Oberhausen. Schüsse in einem Kopenhagener Einkaufszentrum schocken die Welt. Die Polizei will verhindern, dass es in Oberhausen zu ähnlichen Taten kommt.

Immer wieder schockierende Amoklauf-Nachrichten: Gerade erst Kopenhagen mit Todesopfern in einem Einkaufszentrum;erst im April 2022 der noch knapp verhinderte Amoklauf am Don-Bosco-Gymnasium in Essen-Borbeck. Die Polizei Oberhausen reagiert und will dem Risiko eines Amoklaufs im Stadtgebiet von Oberhausen gezielt vorbeugen. Das Projekt „PeRiskoP“ geht hier bald an den Start. Hinter der Abkürzung verbirgt sich ein komplizierter Name: die Früherkennung von Personen mit Risikopotenzial, kurz: PeRiskoP.

„Die Vorbereitungen zur Umsetzung von PeRiskoP beim Polizeipräsidium Oberhausen sind noch nicht abgeschlossen, aber das soll so schnell wie möglich geschehen“, berichtet Polizeisprecher Maik Podlech. PeRiskoP werde dem Kriminalkommissariat Kriminalprävention und Opferschutz (KK KPO) angegliedert. Zügig soll das Programm in Oberhausen vorbeugende Wirkung entfalten. Beamte werden dafür ausgewählt, zudem wird ein(e) Regierungsbeschäftigte(r) neu eingestellt.

Mit Hilfe des neuen Projektes sollen risikoträchtige Personen frühzeitig erkannt werden. Dabei geht es nicht nur um politische und religiöse Motive für einen möglichen Amoklauf; viel mehr soll das gesamte psychologische Risiko-Potenzial eines Menschen in den Blick genommen werden.

Doch werden Polizisten auf solche Personen überhaupt aufmerksam? „Natürlich gibt es mit PeRiskoP keine hundertprozentige Sicherheit, aber wir hoffen, das Risiko schwerer Gewalttaten minimieren zu können“, sagt der neue und alte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU).

Testphase mit 66 Prüffällen

Ein Beispiel zeigt, wie PeRiskoP konkret funktioniert: Im März 2021 haben die Polizeibehörden Münster, Bielefeld und Kleve das Programm getestet. Während dieser Probephase sind 66 Prüffälle bearbeitet worden. Darunter war ein junger Mann, der wiederholt Bücher zum Thema Amok ausgeliehen hatte. Im Internet hatte er zudem Amok-Taten angedroht. Im Zuge von PeRiskoP kombinierte die Polizei dann weitere Informationen über den Mann, so dass er schließlich mit Hilfe einer psychologischen Behandlung stabilisiert werden konnte. Dank PeRiskoP konnte die Polizei so die akute Gefahrenlage entschärfen.

Künftig soll Vergleichbares im Falle des Falles auch in Oberhausen passieren. Familienberatung und psychosoziale Beratungsstellen können dabei für die Fahnder wichtige Ansprechpartner sein.

In allen 47 Polizeipräsidien präsent

Nach den Amokfahrten von Münster (April 2018), Volkmarsen (Hessen, Februar 2020) und Trier (Rheinland-Pfalz, Dezember 2020) hat NRW-Innenminister Herbert Reul das Konzept zu „PeRiskoP“ ins Leben gerufen.Das Projekt zur Früherkennung von Personen mit Risikopotenzial soll in allen 47 Kreispolizeibehörden des Landes Nordrhein-Westfalens zum Einsatz kommen, heißt es im NRW-Innenministerium.

Bei der Risikobewertung geht die Polizei jeweils anhand eines Kriterienkatalogs vor: Zeigt sich eine Person zum Beispiel gewaltbereit oder begeistert von Waffen und legt zudem psychisch auffälliges Verhalten an den Tag, kann PeRiskoP eingesetzt werden. In Fallkonferenzen beraten dann Polizei und weitere Institutionen wie Schulen, Gesundheitsämter oder Psychiatrien über das Risikopotenzial und besprechen das Vorgehen. Erfahrungsgemäß machen Amokläufer in der Regel bereits vor der Tat Andeutungen – manchmal mündlich, manchmal schriftlich.

Stigmatisierung soll ausgeschlossen werden

Zugleich bewegt sich PeRiskoP in einer sensiblen juristischen Zone: Niemand darf vorverurteilt werden, niemand soll grundlos unter Verdacht geraten. PeRiskoP nimmt deshalb nicht einfach alle Menschen mit psychischen Erkrankungen oder Auffälligkeiten ins Visier. Neben den Risikofaktoren werden bei der Bewertung stets auch Schutzfaktoren und stabilisierende Aspekte im persönlichen Umfeld berücksichtigt. Eine rechtsstaatlich fragwürdige Stigmatisierung von Menschen, die bisher sich nicht rechtswidrig verhalten haben, soll nach Versprechen der Behörden ausgeschlossen werden. Denn eigentlich kann die Polizei erst konkret eingreifen, wenn eine Person wirklich straffällig wird. Doch bei Amoktaten wäre das eben zu spät.