Oberhausen. Kostenfreie Periodenartikel auf Schultoiletten – ein Beschluss aus Oberhausen, der erfreut. Doch da hört die Aufgabe der Politik nicht auf.
Das war längst überfällig – da sind sich die meisten Menschen wohl einig, wenn es um kostenlose Menstruationsartikel geht. Dass der Beschluss der Stadt, diese künftig kostenfrei und diskret an allen weiterführenden Oberhausener Schulen bereitzustellen, teils auf Gegenwind trifft, überrascht. Denn: Besonders in ihrer frühen Jugend sind sich junge Erwachsene noch immer unsicher, was da eigentlich in ihrem Körper passiert.
Oft ist das Thema Menstruation im Elternhaus und in der Schule mit Scham besetzt. So trauen sich junge Mädchen oft nicht, ihre Mitschülerinnen nach Tampons oder Binden zu fragen, wenn sie ihre Hygieneartikel vergessen haben. Manche behelfen sich wenig hygienisch mit Klopapier.
Menstruation kann sich niemand aussuchen
Nicht jeder junge Mensch hat zudem genug Geld zur Hand, um Binde, Tampon und Co. als monatliche Ausgabe einzukalkulieren. Dazu kommen Slipeinlagen und Schmerzmittel. In armen Familien können auch Eltern oft nicht aushelfen. Mindestens fünf Euro für die allernötigsten Kosten muss eine Person im Monat bezahlen, wenn sie menstruiert. Ein Thema, das auch in der Bundespolitik angekommen ist. Die „Tamponsteuer“ wurde 2020 von 19 auf sieben Prozent gesenkt. So gelten diese nun zu Recht als Grundversorgungsartikel.
Tampons und Binden kostenlos? Kritiker fragen, warum dann nicht auch Kondome gratis ausgeteilt werden. Hier werden allerdings Äpfel mit Birnen verglichen: Niemand kann sich aussuchen, ob er eine Periode hat oder nicht. Wer aber kein Kondom zur Hand hat, kann sich dazu entscheiden, keinen Sex zu haben. Wer keine Binde oder Tampon hat, blutet trotzdem.
Die Arbeit der Politik ist noch lange nicht getan
Kostenlose Periodenartikel auf Schultoiletten schaffen gleich doppelt Abhilfe: Wer von seiner Periode im Unterricht überrascht wird, kann sich selbst versorgen – und das, ohne argwöhnische Blicke im Klassenraum zu riskieren. Und wer sich keine Artikel leisten kann, kommt so ohne Blöße durch die gewissen Tage im Monat.
Doch das Problem setzt früher an: Wir leben in einer aufgeschlossenen Gesellschaft; täglich werden Jugendliche in diversen Medien mit Sex konfrontiert. Doch warum ist die Periode – ein natürlicher Prozess – noch immer derart mit Scham besetzt? Hier sollte man mit Aufklärungskampagnen handeln.
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Mit der kostenlosen Ausstattung von Mädchentoiletten darf also das Thema nicht beendet sein. Und auch Minderheiten müssen beachtet werden: Menschen mit weiblichen Geschlechtsorganen, die sich nicht als Frau identifizieren, können bei der Oberhausener Lösung vorerst nicht von den Automaten profitieren, wenn diese nicht die WCs für Frauen nutzen. Auch dafür müssen die Verantwortlichen Lösungen finden.