Oberhausen. Oberhausener erhalten unabhängig voneinander bei Selbsttests daheim positive Ergebnisse, aber in Testzentren nur negative. Wie kann das sein?

Zu Hause fällt der Corona-Schnelltest positiv aus, doch eine Überprüfung in etlichen Testzentren im Stadtgebiet ergibt stets ein negatives Ergebnis: Gleich zwei Oberhausener Familien machten diese Erfahrung jetzt unabhängig voneinander. Ihr Verdacht: „Viele Tests in den Zentren taugen nichts.“ Schlimmer noch: „Die Zahl der Infizierten in Oberhausen dürfte durch unzählige falsch negative Tests in Wahrheit deutlich höher liegen.“ Kann das sein? Tatsächlich ergab die jüngste Begutachtung der aktuellen Schnelltests durch das für die Arzneimittelsicherheit zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI): 46 Produkte konnten die Standards nicht erfüllen.

Melanie, die ihren Nachnamen hier nicht lesen möchte, erzählt: „Ich bin dreifach geimpft, meine Auffrischungsimpfung habe ich im Dezember erhalten.“ Am Wochenende sei sie mit heftigen Rückenschmerzen aufgewacht. Auch ihrer fünfjährigen Tochter sei es nicht gut gegangen. Die Corona-Tests, die sie auf Anweisung der Kita regelmäßig zu Hause gemacht hatte, seien stets negativ ausgefallen.

„Am Sonntag führten wir den obligatorischen Test vor dem Kita- und Grundschulstart der Kinder durch.“ Überrascht stellte Melanie fest: „Mein Teststreifen zeigte zwei Balken an, fiel also positiv aus, die der anderen negativ.“ Sicherheitshalber machte die Oberhausenerin drei Tests hintereinander. „Alle von anderen Herstellern – mit positivem Ergebnis.“

Corona-Hotline der Stadt eingeschaltet

Die 42-Jährige fuhr zu einem offiziellen Testzentrum in Oberhausen. „Der Schnelltest im Zentrum an der Wehrstraße fiel negativ aus.“ Verunsichert beschloss sie, dieses Ergebnis durch einen weiteren Schnelltest an der Vestischen Straße überprüfen zu lassen. „Auch der war negativ.“ Wieder daheim führte Melanie einen vierten Selbsttest durch. Das Ergebnis: „Positiv.“

Montagfrüh suchte die Oberhausenerin ein drittes Testzentrum auf, diesmal an der Straßburger Straße. Das Resultat dort: „Negativ.“ Doch da gleich im Anschluss daheim auch ein fünfter Selbsttest die Diagnose „positiv“ ergab, wandte sich die ratlose Mutter an die Corona-Hotline der Stadt. Eine Mitarbeiterin empfahl das DRK-Testzentrum am Centro. „Tatsächlich fiel dort auch der Schnelltest nun erstmals positiv aus. Ein an gleicher Stelle durchgeführter PCR-Test bestätigte das Ergebnis.“ Inzwischen steht fest: Nicht nur Melanie ist infiziert, sondern auch ihr Lebensgefährte sowie alle vier Kinder.

Mit einem ähnlichen Fall wandte sich fast zeitgleich ein 46-jähriger Pädagoge aus Oberhausen an diese Redaktion. Auch er möchte anonym bleiben. „Wir haben eine total irre Odyssee von vier Stunden hinter uns“, erzählt er. Seine Freundin ist Krankenschwester und war am Wochenende aus München angereist. „Da wir abends ausgehen wollten, machten wir einen Selbsttest.“ Sein Test fiel negativ aus, ihrer jedoch positiv. Das Paar suchte ein erstes Testzentrum auf: Der Schnelltest war negativ. Weitere in unterschiedlichen Testzentren folgten. „Allesamt negativ, deshalb wurde ihr überall ja auch ein kostenloser PCR-Test verweigert.“

Insgesamt vier zusätzliche Selbsttests zu Hause aber zeigten stets positive Testergebnisse. Entnervt sei seine Freundin dann mit dem Zug wieder zurück nach München gefahren. „In Bayern gelten andere Regelungen, als Krankenschwester konnte sie dort auch ohne einen vorherigen positiven Schnelltest im Zentrum am Bahnhof problemlos einen PCR-Test machen lassen.“ Nur zehn Stunden später habe das Ergebnis bereits vorgelegen: „Positiv.“

Nicht nur der Pädagoge fragt sich nun: „Wie sicher sind unsere Testzentren überhaupt, wer überprüft diese Stationen und warum wird die Omikronvariante dort von den Tests nicht erkannt?“ Sein Verdacht: „Da werden möglicherweise einerseits Leistungen bezahlt, aber nicht erbracht, und andererseits könnten sehr viele vermeintlich corona-negative Menschen in Wahrheit hochansteckend sein.“

Dienstleister und Bezirksregierung überprüfen die Teststellen regelmäßig

Stadtsprecher Frank Helling betont: „Wöchentlich werden in Oberhausen gleich mehrere Teststellen überprüft – auch an den Wochenenden.“ Diese Überprüfungen würde ein externer Dienstleister übernehmen. „Die Begehungen finden zum größten Teil gemeinsam mit der Bezirksregierung Düsseldorf statt, die ja für die Medizinprodukte zuständig ist.“ Jeder Beschwerde würde nachgegangen.

Paul-Ehrlich-Institut erarbeitet weitere Liste

Hunderte von verschiedenen Corona-Testprodukten machen es schwierig, die richtige Wahl zu treffen. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), das in Deutschland für die Sicherheit von Arzneimitteln und Impfstoffen zuständig ist, hat die Ergebnisse einer Überprüfung dieser Tests veröffentlicht.

46 Tests fielen danach durch. Allerdings beziehen sich diese Daten noch auf die Delta-Variante. Doch das Institut hat nun noch für diesen Februar, wie t-online berichtet, eine neue auf Omikron abgestimmte Positivliste angekündigt.

Doch warum wurde der PCR-Test verweigert? „In Abstimmung mit dem Gesundheitsamt erhält man nur einen PCR-Test, wenn der Schnelltest in der Teststelle positiv ausgefallen ist“, erläutert Martin Götzke vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) Oberhausen. Seit dem 31. Januar habe dieses Angebot zur Entlastung der Labore weiter eingeschränkt werden müssen – und würde seitdem nur noch in Ausnahmefällen angeboten. „Generell reicht ein Schnelltest von einer offiziellen Teststelle aber auch aus.“ Denn die seien sehr wohl in der Lage, treffsichere Ergebnisse zu liefern. „Allerdings können zuvor eingenommene Speisen bei Speichel- und Rachentests auch zu falschen Ergebnissen führen.“ Nasentropfen oder Schnupfen könnten die tiefen Nasenabstriche ebenfalls beeinflussen. Berücksichtigen sollte man auch: „Bei einem Schnelltest ist erst eine hohe Virenlast nötig, damit er positiv ausfällt.“

Für die beiden betroffenen Oberhausener klingt das nicht nur unlogisch, sondern eher nach einer Kapitulation vor knappen PCR-Testkapazitäten angesichts der Omikron-Welle. Eine sinnvolle Teststrategie zur Verhinderung weiterer Ansteckungen sehe jedenfalls anders aus.