Oberhausen. Eine neue Kassenleistung macht es möglich: Lebererkrankungen können auch in Oberhausen nun früher entdeckt werden. Ameos-Chefärzte klären auf.

Lebererkrankungen verlaufen jahrelang ohne Symptome. Tauchen Schmerzen auf – ist es meist schon zu spät. Um frühe Behandlungen zu ermöglichen, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen für alle Versicherten ab dem 35. Lebensjahr jetzt ein besonderes Screening auf die Viruserkrankungen Hepatitis B und C. Weshalb diese Vorsorgeuntersuchung so wichtig ist und was Leberleiden so tückisch macht, erläutern die beiden Chefärzte der Ameos Kliniken Oberhausen, Prof. Dr. Jörg Schlaak und Dr. Hans-Martin Frühauf.

Bis zu 5000 Patienten mit Langzeitfolgen von Lebererkrankungen behandelt das Ameos Klinikum St. Clemens jährlich. Der Andrang auch in die Leberambulanz am Ameos Klinikum St. Marien ist enorm. Deshalb plant Ameos nun die Eröffnung einer zweiten Leberambulanz am St. Clemens Hospital. Während von Hepatitis B vor allem Menschen mit Migrationshintergrund betroffen sind, weil dieser Virusinfekt in südlichen Ländern stärker verbreitet ist, taucht Hepatitis C überall gleichermaßen auf. „Die Dunkelziffer ist hoch“, sagt Hans-Martin Frühauf, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Leiter der Leberambulanz St. Marien. Dennoch sei Hepatitis C erst seit 1991 verstärkt in den Blick geraten. „Damals durch verunreinigte Blutkonserven.“

Dieser Übertragungsweg sei inzwischen durch zusätzliche Kontrolluntersuchungen ausgeschlossen. Dafür habe die Tattoo- und Piercing-Mode dem Virus eine komfortable Ausbreitung beschert. „Denn genauso wie Hepatitis B wird diese Variante gerne über das Blut und damit eben auch über Nadeln verbreitet.“ Im Unterschied zu den Varianten B und A aber kann man sich gegen Hepatitis C bis heute nicht durch eine Impfung schützen. Wen es erwischt, merkt lange nichts. Wer Glück hat, vielleicht sogar nie. Alle anderen stellen irgendwann – trotz noch normaler Leberwerte – im fortgeschrittenen Stadium vielleicht eine merkwürdig hartnäckige Müdigkeit fest.

Eine der erfreulichsten Entwicklungen der letzten Jahre

Im Endstadium kommt es durch die chronische Entzündung des Organs zur Zirrhose: „Funktionsfähiges Lebergewebe geht zugrunde und wird durch Bindegewebe ersetzt“, erläutert Jörg Schlaak, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Ameos Klinikum St. Clemens Oberhausen. Die Anfangsstadien aber gelten inzwischen als zu 100 Prozent heilbar. „Das ist eine der erfreulichsten Entwicklungen der letzten Jahre“, sagt Schlaak. Dazu kommt: „Die Behandlung ist nahezu nebenwirkungsfrei.“ Gerade deshalb sei es so wichtig, dass möglichst viele Patienten das neue Krankenkassen-Angebot eines gezielten Screenings nun auch nutzen.

Chefarzt Dr. Hans-Martin Frühauf leitet die Leberambulanz im Ameos Klinikum St. Marien in Oberhausen-Osterfeld.
Chefarzt Dr. Hans-Martin Frühauf leitet die Leberambulanz im Ameos Klinikum St. Marien in Oberhausen-Osterfeld. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Die meisten Patienten, die aktuell ins St. Clemens Hospital kommen, leiden bereits an einer Leberzirrhose, sagt Frühauf. „Mal war es unbemerkt zu einem Hepatitis-Infekt gekommen, mal kam es im Vorfeld zu einer Fettleber, das heißt, es lagerten sich nach und nach vermehrt Fette in der Leber ein, was auf Dauer zu einer Einschränkung der Organfunktion führte.“ Erschreckend: Bereits bis zu 30 Prozent aller Deutschen leiden an einer Fettleber. Auslöser: ein übermäßiger Alkoholkonsum, aber auch starkes Übergewicht, eine Insulinresistenz oder Diabetes. Unbehandelt führt aber eben auch eine Fettleber zur Leberentzündung und schließlich zur Zirrhose. „Rechtzeitig erkannt aber lässt auch sie sich vollständig heilen“, betont Frühauf. Risikopatienten sollten sich deshalb an ihre Hausärzte wenden. „Eine Blutuntersuchung und ein Ultraschall von der Leber sind da wegweisend.“

