Oberhausen. Der Einsatz oberster Oberhausener Katholiken für den Fortbestand des Infoverbots bei Abtreibungen entsetzt viele Frauen. Es hagelt Kritik.
Empört haben Leserinnen, Politikerinnen und Vertreter von Organisationen auf das offizielle Schreiben der obersten Oberhausener Katholikenvertreter zum geplanten Ende des Abtreibungs-Werbeparagrafen 219a im Strafgesetzbuch reagiert. Sie sehen das Selbstbestimmungsrecht der Frauen von der katholischen Kirche angegriffen – und finden deren Meinungsäußerung „übergriffig“.
Die Gesetzesregelung verbietet „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“. Als „Werbung“ gilt dabei auch, wenn Ärzte über Methoden informieren, die sie zur Abtreibung anbieten. Die Ampelkoalition will den Paragrafen ersatzlos streichen – dagegen hatten der neue Oberhausener Stadtdechant André Müller und der Katholikenratsvorsitzende Thomas Gäng in einem Schreiben an den einzigen Oberhausener Bundestagsabgeordneten Dirk Vöpel (SPD) protestiert. „Wir befürchten, dass es das eigentliche Ziel ist, Abtreibung als normale Methode der Familienplanung, als Gesundheitsleistung wie alle anderen, einzustufen.“ Das Recht auf Selbstbestimmung der Frau, so heißt es in dem Brief, müsse hier eine Grenze finden, da es um das Leben eines anderen Menschen gehe.
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Lesen Sie hier den Bericht über die offizielle Stellungnahme der Oberhausener katholische Stadtkirche zur geplanten Abschaffung des Paragrafen 219a: So argumentiert die Katholische Kirche für Paragraf 219a
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Britta Costecki (SPD), Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Oberhausen, berichtet von vielen Anrufen in ihrem Büro, bei denen sich Frauen über die Stellungnahme der katholischen Stadtkirche beschwerten. Sie will mit Vertretern der Frauenberatungsstelle, des Frauenhauses, von Pro Familia und der Evangelischen Jugend offiziell ihre Argumentation am Montag der Öffentlichkeit schildern.
Linken-Gleichstellungspolitikerin Stefanie Wehling reagiert entsetzt: „Ich habe mich gefragt, in welchem Jahrhundert ich mich befinde. Dass zwei ältere Herren der katholischen Kirche mir in einem Brief die Selbstbestimmung und die Entscheidung über meinen Körper nehmen wollen, so als wäre das selbstverständlich, hat mich kurz sprachlos gemacht. Das ist eine durch und durch rückwärtsgewandte patriarchale Denkweise.“ Die Linken würden für die körperliche und sexuelle Selbstbestimmung von Frauen und queeren Menschen eintreten – inklusive umfassender Aufklärung, Zugang zu Verhütungsmitteln und die freie Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch.
SPD: Peinlich und frauenfeindlich
Die Oberhausener SPD-Ratsfrau Claudia Salwik ist tief verärgert: „Der Verdacht, der Schwangerschaftsabbruch solle als ,normale Methode der Familienplanung’ etabliert werden, ist an Peinlichkeit und Frauenfeindlichkeit kaum zu unterbieten. Mir ist absolut unverständlich, was diese Männer daran hindert zu begreifen, dass das Werbeverbot in erster Linie ein Informations- und Aufklärungsverbot darstellt. Dieses erschwert Schwangeren und Paaren den Zugang zu Informationen, die eine individuell gute und richtige Entscheidung überhaupt erst möglich machen.“
Mehrere Leserinnenbriefe erreichten die Redaktion, die in der Zeitung in den nächsten Tagen ausführlich veröffentlicht werden. So schreibt beispielsweise die Oberhausener Katholikin Heike Witter: „Keine Frau unterzieht sich einem operativen, schmerzhaften Eingriff leichtfertig und nutzt ihn schon gar nicht als regelmäßige Methode der Empfängnisverhütung. So viel Recht auf Selbstbestimmung muss die katholische Kirche uns Frauen schon zutrauen!“
Gudrun Köppe ist der Auffassung, dass die katholische Kirche insgesamt scheinheilig agiert und formuliert: „Frauen haben das Recht, über ihren Körper selbst zu bestimmen.“ Melanie Bergmann empört sich, dass „ausgerechnet Männer (und Priester, die im Zölibat leben!), sich allen Ernstes berechtigt fühlen, die Selbstbestimmung der Frauen auch weiterhin begrenzen zu dürfen“.
Stellungnahme der katholischen Kirche zu Paragraf 219a macht tief betroffen
Tief betroffen hat die Stellungnahme der katholischen Kirche Irmtraud Köster nach eigenem Bekunden gemacht: „Um selbstbestimmte und bewusste Entscheidungen zu treffen, braucht es Informationen! Das Bewusstsein der allermeisten Frauen für den Wert des ungeborenen Lebens ist nicht an juristische Zwänge und Informationszurückhaltung gebunden. Keine Frau bricht eine Schwangerschaft einfach mal so ab.“
Und Heike Schüürmann überlegt nach diesem Brief der obersten Vertreter der Katholiken in Oberhausen gar, aus der Kirche auszutreten: „Ich finde es frech und übergriffig gegenüber Andersgläubigen und Andersdenkenden in einem säkularen Staat, dies als allgemeingültig einzufordern. Ich vermisse Respekt gegenüber Andersdenkenden.“