Oberhausen. Der Erfolg des Neun-Euro-Monatstickets löst neue Wünsche aus: Grüne und Linke verlangen dauerhaft Billigtickets – oder sogar kostenlose Fahrten.

Die Unterstützung von Stoag-Geschäftsführer Werner Overkamp, Vizepräsident des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), für ein stark verbilligtes, bundesweit geltendes Nahverkehrsticket zum Preis von 69 Euro hat eine kleine politische Debatte in Oberhausen ausgelöst. So sind die Grünen und die Linken aus unterschiedlichen Überlegungen dafür, Nahverkehr finanziell attraktiv zu machen – auch über das Neun-Euro-Monatsticket hinaus. Dabei warten die Grünen sogar mit einem Gegenfinanzierungsvorschlag für den Bund auf.

Denn die kommunalen Verkehrsbetriebe wie die Stoag verlangen, dass die Finanzlücke für ein solches Billigticket vom Bund geschlossen werden muss. Nach Berechnungen des VDV würde dies den Bund zwei Milliarden Euro kosten. Einen für Nutzer vollständigen kostenlosen regionalen Nahverkehr bezifferte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) auf elf Milliarden Euro im Jahr.

Möchten bundesweit geltende Billigtickets für den Nahverkehr: Grünen-Parteichef Andreas Blanke und Grünen-Ratsherr Norbert Axt in Oberhausen.
Möchten bundesweit geltende Billigtickets für den Nahverkehr: Grünen-Parteichef Andreas Blanke und Grünen-Ratsherr Norbert Axt in Oberhausen. © FUNKE / Foto Services | Gerd Wallhorn

Der Oberhausener Grünen-Parteichef Andreas Blanke hält ein günstiges Ticket bundesweit für machbar. „Eine günstige Anschlusslösung für das Neun-Euro-Monatsticket wäre problemlos finanzierbar, wenn die Bundesregierung im Gegenzug klimaschädliche Subventionen im Verkehr streichen würden. Allein durch die Streichung des längst überholten Dienstwagenprivilegs könnte der Bund kurzfristig die erforderlichen Mittel für ein 365-Euro-Jahresticket aufbringen.“

Das Aus für das Dienstwagenprivileg würde dem Bund vier Milliarden Euro sparen. Eine solche Regelung habe einen zweifachen Vorteil: „Haushalte mit geringem Einkommen werden entlastet; dagegen geht es beim Dienstwagenprivileg um die Bevorzugung einer sehr gut verdienenden Gruppe. Zugleich werden CO2-Emissionen verhindert und so ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet.“

Linke setzen sich für komplett kostenlosen Nahverkehr in Deutschland ein

Die Oberhausener Linken stufen zwar günstige Nahverkehrstickets grundsätzlich als Schritt auf dem richtigen Weg ein, setzen sich aber weiterhin für einen komplett kostenlosen öffentlichen Nahverkehr für Nutzer ein. „Um die Dynamik der massenhaften Nutzung des ÖPNV zu halten und auszubauen, muss der ÖPNV schrittweise kostenlos werden“, schreiben die Linken in einer Pressemitteilung. Kurzfristig solle das Neun-Euro-Ticket in ein Ein-Euro-Ticket umgewandelt werden.

Setzt sich bereits seit Jahren für einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr ein: der Oberhausener Linken-Ratsfraktionschef Yusuf Karacelik.
Setzt sich bereits seit Jahren für einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr ein: der Oberhausener Linken-Ratsfraktionschef Yusuf Karacelik. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Denn selbst 69 Euro für ein Monatsticket, das bundesweit im Regionalverkehr gelten würde, hält Linken-Ratsfraktionschef Yusuf Karacelik für zu teuer. „Leider sind 69 Euro für viele Menschen mit geringem oder ohne Einkommen immer noch eindeutig zu hoch. So sind zum Beispiel im Hartz-IV-Regelsatz nur 39 Euro monatlich für Mobilität vorgesehen. Je nach Verkehrsanbindung und Taktung, die dringend verbessert werden muss, rechnen sich 69 Euro oftmals nicht auf dem täglichen Weg zur Arbeit.“ Zum Vergleich: Ein Abo-Ticket 1000 der Preisstufe C im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) kostet nach herkömmlichem Tarif normalerweise 137,92 Euro.

Doch die Investition in Kostenlos-Tickets für Busse und Bahnen reicht den Linken nicht. Darüber hinaus fordern sie einen schnellen Ausbau der Strecken und Linien, zudem benötige man mehr Personal in den Verkehrsbetrieben, um die derzeit dort Beschäftigten zu entlasten.