Oberhausen. Kostüm und Hosenanzug, Krawatte und Anzug – für Oberhausener Sparkassenkaufleute waren diese Kleidungsregeln Pflicht. Nun gilt das nicht mehr.

Es mag an den zunehmenden heißen Sommern liegen, oder am allgemeinen Trend der einst so formell gekleideten Geldbranche: Die Stadtsparkasse Oberhausen ahmt anderen Geldinstituten nach – und lockert ihren Dresscode. Das gab der Vorstand in einer Pressemitteilung der Öffentlichkeit am Montag bekannt – damit sich auch niemand erschreckt, wenn Sparkassen-Kaufleute plötzlich in Polohemd und Jeans beim Kunden auftauchen.

Bisher jedenfalls galt bei jedem Kundenkontakt für Sparkassen-Beschäftigte: Der Mann trägt Anzug, Hemd und Krawatte – oder zumindest Sakko, Hemd und Schlips. Die Finanzexpertin sollte im Business-Kostüm mit Strumpfhosen, Hosenanzug oder seriösem Kleid auftreten.

Mehr Freiheiten bei der Kleidungswahl

Die neuen Bekleidungsregeln der Sparkasse geben den Teams mehr Freiheiten bei der Kleidungswahl. Mit dem guten englischen Begriff „Business Casual“ der Geschäftswelt bezeichnet der Sparkassen-Vorstand nun die neuen Vorschriften – er soll den über 530 Bankkaufleuten „eine modische, moderne und adrette Kleidungsweise“ ermöglichen (O-Ton Sparkasse), ohne den klassischen Anzug komplett in den Kleiderschrank zu verbannen. „Durch die neue Kleiderordnung ermöglichen wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ihre eigene Persönlichkeit und Individualität stärker zu betonen“, gibt Vorstandsvize Thomas Gäng als Stoßrichtung an.

Lässig-locker mit Sacko, Jeans und ohne Krawatte: So neu sieht der Vorstand der Stadtsparkasse Oberhausen im Juni 2022 aus: Oliver Mebus, Vorstandssvorsitzender (Mitte), und sein Vorstandsvize Thomas Gäng. Links neben Mebus: Personalratsvorsitzender Thomas Zimmermann.
Lässig-locker mit Sacko, Jeans und ohne Krawatte: So neu sieht der Vorstand der Stadtsparkasse Oberhausen im Juni 2022 aus: Oliver Mebus, Vorstandssvorsitzender (Mitte), und sein Vorstandsvize Thomas Gäng. Links neben Mebus: Personalratsvorsitzender Thomas Zimmermann. © Stadtsparkasse Oberhausen | Stadtsparkasse Oberhausen

Anarchie herrscht bei der Sparkasse natürlich auch künftig nicht, die Kleidung soll schon zu der jeweiligen Beratungssituation passen, das Gesamtbild soll stimmig sein – fleckiges T-Shirt mit AC/DC-Aufdruck, Kapuzenpulli („Hoodie“) und kurze Hose sind auch weiter nicht erlaubt. Der klassische Anzug darf ohne Krawatte getragen werden, gepflegte Jeans und Chinohosen bieten Alternativen. Zum unorthodoxen Start-up-Unternehmen wird die fast 160 Jahre alte Sparkasse der Stadt also nicht.

„Wir sind eine moderne Sparkasse und ein attraktiver Arbeitgeber – auch unsere Kleidung muss und darf mit der Zeit gehen“, erläutert Sparkassen-Vorstandsvorsitzender Oliver Mebus die Neuerung. „Vor allem von unseren jüngeren Mitarbeitenden kam zuletzt immer häufiger der Wunsch nach einer moderneren Arbeitskleidung. Dem kommen wir jetzt nach und erweitern unseren klassischen Business-Look um neue modische Möglichkeiten. Damit zeigen wir auch unseren Nachwuchskräften: Ihr passt zu uns und wir zu euch.“

Vorstand bisher formal korrekt mit Anzug und Krawatte

Mebus’ Vorstandskollege Thomas Gäng, bisher stets formal korrekt mit Anzug und Schlips angezogen, gibt bei aller Lockerungseuphorie einen versteckten Hinweis an die Belegschaft, auf die Krawatte nicht immer und überall zu verzichten: „Die Krawatte gehört künftig zwar nicht mehr zur Standardausstattung, bleibt aber für besondere Anlässe immer griffbereit.“

Noch Anfang 2020 hat sich der zweiköpfige Vorstand der Stadtsparkasse strikt dagegen gewehrt, Krawatte und Kostüm im Alltag wegzuschließen: „In unseren Gesprächen mit Mitarbeitern stellen wir überwiegend fest, dass viele, gerade auch jüngere Leute, nicht auf die Krawatte verzichten wollen“, meinte Mebus damals. Offenbar sehen dies die nachfolgenden Generationen, die eine Bankkarriere anstreben, anders – und die Chefs reagierten.

Damit aber nicht alles aus dem Ruder läuft, haben die Oberhausener Beschäftigten der Sparkasse eine digitale Broschüre erhalten – mit den Regeln des neuen Kleidungsstils. Darin stehen alle „Dos“ und „Don’ts“ zum neuen Dresscode, versichert die Bank.

Bereits 2016 hatte die Sparkasse Hamburg den Trend zu lockeren Kleidervorschriften im Bankwesen öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute eingeleitet. Man wollte so mehr Kundennähe erreichen. 2020 zogen nach den Sparkassen in Neuss, Essen und Dortmund auch die Bottroper Sparkassenleute nach. Deren Begründung damals: Das Verständnis der Kunden vom Auftritt der Geldberater habe sich geändert. „Sie wollen einen Menschen auf Augenhöhe treffen, empfinden einen formellen Kleidungsstil als abgrenzend und antiquiert.“