallt am Mittwochvormittag über das Gelände des Post-Zustellstützpunktes an der Oberhausener Friedrich-Karl-Straße. Die zwei Schäferhunde Demy und Clip sind bereit für ihren nächsten Arbeitseinsatz und wedeln neben einem Parcours aus gelben Postkisten mit dem Schwanz. Mit den Hundetrainern Michael Pfaff und Uwe Graute zeigen sie zehn Auszubildenden der Deutschen Post den richtigen Umgang mit Hunden, wenn sie Post zustellen. So soll die Gefahr eines Hundebisses reduziert werden.
„Ihr bestimmt, wie die Paketübergabe abläuft“, erklärt Michael Pfaff den Auszubildenden aus der Region. Während am Vormittag zunächst theoretische Grundlagen besprochen werden, wie Paketboten die Körpersprache eines Hundes richtig deuten können, geht es am Mittag in die Praxis. Eine Paketzustellung an einem Gartenzaun wird simuliert, ein Freiwilliger geht unsicher auf den bellenden Hund zu und stellt das Paket in einiger Distanz auf den Boden. „Gut gemacht“, lobt Pfaff den Azubi im ersten Lehrjahr.
Tausende Hundebisse jährlich als Gefahr für Postzusteller
Jährlich kommt es bei Postzustellern deutschlandweit zu knapp 2000 Hundebissen, rund 1000 Bisse führten 2021 zu so schwerwiegenden Verletzungen, dass Zusteller zumindest für einige Tage nicht arbeiten konnten. „Nicht nur die körperlichen Verletzungen sind problematisch, sondern auch die psychischen Auswirkungen. Nach gefährlichen Begegnungen mit Hunden wirken sich diese auf den Arbeitsalltag der Postzusteller aus. Im schlimmsten Fall entwickeln die Zusteller eine so große Angst, dass sie ihren Beruf nicht weiter ausüben können“, erklärt Michael Pfaff.
Auch in Oberhausen werden Paketboten immer wieder von aggressiven Hunden angegriffen, weshalb die Hundeschulung seit 2017 fest im Ausbildungsprogramm der Deutschen Post integriert ist. Rund 30 bis 40 Lehrgänge bietet Hundetrainer Pfaff jährlich an und spricht dabei über die häufigsten Fehler im Umgang mit Hunden.
Häufiger Fehler: Bloß keine Leckerlis geben
„Bloß keine Leckerlis geben“, rät Pfaff. Würde dann später mal nicht gefüttert, könne der Hund schneller aggressiv reagieren, weil seine Erwartung nicht erfüllt wird. Zudem werde zu oft dem Hundebesitzer selbst vertraut, anstatt auf das Verhalten des Hundes zu achten. „Ihr seid nicht zur Zustellung gezwungen, wenn ihr eine Situation als gefährlich einschätzt. Schreibt euch auf, wo ihr euch unwohl gefühlt habt, und gebt das an den Vorgesetzten weiter. Bringt euch nicht in Gefahr“, appelliert der Hundetrainer.
Ein weiterer Fehler, der Pfaff nicht nur bei Postzustellern auffällt, ist, den Hund an der Hand schnüffeln zu lassen. Besser sei es, den Hund zu ignorieren oder Abstand zu halten. Sollte es tatsächlich zu Angriffen durch einen Hund kommen, rät Pfaff dazu, das Paket zur Abwehr des Bisses zu nutzen und dafür immer vor dem Körper zu halten. Auch nach der Zustellung sei es wichtig, den Hund zu beobachten, bis man sich in sicherer Entfernung befindet.
Mögliche Konfliktsituationen im Arbeitsalltag werden nachgestellt
Rund eine Stunde lang stellt der Hundetrainer mit den Tieren Demy und Clip unterschiedliche Situationen nach, die zum Alltag von Paketzustellern gehören – sei es eine flüchtige Begegnung auf dem Bürgersteig oder die Paketübergabe am Gartenzaun. Besonders die letzte Übung hat es in sich: Die Azubis bekommen ein graues Beißkissen mit zwei Griffen in die Hand gedrückt und sollen einen festen Stand einnehmen. Dann wird Hund Clip in etwa fünf Metern Entfernung von der Leine gelassen und rennt auf die jungen Postboten zu – das Tier beißt ins Kissen. „Dadurch spüren die Auszubildenden, welche Kraft ein Hund aufbringen kann.“
Julian Zimmer, der sich im zweiten Lehrjahr befindet, hat selbst bereits eine schlimme Erfahrung mit einem Hund erlebt: „Ich wollte ein Paket über den Gartenzaun reichen – und ein Hund hat dann mit voller Wucht hineingebissen.“ Durch den Workshop fühle er sich jetzt etwas sicherer und besser vorbereitet auf ähnliche Situationen. „Ich werde in Zukunft daran denken, bei einem Angriff das Paket als Schutz vor mich zu halten.“