Oberhausen. Kann sich die Sparkasse Oberhausen dem Zeitgeist widersetzen? Viele Geldinstitute haben bereits ihre strengen Kleiderregeln für Banker gelockert.

Beraten die Finanzkaufleute der Stadtsparkasse Oberhausen künftig in Schlabberpulli, Jeans und Wollmütze? Die strikten Kleiderordnungen der Geldinstitute in der Region – für Männer Schlips und Sakko, für Frauen Kostüm und Strumpfhosen oder Hosenanzug – sind jedenfalls seit drei Jahren auf dem Rückzug.

Sehen auch ohne Krawatte noch recht seriös aus: Vorstandsvorsitzender Thomas Schmidt und Vorstandsmitglied Burkhard Klanten (von links) von der Sparkasse Bottrop.
Sehen auch ohne Krawatte noch recht seriös aus: Vorstandsvorsitzender Thomas Schmidt und Vorstandsmitglied Burkhard Klanten (von links) von der Sparkasse Bottrop. © Sparkasse Bottrop | Sparkasse Bottrop

Nach den Sparkassen in Neuss, Essen und Dortmund hat nun auch die Sparkasse in der Oberhausener Nachbarstadt Bottrop entschieden, dass die Bankkaufleute ihre Krawatten wegwerfen dürfen. Zum Jahresauftakt führte der zweiköpfige Vorstand einen neuen Kleidungsstil unter dem Titel „Business Casual“ ein. „Damit wollen wir allen den Freiraum geben, sich zeitgemäßer und typgerechter zu kleiden“, begründen Thomas Schmidt und Burkhard Klanten die neuen Freiheiten – und zeigten sich selbst zwar mit offenem Hemdkragen, allerdings mit hellem Hemd und dunklem Anzug nicht besonders gewagt. Erlaubt sind in Bottrop auch Chino-Hosen und Jeans in dunklen Farben.

Geänderte Verständnis der Kunden

Hauptgrund des Trends ist ein geändertes Verständnis der Kunden vom Auftritt der Geldberater: Sie wollen einen Menschen auf Augenhöhe treffen, empfinden einen formellen Kleidungsstil als „abgrenzend und antiquiert“. Die unsichtbaren Mauern zwischen Geldfachmann und Normalbürgern sollen eingerissen werden, um Schwellenängste von Kunden zu minimieren – und das Potenzial von Geschäften zu erhöhen.

Der Wind der modischen Freiheit ist bisher allerdings noch nicht durch die Filialhallen der Stadtsparkasse Oberhausen geweht. Zwar gibt es keine schriftlich festgelegte Kleiderordnung, doch für alle 530 Mitarbeiter ist klar: Die Männer tragen Anzug und Krawatte, die Frauen Kostüm, Hosenanzug oder Bluse mit Anzughose – also die klassische banktypische Kleidung.

Nur im Sommer vereinzelt auch ohne Krawatte

Auch nach dem Abgang des erfahrenen Sparkassenvorstandsvorsitzenden Bernhard Uppenkamp, eher ein Traditionalist, will das größte Geldinstitut am Ort keine modischen Stil-Änderungen vornehmen. „In unseren Gesprächen mit Mitarbeitern stellen wir überwiegend fest, dass viele, gerade auch jüngere Leute, nicht auf die Krawatte verzichten wollen“, erläutert Stadtsparkassen-Vorstandsvorsitzender Oliver Mebus die harte Linie.

Kunden reagieren relativ gelassen

Bereits 2016 hatte die Sparkasse Hamburg den Trend zu lockeren Kleidervorschriften im Bankwesen eingeleitet. Man wollte so mehr Kundennähe erreichen.

Bisher reagieren die Kunden auf die Änderung relativ gelassen – das ist zumindest die Erfahrung der Sparkasse Essen. Die Kunden haben sich danach an den neuen Look schnell gewöhnt. Keine einzige negative Reaktion habe es gegeben: „Die Kunden empfinden das wohl so, dass wir ihnen auf Augenhöhe begegnen“, sagt Sparkassen-Sprecher Volker Schleede.

Von dieser dürfen die Berater nur abweichen, wenn der Klimawandel sich mehr als intensiv spürbar macht. „An besonders heißen Sommertagen stellen wir unseren Mitarbeitenden in Abstimmung mit ihren Führungskräften frei, sich den hohen Temperaturen entsprechend angemessen zu kleiden. Da wird dann im Einzelfall auch mal auf die Krawatte verzichtet“, erklärt Vorstandsmitglied Thomas Gäng.

Vorsichtige Gangart bei der Sparkasse Oberhausen

Die vorsichtige Gangart des seit April 2019 amtierenden Oberhausener Vorstandes ist vielleicht auch deshalb geboten, weil die Sparkasse Essen mit ihrem Erneuerungsdrang offenbar einen Schritt zu weit gegangen ist. Bereits 2017 hatte das Kreditinstitut zunächst testweise den „Casual Friday“ eingeführt, der am Freitag weniger formelle Kleidung erlaubt. „Jetzt haben wir diesen Dresscode auf Montag bis Freitag ausgedehnt, zunächst testweise für ein Jahr“, sagte der Essener Sparkassen-Sprecher Volker Schleede im Februar 2019.

Auch interessant

Herren können seither alternativ zum Anzug auch Sakko-Hose-Kombinationen wählen. Hochwertige Jeans und Stoffhosen wie Chinos sind für beide Geschlechter erlaubt. Die Damen dürfen halboffene Schuhe wie Sandaletten tragen und auf Strumpfhosen verzichten, Herren dürfen die Ärmel ihrer Hemden hochkrempeln.

Der Essener Sparkassen-Sprecher Volker Schleede musste sich nach eigenen Angaben erst einmal daran gewöhnen, ohne Schlips durch die Zentrale der Sparkasse in der Essener Innenstadt zu wandeln.
Der Essener Sparkassen-Sprecher Volker Schleede musste sich nach eigenen Angaben erst einmal daran gewöhnen, ohne Schlips durch die Zentrale der Sparkasse in der Essener Innenstadt zu wandeln. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Verboten blieben allerdings weiterhin allzu lockere Freizeitkleidung: Löchrige Jeans, Flipflops, Spaghetti-Träger, kurze Hosen, sichtbare Tattoos, Piercings und „viele Ohrlöcher“ sind tabu. Gleiches gilt für starkes Make-up, auffällige Fingernägel, Turn- oder Hausschuhe und „Kopfbedeckungen jeglicher Art“.

Immer gewagtere Kleidung

Dennoch haben offenbar zu viele Essener Sparkassenmitarbeiter mit Spaß immer gewagtere Kleidungsvarianten ausprobiert, vor allem ging es bei den beliebten Jeans drunter und drüber. Eine Abgrenzung fiel schwer, deshalb bleibt die Essener Sparkasse nach dem Probejahr zwar bei den gelockerten Kleidervorschriften, verbietet allerdings wieder grundsätzlich Jeans, ob dunkel, löchrig oder hell. Der eigens einberufene Qualitätszirkel entschied: Business-Kleidung muss erkennbar sein, die Jeans gehört nicht dazu.