Das Fett in Körper und Leber muss weg

Wer etwa fünf Prozent seines Körpergewichtes abnehme, verliere zugleich 50 Prozent des ungesunden Leberfettes, rechnet Schlaak vor. Wer zehn Prozent verliere, sei 100 Prozent des Leberfettes los. Besser sei es allerdings, eine Fettleber erst gar nicht entstehen zu lassen. Süßigkeiten in Maßen, aber auch der weitgehende Verzicht auf Fruchtsäfte und Alkohol gehören nach Ansicht der beiden Chefärzte zu einem gesunden Lebensstil. Wer dann noch ein wenig Sport treibe, habe viel dazu beigetragen, dieses lebenswichtige Organ zu schützen.

Frischer Wind für Ameos: Mit Prof. Dr. Jörg Schlaak (rechts) hat ein renommierter Internist und Leberspezialist zum 1. November die Position des Chefarztes der Klinik für Innere Medizin – Hepatologie, Gastroenterologie, Infektiologie und Diabetologie – im Klinikum St. Clemens Oberhausen übernommen. Hier wurde er (Anfang November) gerade offiziell von Krankenhausdirektor Dr. Osman Mersinli begrüßt.
Frischer Wind für Ameos: Mit Prof. Dr. Jörg Schlaak (rechts) hat ein renommierter Internist und Leberspezialist zum 1. November die Position des Chefarztes der Klinik für Innere Medizin – Hepatologie, Gastroenterologie, Infektiologie und Diabetologie – im Klinikum St. Clemens Oberhausen übernommen. Hier wurde er (Anfang November) gerade offiziell von Krankenhausdirektor Dr. Osman Mersinli begrüßt. © Unbekannt | Ameos Klinikum

Rund 100 Patientinnen und Patienten pro Quartal betreut Frühauf in seiner Leberambulanz. Die meisten werden von ihren Hausärzten wegen erhöhter Leberwerte geschickt. Der Andrang ist groß, die Wartezeit oft lang. Denn Hepatologen sind rar. Die Leitung der geplanten zweiten Leberambulanz am St. Clemens Klinikum wird Jörg Schlaak übernehmen, der sich längst weit über die Region hinaus einen Namen in der Leberkrebsbehandlung gemacht hat. Auch dabei spielt die Fettleber eine ausschlaggebende Rolle: Das Risiko an Krebs zu erkranken ist um das Vierfache erhöht.

Hepatitis E – die unbekannte Gefahr für Schwangere

Hepatitis E gilt als besonders gefährlich für Schwangere. Mittlerweile sind fast 17 Prozent der Bevölkerung von dieser noch unbekannteren Variante betroffen, die meist unbemerkt verläuft und von selbst vollständig ausheilt. Doch eben nicht immer.„Bis zu 20 Prozent aller daran erkrankten werdenden Mütter versterben“, warnt Jörg Schlaak, Leberspezialist am Ameos Klinikum St. Clemens Oberhausen.Übertragen wird Hepatitis E über Erdbeeren, Mett und nicht ausreichend erhitztes Fleisch (vor allem Wild). Der Experte rät deshalb allen Schwangeren: „Fleisch immer bei mindestens 70 Grad garen und Finger weg von den roten Früchten.“

Früh erkannt sind aber auch viele Leberkrebsarten gut behandelbar. „Nur leider werden bei uns rund 80 Prozent aller Krebsfälle erst im nichtheilbaren Stadium entdeckt“, bedauert Schlaak. Dabei gebe es treffsichere Marker, mit denen sich die meisten Tumore über eine Blutuntersuchung aufspüren ließen. „In Japan gehört das zur normalen Vorsorge, bei uns leider noch nicht.“ Aber das ist ein anderes Kapitel.