Oberhausen. Früher Hartz IV – jetzt ein Job im Bauordnungsamt: Eine Oberhausenerin hat es dank üppiger Förderung zurück in den Beruf geschafft.

Julia lacht. Ihren kompletten Namen will die 40-Jährige wegen ihrer beiden Kinder zwar nicht nennen. Aber sonst geht sie offen mit ihrer Lebensgeschichte um: Jahrelang war die Oberhausenerin durch ihre Dauerarbeitslosigkeit auf Hartz IV angewiesen. Dank des Teilhabechancengesetzes startet sie jetzt als festangestellte Mitarbeiterin des städtischen Bauordnungsamtes neu durch. Ein Karrieresprung ist auch schon in Sicht.

Eines der kostspieligsten Arbeitslosen-Förderprogramme der letzten Jahre hat sich auch mit diesem Beispiel als das erfolgreichste überhaupt erwiesen: Rund 300 von insgesamt 6000 Langzeitarbeitslosen kehren über das seit 1. Januar 2019 geltende Teilhabechancengesetz in Oberhausen gerade ins Berufsleben zurück, 75 davon bei der Stadt, die übrigen in der freien Wirtschaft. Das Gesetz ermöglicht eine dicke Lohnförderung für Arbeitgeber sowie kostenlose Weiterbildung und Beratung für den Arbeitslosen.

Julia gehörte 2019 zu den ersten, die im Rahmen des Teilhabechancengesetzes einen Arbeitsvertrag in Oberhausen unterschrieben. Am Altweiber-Donnerstag vor zwei Jahren bimmelte Dorothee Schilling (Kontakt: Tel. 0208-62134192) vom Oberhausener Jobcenter bei ihr durch und bot ihr ein Vorstellungsgespräch im Bauordnungsamt an. „Ich sagte sofort zu“, erinnert sich Julia noch gut.

Rosenmontag war es soweit: Fachbereichsleiter Michael Flemm zeigte ihr die Räume, erklärte das Aufgabengebiet und stieß auf offene Ohren. „Ich merkte gleich, da ist jemand wirklich interessiert“, erzählt Flemm. Am liebsten hätte er Julia sofort eingestellt. Aber die Formalien ließen das nicht zu. Das Verfahren war damals noch neu, musste zunächst dem Stadtrat vorgestellt werden. Flemm hielt Kontakt, machte Julia Mut. Dann endlich, am 1. Oktober 2019 war ihr erster Arbeitstag. Befristet war ihr Vertrag eigentlich auf fünf Jahre. Doch es sollte anders kommen.

Die Stelle soll so schnell wie möglich wieder besetzt werden

Viele Jahre hatte sich Julia bis dahin um ihre beiden Söhne gekümmert (heute 18 und 16 Jahre alt). Nach der Scheidung von ihrem Mann rutschte sie in die Arbeitslosigkeit, war schließlich auf Hartz IV angewiesen. Doch für die gelernte Sozialversicherungsfachangestellte stand schon damals fest: „Das wird sich ändern.“

Der Job im Bauamt war ihre große Chance. Zwar fing sie dort zunächst als Hilfskraft an, doch Flemm bemerkte schnell, was für einen Diamanten er da im Netz hatte. „Sie ist fachlich kompetent, lernt schnell und ist noch dazu eine wirklich nette Kollegin.“ Schnell stand für ihn außerdem fest: „Die Frau kann mehr.“ Er überzeugte Julia, sich bereits nach zwei Jahren auf eine frei gewordene unbefristete Stelle in seinem Bereich zu bewerben. Es klappte – und das ganze Team ist froh darüber. Doch Flemm malt schon jetzt zuversichtlich neue Perspektiven für seine neue Mitarbeiterin an den Horizont: „Wenn Julias direkter Vorgesetzter in zwei Jahren in Pension geht, sollte sie sich unbedingt auf diese Stelle bewerben.“

Mit Julia freuen sich auch Uwe Weinand, Geschäftsführer des Jobcenters Oberhausen, und Michael Flemm, Fachbereichsleiter Bauordnung (rechts), die hier gerade Unterlagen im Archiv sichten.
Mit Julia freuen sich auch Uwe Weinand, Geschäftsführer des Jobcenters Oberhausen, und Michael Flemm, Fachbereichsleiter Bauordnung (rechts), die hier gerade Unterlagen im Archiv sichten. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Der Fachbereich Bauordnung war innerhalb der Stadtverwaltung einer der ersten, der einen Arbeitsplatz im Rahmen des Teilhabechancengesetzes einrichtete. Die guten Erfahrungen mit Julia überzeugten Flemm rasch: „Auch ihre in diesem Programm ja nun frei gewordene Stelle werden wir möglichst schnell wieder besetzen.“ Aktuell stehe die Digitalisierung des kompletten Archivs an. „Da sind wir auf zuverlässige Unterstützung angewiesen.“ Drei Bewerbungen liegen schon auf seinem Tisch.

Das Teilhabechancengesetz

Durch das Teilhabechancengesetz kann das Jobcenter Oberhausen Beschäftigungsverhältnisse für Langzeitarbeitslose bei allen Arbeitgebern, in Vollzeit und Teilzeit, fördern. So können Lohnkostenzuschüsse in Höhe von bis zu 100 Prozent des tariflichen Arbeitsentgeltes oder des gesetzlichen Mindestlohns für die Dauer von bis zu fünf Jahren gewährt werden.

Auch die Kosten für ein spezielles Coaching der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden übernommen. Gleiches gilt für Qualifizierungsmaßnahmen. Als langzeitarbeitslos gilt, wer seit einem Jahr und länger arbeitslos ist. Die in der Regel auf fünf Jahre befristeten geförderten Arbeitsverträge können bei Bedarf auch früher in feste Verträge übergehen. Weitere Infos auf der Webseite: sozialer-arbeitsmarkt-oberhausen.de

Auch Uwe Weinand, Geschäftsführer des Jobcenters Oberhausen, ist überzeugt: „Das ist das beste Programm das je aufgelegt wurde, es bietet langzeitarbeitslosen Menschen endlich wirklich gute Perspektiven und hilft Unternehmen bei der immer schwieriger werdenden Suche nach geeignetem Personal.“ Und Julia? Die ist einfach nur glücklich.