Oberhausen. Offenbar war es Buttersäure, mit der ein radikaler Impfgegner eine Arztpraxis in Oberhausen lahmgelegt hat. Wovor der betroffene Internist warnt.

Die Brief-Attacke auf eine Oberhausener Arztpraxis in Osterfeld enthielt wohl Butansäure, auch bekannt als Buttersäure. Dies bestätigte das Unternehmen, das zur Reinigung der Behandlungsräume an der Teutoburger Straße angerückt ist.

Die Polizei in Essen, an die der Fall zur weiteren Untersuchung übergeben wurde, hat sich indes noch nicht festgelegt. „Wir vermuten, dass Fäkalien in den Umschlägen steckten“, sagte eine Sprecherin auf Nachfrage unserer Redaktion. „Wir machen das seit 27 Jahren und wir wissen, dass es Buttersäure ist“, sagt dagegen Marcell Engel, Chef der Tatortreinigungs-Firma SOS Akut Clean aus Duisburg. Seit einigen Jahren trete diese sehr häufig auf, da sie leicht übers Internet zu erwerben sei.

Als die medizinischen Fachangestellten von Anton Bertel am frühen Donnerstagmorgen, 30. September, den kleinen Vorraum zur Praxis betraten und den Briefkasten öffneten, kam ihnen ein bestialischer Gestank entgegen. Zwei Postsendungen schienen hierfür verantwortlich zu sein – der eine Umschlag komplett unbeschriftet, der andere an den Facharzt für Innere Medizin persönlich adressiert. Beide unfrankiert und ohne Absender. Die Polizei wurde informiert, auch ein Löschfahrzeug und ein Rettungswagen rückten an. Die Praxis wurde bis auf Weiteres geschlossen, die Patienten wurden an Ärzte in der näheren Umgebung verwiesen. Was blieb, war der Schock.

Keine Sicherheit für Arztpraxen

„Das hat ein Trauma verursacht“, sagt Anton Bertel, der am Tag des Brieffundes selbst nicht in der Praxis gewesen ist. Er klingt noch immer bestürzt über das, was passiert ist. „Es gibt keine Sicherheitsvorkehrungen, die uns vor solchen Angriffen schützt“, sagt er. Ein Impfzentrum habe Sicherheitspersonal, eine Arztpraxis nicht. Denn eines stehe fest: Die Brief-Attacke muss von einem radikalen Impfgegner ausgehen. Einige Wörter hätten seine Mitarbeiterinnen entziffern können, diese seien eindeutig gewesen. Und auch die Essener Polizei spricht unserer Redaktion gegenüber von „einem corona-leugnerischen Brief“. Der genau Inhalt sein noch nicht bekannt. „Ich bin gespannt, was drinsteht“, sagt Anton Bertel, „vielleicht eine Morddrohung?“

Anfang nächster Woche müssten nach Aussage der Reinigungsfirma die Arbeiten abgeschlossen sein.
Anfang nächster Woche müssten nach Aussage der Reinigungsfirma die Arbeiten abgeschlossen sein. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Das gesamte Praxis-Team werde ab jetzt mit einem mulmigen Gefühl zur Arbeit gehen, sagt der Mediziner. „Das ist etwas, womit auch ich lernen muss, umzugehen.“ Von politischer Seite wünsche er sich eine größere Unterstützung. Das Schließen der Impfzentren hält er für einen Fehler. „Jetzt wird alles in die Praxen verlagert“, sagt er und befürchtet, dass diese zur Zielscheibe werden können.

„Das zeigt, dass Hemmungen aufgehoben sind“

Eine Menge Patienten hat Anton Bertel in den vergangenen Monaten geimpft. Mit niemandem sei er dabei aneinandergeraten. „Jetzt frage ich mich: Wird nochmal so etwas passieren? Kommt vielleicht sogar jemand in die Praxis?“ Gedanken, die auch Peter Kaup, Vorsitzender der Ärztekammer-Kreisstelle Oberhausen, nachvollziehen kann. „Ich befürchte, dass Ärzte jetzt Angst haben könnten, weiterhin Impfungen durchzuführen“, sagt er. Der Fall in Osterfeld erinnert ihn an den Mord an einem Tankstellenmitarbeiter in Idar-Oberstein, der einen Kunden gebeten hatte, die Maskenpflicht einzuhalten. Auch die Brief-Attacke zeige, „dass Hemmungen aufgehoben sind“.

„Natürlich verunsichert mich das als Arzt“, sagt Anton Bertel. Es gebe zwei Möglichkeiten: Sich nicht zu beugen und weiter gegen die Pandemie zu kämpfen – „oder aber, wenn man eine Familie hat, abzuwägen, wie hoch ist der Nutzen für mich und meine Patienten und wie groß ist die Gefahr, dass mir etwas zustößt und meine Familie ohne mich auskommen muss.“ Er selbst empfinde es als seine Pflicht, weiter zu impfen. „Wir sehen, dass so schwere Krankheitsverläufe verhindert werden.“ Doch wenn Vorfälle wie dieser sich häufen würden, müsste auch er den Sinn seiner Arbeit hinterfragen. „Wenn ich Repressalien oder Sabotage zu erwarten habe, dann würde ich den Glauben an meinen Beruf verlieren.“

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