Oberhausen. 65 neue Wohnungen entstehen in Oberhausen-Klosterhardt, angeblich äußerst umweltgerecht. Doch wie klimafreundlich wird hier wirklich gebaut?
Der Abriss der ehemaligen Albert-Schweitzer-Hauptschule am Tackenberg in Oberhausen ist fast beendet. Was an ihrer Stelle entstehen soll, hat der Stadtrat entschieden: sieben Mehrfamilienhäuser mit 65 Wohnungen in je drei bis vier Geschossen. Sie schaffen dringend benötigten Wohnraum. Und dieser soll möglichst klimafreundlich entstehen. Doch der Blick in den Bebauungsplan zeigt: ein echtes Vorzeigeprojekt für den Klima- und Umweltschutz sind die neuen Wohnhäuser nicht.
+++ Sie wollen keine Nachrichten aus Oberhausen verpassen? Dann können Sie hier unseren abendlichen und kostenlosen Newsletter abonnieren! +++
Im "Vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 34 Elpenbachstraße/Schwarzwaldstraße" sind die Bestimmungen geregelt, was und wie auf dem knapp 11.000 Quadratmeter großen Gelände der ehemaligen Hauptschule gebaut werden soll. Damit hat das Rathaus die Chance genutzt, ein baufälliges Schulgebäude, das seit 2017 leer stand, loszuwerden und das Gelände an eine Baufirma zu verkaufen. Die baut darauf 36 Eigentums- und 24 Sozialwohnungen sowie fünf Wohnungen für generationenübergreifendes Wohnen.
Dank begrünter Dächer: Eingriffsbilanz fällt positiv aus
Um Freiflächen zu schützen, gilt bereits seit Jahren: Neue Wohnungen sollen nach Möglichkeit auf bereits versiegelten Flächen entstehen; sie sollen Lücken in der Stadt füllen statt Freiflächen zu opfern. Das wird am Tackenberg erfüllt.
Die Eingriffsbilanz fällt ebenfalls positiv aus: Waren bisher durch Schulgebäude und -hof fast 6000 Quadratmeter bebaut, sind es künftig nur noch 3007 Quadratmeter. Das liegt daran, dass bis zu 80 Prozent der Flachdächer der neuen Gebäude begrünt werden - die versiegelte Fläche verringert sich dadurch erheblich. Insgesamt ergibt sich eine höhere biologische Wertigkeit als früher. Und das, obwohl bis zu 70 Prozent des Geländes überbaut werden: 40 Prozent mit Gebäuden und 30 Prozent mit Zufahrten, Plätzen und Wegen.
Zwei von drei Bäumen müssen verschwinden
Negativ fällt ins Gewicht: Von einstmals 81 Bäumen auf dem Gelände können nur 28 erhalten werden, 53 müssen gefällt werden. 32 dieser Bäume fallen unter die Baumschutzsatzung, haben also mehr als 80 Zentimeter Stammumfang. Dafür werden 54 Ersatzbäume gepflanzt. Weil am Tackenberg dafür der Platz nicht reicht, werden zunächst 16 Jungbäume in Sterkrade gepflanzt. Aber es gibt noch keine Bestimmung, diesen Verlust vollständig durch Ersatzpflanzungen auszugleichen. Immerhin bindet ein Altbaum ein Vielfaches an Kohlendioxid gegenüber einem Jungbaum.
Die Versorgung der Häuser am Tackenberg mit Wärme und Strom soll ein Blockheizkraftwerk der Energieversorgung Oberhausen (EVO) übernehmen. Wie dieses angetrieben wird, geht aus den Unterlagen zwar nicht hervor, doch auf Nachfrage versichert die EVO, das Heizkraftwerk mit Erdgas betreiben zu wollen. Als Alternative zum Blockheizkraftwerk dürfen nach den Plänen elektrische Luft-Wärme-Pumpen eingesetzt werden, die der Luft Heizwärme entziehen. Sie wären allerdings nur dann klimafreundlich, wenn sie mit Ökostrom betrieben würden.
Solarzellen sind nicht vorgeschrieben
Die begrünten Dächer sind dafür geeignet, mit Solaranlagen ausgestattet zu werden. Vorgeschrieben ist das aber nicht. So verfügt das Neubaugebiet aus Sicht der Planer auch nur über eine „aus Klimaschutzsicht ausreichende Energieversorgung“.
Die Planer setzen vor allem darauf, dass die Häuser weniger als die Hälfte der Heizenergie heute üblicher Gebäude (KfW-55-Standard) verbrauchen. Dieses Niveau gilt aber mittlerweile als Standard - nicht mehr als besonders fortschrittlich. Ein Pluspunkt ist aber, dass es sich um Mehrfamilienhäuser handelt. Viel mehr Heizenergie würden frei stehende Einfamilienhäuser benötigen.
Zwei Tiefgaragen benötigen viel Beton
Nicht als umweltfreundlich wird bewertet, dass für zwei Tiefgaragen mit 42 Stellplätzen plus Abstellplätzen für Fahrräder sehr viel Beton benötigt wird. Die Herstellung von Zement ist sehr klimaschädlich. Aber anders lassen sich die vorgeschriebenen 65 Pkw-Stellplätze nicht nachweisen. Dafür müsste kleiner gebaut werden. Hinzu kommen aber 130 Fahrradabstellplätze, meist abschließbar, für die teuren Elektrofahrräder.
Dafür kann fast das gesamte Regenwasser vom künftigen Neubaugebiet zur Entlastung der Kanäle und zur Verdunstung vor Ort versickern. Gärten, begrünte Tiefgaragen und Fassaden zwischen den Blocks sollen den Aufenthalt angenehm machen.
Lärmgrenzwerte nur leicht überschritten
Das Neubaugebiet verursacht laut Gutachten 152 Autofahrten pro Werktag. Das führt rechnerisch zu einem höheren durchschnittlichen Lärmpegel von einem Dezibel. Nun werden in dem Viertel schon heute die Grenzwerte von 59 dB(A) tagsüber und 49 dB(A) nachts nur teilweise eingehalten. Zur Elpenbachstraße hin sind es tagsüber 59,5 dB(A). Deshalb müssen die neuen Wohnungen auch Schalldämmung erhalten. Das Ziel: Nicht mehr als im Schnitt 25 dB(A) in Schlafzimmern bei geschlossenen Fenstern.
Die vergeblichen Einwände der Nachbarn
Nachbarn störten sich in ihren Einwänden vor allem an der Höhe der Neubauten: Sie seien zu hoch geplant. Die Schule lag in einer Kuhle. Diese Vertiefung wird immerhin um drei Meter aufgefüllt. Die viergeschossigen Neubauten werden so nur acht Zentimeter höher ausfallen als die früheren Schulgebäude. Nicht mitgerechnet sind dabei allerdings 1,40 Meter zusätzliche Höhe der Solarzellen auf dem Dach.