Oberhausen. Nach den Gaspreis-Erhöhungs-Briefen flattern den Kunden der Energieversorgung Oberhausen neue Schreiben in den Briefkasten, die Rätsel aufgeben.

In der letzten Zeit erhalten die Kunden der Energieversorgung Oberhausen (EVO) viel Post von ihrem Unternehmen. Erst mussten die 17.000 Oberhausener mit einem TOB-Gas-Sondervertrag verkraften, dass deren Tarife ab 1. Januar 2022 viel stärker angehoben werden als die Preise für die EVO- Kunden im Grundversorgungstarif – um über 20 Prozent. Und nun sollen die Gas-Sonderkunden der EVO umfangreiche neue Geschäftsbedingungen unterschreiben.

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Dies beäugte so mancher EVO-Kunde skeptisch: „Was soll das? Was ist daran neu?“ rätselten sie – und informierten die Redaktion. Die EVO hatte es versäumt, die Öffentlichkeit über die Massenbriefaktion auch per Medien zu informieren – dabei melden die Öffentlichkeitsarbeiter des halb städtischen, halb dem EON-Konzern gehörenden Energieunternehmens sonst per Pressemitteilung jede Blumenwiese-, Spenden- und Fußballaktion ihres Arbeitgebers.

Genaue Aufstellung der Unterschiede fehlt in den EVO-Briefen

In den offiziellen Schreiben an die Kunden vermissten die Oberhausener eine genaue Aufstellung, welche Regeln sich in den Gas-AVB (Allgemeine Versorgungsbedingungen) ab 1. Januar 2022 wie ändern werden. Kein Grund zur Sorge, meint nun die EVO aufgrund der Nachfrage der Redaktion. „Es handelt sich hierbei im Wesentlichen um Änderungen aus dem Energiewirtschaftsgesetz.“ Warum wurden diese Änderungen in den Schreiben nicht Satz für Satz hervorgehoben, so dass die Neuerungen für Kunden nachvollziehbar sind? „Nach unserer Einschätzung entspricht das nicht dem Kundenwunsch; die AVB werden hierdurch unübersichtlicher. Für interessierte Kunden stellen wir aber eine Zusammenfassung der wesentlichen Änderungen der AVB zur Verfügung.“

Keine aktive Zustimmung notwendig

Die Kunden müssen den neuen Versorgungsbedingungen der EVO nicht aktiv zustimmen. Das überrascht: Denn ein Bundesgerichtshofurteil (vom 27. April 2021, XI ZR 26/20) zu wesentlichen Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen von Frühjahr 2021 veranlasst viele Geldinstitute, ihren Kunden die kompletten Vertragsbedingungen erneut zuzusenden und um eine Únterschrift zu bitten. Denn die obersten Richter entschieden: In diesen Fällen muss der Kunde aktiv zustimmen, eine reine Information an den Kunden reicht nicht mehr aus.

Die EVO-Juristen halten dieses Urteil bei den jetzt angestrebten Änderungen der Gas-Versorgungsbedingungen nicht für anwendbar. Denn das Gerichtsurteil erlaube Vertragsänderungen ohne aktive Zustimmung in Fällen, in denen die Änderungen gesetzliche Rahmenbedingungen und Rechtssprechungen nachvollziehen sowie für die Kunden zumutbar sind. Und dies sei bei der aktuellen Neuerung der Fall.

Blickt man in diese Zusammenfassung, so sind nur acht Neuerungen erkennbar, die auf ein DIN-A4-Blatt passen. Wesentlich ist diese: Der Kunde erhält künftig die Möglichkeit, im Laufe des Jahres, also vor der eigentlichen Jahresrechnung, Abrechnungsinformationen zum Gasverbrauch zu erhalten.

Zudem ist zwar weiterhin eine Registrierung im Online-Kundenportal erforderlich, aber die EVO ist nach den neuen Bedingungen verpflichtet, auf Wunsch einmal jährlich per Post Rechnungen und Abrechnungsinfos zu verschicken – und das kostenlos. Bisher war die postalische Zustellung in einigen reinen Online-Kundenfällen gebührenpflichtig, die EVO-Dokumente erhielt der Kunde, der meist online einen Gasvertrag abgeschlossen hatte, dann ausschließlich ins elektronische Postfach seines Kundenkontos.

Preiserhöhungen müssen vier Wochen zuvor angekündigt werden

Die neuen Versorgungsbedingungen enthalten zudem präzisere Regelungen zu Kündigungen, Preiserhöhungen oder Versorgungsunterbrechungen. Kann die EVO zeitweise Gas nicht liefern, muss dies dem Kunden vier Wochen vor der geplanten Unterbrechung gemeldet werden. Kündigt ein Privatkunde den Gasvertrag mit der EVO, muss er künftig innerhalb einer Woche eine Kündigungsbestätigung erhalten.

Will die EVO ihre Gaspreise erhöhen, wie im Oktober für den 1. Januar 2022 angekündigt, beträgt die Frist für diese Information ab 2022 einen Monat, bisher waren sechs Wochen notwendig. Gewerbekunden haben allerdings nur noch eine Vorlauffrist von zwei Wochen (bisher ebenfalls sechs Wochen).