Oberhausen. Krankenhäuser und Pflegeheime in Oberhausen bereiten sich auf einen Herbst mit vielen Infektionen vor – nicht nur durch das Coronavirus.
Das Impftempo in Oberhausen stockt, Drittimpfungen für Seniorinnen und Senioren sowie Immungeschwächte kommen kaum voran. Die Coronafälle gerade unter Kindern und Jugendlichen steigen. Die Verantwortlichen in den Krankenhäusern, aber auch den Pflegeeinrichtungen vor Ort sind alarmiert und bereiten sich teils mit zusätzlichen Schutzmaßnahmen auf einen unruhigen Herbst vor.
Rund 65 Prozent aller Deutschen sind vollständig geimpft. Die Corona-Inzidenzen sinken bundesweit und liegen aktuell in Oberhausen bei 54,9 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen (Stand: 7. Oktober 2021). Das hört sich doch ganz gut an? Nicht für die Chefetage des Evangelischen Krankenhauses Oberhausen (EKO). Dort läuten längst die Alarmglocken. „Zum Herbst hin ist wieder mit höheren Corona-Inzidenzen zu rechnen“, sagt Dr. Britt Hornei. Denn die Impfquote reiche für einen Herdenschutz bei weitem nicht aus. Experten gehen davon aus, dass die Durchimpfungsrate dafür bei etwa 85 Prozent liegen müsste. Die Chefärztin des Instituts für Laboratoriumsmedizin und Klinische Mikrobiologie am EKO ergänzt deshalb besorgt: „Gerade unter Kindern ist die Ausbreitung des Corona-Virus zurzeit sehr hoch.“ Deshalb plant das Haus jetzt weitere Sicherheitsmaßnahmen.
Dazu kommt: In diesem Jahr treten auffällig viele Erkältungen, Grippe- und andere Viruserkrankungen der Atemwege auf. „Gleichzeitig werden die Corona-Maßnahmen aber an vielen Stellen im öffentlichen Raum gelockert“, sagt Hornei. Für das Evangelische Krankenhaus Oberhausen Gründe genug, die eigenen Schutzmaßnahmen zu verstärken. Alle stationär aufgenommenen Patientinnen und Patienten werden nach wie vor auf Corona getestet. „Die geplant aufgenommenen Patienten vorab auch per PCR-Test, die Notfälle ohne Immunschutz zunächst per Schnelltest und später ebenfalls per PCR“, erläutert Hornei. Ab sofort neu im Sicherheitskatalog: Für Sprechstunden und ambulante Termine gilt jetzt die 3G-Regel.
Nur noch geimpft, genesen oder getestet zur ambulanten Behandlung
„Zum Schutz aller wollen wir mit der 3G-Regelung in der Kinderklinik, der Klinik für Kinderchirurgie und dem Sozialpädiatrischen Zentrum die vielen Krankheitseinfallstore schließen“, erläutert Hornei. Schulkinder gelten dabei gemäß der Corona-Schutzverordnung als getestet, „da sie regelmäßig in der Schule getestet werden“. Aber auch Erwachsene, die nicht geimpft oder genesen sind, müssen für Termine im Krankenhaus nun einen Schnelltest-Nachweis einer anerkannten Teststelle mitbringen. „Die ambulanten Patientinnen und Patienten als letzten Baustein in die Teststrategie mit einzubinden, ist aufgrund der aktuellen Lage notwendig“, betont Hornei. Denn alle anderen – stationäre Patientinnen und Patienten, Besucherinnen und Besucher und Mitarbeitende – würden bereits den 3G-Nachweis erbringen.
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Die 3G-Regel für Besucher und stationäre Patienten gilt auch in allen anderen Oberhausener Krankenhäusern, bei Ameos inzwischen ebenfalls für die ambulante Versorgung im Reha Zentrum. In der Helios St. Elisabeth Klinik Oberhausen sind dagegen für Ungeimpfte bislang noch ambulante Termine auch ohne Schnelltest möglich, nach wie vor aber unter strenger Einhaltung der Hygieneregeln.
Mehr Sicherheit oder mehr Freiheit für Senioren?
Die Vorbereitungen auf den Herbst laufen auch in den Oberhausener Senioreneinrichtungen. Mal kippt die Waagschale dort mehr in Richtung Sicherheit, mal mehr in Richtung Freiheit. „Dank der bei uns so weit fortgeschrittenen Auffrischungsimpfungen bleibt das Risiko einer Ansteckung mit Covid-19 in unseren Häusern gering“, sagt Alexander Bätz, Sprecher der Emvia Living Gruppe, zu der auch der Senioren-Wohnpark in Oberhausen gehört. 87 Prozent aller Mitarbeitenden sowie 95 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner hätten bereits eine Booster-Impfung erhalten. „Trotzdem gilt bei uns in allen Häusern die 2G-Regel in Ergänzung mit einer Maskenpflicht in engen Räumen – so erreichen wir den besten Schutz und können gleichzeitig soziale Kontakte und Lebensqualität fördern.“
Multiplex-PCR-Testung
Dr. Britt Hornei rechnet damit, dass neben Corona in diesem Herbst auch viele andere Erkältungsviren vermehrt auftreten werden. „Durch die Corona-Maßnahmen hatte unser Immunsystem jetzt fast zwei Jahre lang keine Übung“, sagt sie. Das fördere die Ausbreitung von Infekten.Um dem entgegenzuwirken, setzt das EKO auf die sogenannte Multiplex-PCR-Testung. Mit dieser können die Mitarbeitenden des Labors einen Abstrich, wie bei einem üblichen Corona-Test, zeitgleich auf viele verschiedene Erreger (wie etwa Grippeviren) testen.Durchgeführt werden soll dieser Test bei allen Patientinnen und Patienten, die mit Atemwegsinfekten ins EKO kommen und deren Corona-PCR negativ ist. „Insbesondere in der Kinderklinik ist dies sehr sinnvoll, um optimal behandeln zu können.“
Stadtsprecher Frank Helling sagt dagegen auf Nachfrage dieser Redaktion: „Es gilt in den Pflegeeinrichtungen weiterhin die Allgemeinverfügung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales.“ Darin sei beispielsweise geregelt, dass geimpfte Bewohnerinnen und Bewohner von Alteneinrichtungen keine Masken tragen müssen und sich auch nicht regelmäßig testen lassen müssen. „Außerdem können sie ganz normal und ohne wesentliche Einschränkungen Besuch empfangen.“ Insofern seien die Freiheiten in den Alteneinrichtungen bei Geimpften erfreulich groß. Ob die Auffrischungsimpfungen zu einem weiteren Verzicht auf Schutzmaßnahmen führen können, „ist aber nicht absehbar und von einer Novellierung der Allgemeinverfügung abhängig“.
Stefan Welbers, Geschäftsführer des Seniorenzentrums „Gute Hoffnung leben“, vertritt die Pflegeheime im Krisenstab der Stadt. Er warnt angesichts eines allgemein eher schleichenden Fortschritts bei den Booster-Impfungen in den Oberhausener Einrichtungen: „Wir sollten uns davor hüten, jetzt nachlässig zu werden und bewährte Schutzmaßnahmen zumindest beibehalten. Was wir 2020 erlebt haben, darf sich nicht wiederholen – weder diese enormen Krankheitszahlen noch die Isolation der alten Menschen.“