Oberhausen. Immer mehr Hauseigentümer und Mieter möchten mit Solaranlagen selbstständig Strom produzieren. Doch es stockt bei Energieversorgern wie der EVO.

Wenn man dem Vertriebsleiter des örtlichen Marktführers beim Strom- und Gasverkauf zuhört, dann strotzt die Energieversorgung Oberhausen (EVO) nur so von Kompetenz, Verlässlichkeit und Beratungsexpertise, in die Bürger großes Vertrauen haben. „Wir wollen die Energiewende vor Ort vorantreiben“, versichert Gregor Sieveneck kürzlich beim Start von „Innovation City“ in Alstaden.

Tatsächlich beraten zwar Fachleute der EVO im „Innovation City“-Gebiet Osterfeld/Vondern bereits seit zwei Jahren eifrig Hauseigentümer, welches die beste Möglichkeit ist, Wärme und Strom selbst zu erzeugen. Das erfolgt nun auch in Alstaden – hier setzt man auf den Einbau von Solaranlagen auf über 1700 Dächern. In der Praxis jedoch hakt die Energiewende schon seit längerer Zeit gerade beim Energieversorger EVO und ihrer Netzgesellschaft.

Bürger: Habe sechs Monate für die Genehmigung bei der EVO benötigt

Redet man mit Bürgern und liest die Fallbeschreibungen von Menschen, die Solartechnik installieren wollen, dann hört sich die Realität so an: „Ich habe als Energie- und EDV-Fachkraft sechs Monate benötigt, die Anlagen dort durchzubekommen, weil denen immer etwas Neues eingefallen ist. So bekommt man die Energiewende nie hin“, beschwert sich Florian in der Beek auf Facebook über die Bürokratie bei Anmeldungen von Anlagen zwischen 0,6 und 10 KW. Jens Adam pflichtet ihm bei: „So sieht es aus.“

Denn jedes betriebene Solarmodul muss erst einmal aufwendig genehmigt werden. Dabei werden selbst einfache Balkonkraftwerke (BKW), also Solarplatten zum Aufhängen, nach den bundesdeutschen Vorschriften offenbar so behandelt, also würde man gleich ein ganzes Atomkraftwerk betreiben wollen. So schreibt Laurens Stötzel: „Es wäre gut, wenn die EVO bzw. OB-Netz die BKW-Anmeldungen mal schneller bearbeiten würden. Ich habe bei den standardisierten Anlagen wenig Verständnis dafür, dass die Anmeldung nun fast zwei Monate in Bearbeitung ist.“

Schon vor einem Jahr haben wir Bürger-Beschwerden aufgegriffen. Die EVO entschuldigte die schleichende Bearbeitung mit Personalmangel, gesetzlichen Anforderungen, fehlenden Papieren der privaten Solaranlagenbetreiber – und einem überraschenden Ansturm von Antragstellern.

Die Zentrale der Energieversorgung Oberhausen (EVO) an der Danziger Straße am Rande der Oberhausener Innenstadt
Die Zentrale der Energieversorgung Oberhausen (EVO) an der Danziger Straße am Rande der Oberhausener Innenstadt © FUNKE / Foto Services | Gerd Wallhorn

Ein Jahr später zeigen sich die EVO-Fachleute immer noch erstaunt darüber, dass so viele Bürger willens sind, mit Solaranlagen sauberen Strom zu produzieren. Weil der von EVO-Chef Hartmut Gieske immer wieder prognostizierte Trend, Elektrizität drohe zum Luxusgut zu werden, tatsächlich eingetreten ist, wollen mehr Bürger durch Solaranlagen unabhängiger von Großanbietern werden – auch Mieter. Die Nachfrage nach der Genehmigung von Balkonanlagen und Mini-PV-Anlagen steigt und steigt – und die EVO-Beschäftigten schwitzen und schwitzen.

EVO: Die Flut an Genehmigungsanträgen für Photovoltaik-Anlagen reißt nicht ab

„Die Flut ebbt nicht ab. Deshalb kam es hier zu Wartezeiten von bis zu mehreren Monaten“, räumt die EVO-Pressestelle ein. „Bei den Anlagen, die dieses Jahr angefragt wurden, erhielten die Kunden aber im Schnitt nach 37 Tagen ihre Einspeisezusage. Dabei macht es de facto wenig Unterschied, ob es sich um steckerfertige Balkonkraftwerke (BKW) oder um eine größere Photovoltaik-Anlage handelt.“ 37 Arbeitstage bedeuten allerdings immer noch zwei Monate Wartezeit. Aktuell liege man aber bei einer Bearbeitungszeit von nur einer Woche.

Trendwende bei Solaranlagen

Trotz aller Probleme und Wartezeiten für Bürger hat die Energieversorgung Oberhausen (EVO) und die Oberhausener Netzgesellschaft allein in diesem Jahr über 70 Solaranlagen in Betrieb genommen und rund 130 Einspeisezusagen erstellt. Bei 90 Anlagen steht die Inbetriebnahme noch aus.

Im vergangenen Jahr waren es bis zum Sommer dagegen nur rund 40 Anlagen, die in Betrieb genommen werden konnten, und man erteilte rund 40 Einspeisezusagen. Das ist eine echte Trendwende: Noch vor ein paar Jahren hat die Netzgesellschaft nur einen jährlichen Zuwachs von 50 Stück an neuen Solaranlagen verzeichnet.

Und wer hat Schuld, dass es so lange so sehr gestockt hat? Nun, die EVO gibt immerhin zu, dass sie hier immer noch zu wenig Personal beschäftigt hat, dieses wird jetzt aufgestockt, um Spitzen abzufedern. Aber Schuld habe auch der Gesetzgeber. „Die Prozesse zur Einspeisung eigener PV-Anlagen sind durch die Gesetze nach wie vor komplex. Die Anforderungen an Unterlagen sind für Installateure und Betreiber sehr umfassend, so dass sich dort nur wenige Stellschrauben zur Beschleunigung des Verfahrens bieten.“

Gleichwohl machen die Marketingfachleute der EVO Hoffnung auf Besserung: In Zukunft soll der Antragsprozess einfacher werden – ein neues Einspeiseportal im Internet unterstützt dann Installateure und Anlagenbetreiber vom Antrag bis zur Inbetriebnahme.