Oberhausen. Karl Witt ist stinksauer. Der Oberhausener wirft der Louise-Schroeder-Heimleitung vor, den Beirat als Sprachrohr der Senioren auszubremsen.
Dem Beiratsvorsitzenden des Louise-Schroeder-Heims platzt der Kragen: Stellvertretend für die Mitglieder des Gremiums wirft Karl Witt der neuen Leitung des zu den ASO Alteneinrichtungen der Stadt Oberhausen gehörenden Hauses vor, seine Arbeit zu behindern. Witt hat inzwischen eine offizielle Beschwerde bei der Stadt eingereicht und auch die Bezirksregierung Düsseldorf als Aufsichtsbehörde eingeschaltet. Er sagt: „Wir werden als Vertreter der Interessen aller Seniorinnen und Senioren, die in diesem Hause leben, von der Heimleitung einfach ignoriert.“
Bereits im Dezember 2020 hatte sich Witt erstmals an Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) gewandt. „Eine Antwort habe ich aber bis heute nicht erhalten.“ Mittlerweile hat sich in seinem Zimmer im Louise-Schroeder-Heim ein ganzer Aktenberg angehäuft. „Der Gesetzgeber schreibt vor, dass der Beirat rechtzeitig und umfassend von der Einrichtungsleitung in sämtlichen Angelegenheiten, die der Mitwirkung unterliegen, informiert und beraten werden muss“, betont Witt. Doch dies sei mehrfach nicht geschehen.
„Zum Beispiel bei einer Änderung der Kostensätze, bei der Einstellung der neuen Einrichtungsleitung, bei den umfassenden Baumaßnahmen für den Ersatzneubau sowie bei der Gestaltung der Gemeinschaftsräume und -einrichtungen“, erläutert Witt. Von der Einstellung der neuen Einrichtungsleiterin zum 1. September 2020 sei der Beirat komplett überrascht worden. „Das haben wir erst erfahren, als sie sich hier im Hause Mitte Oktober selbst vorgestellt hat“, sagt der 85-Jährige verärgert.
Neue Zeiten für die Pforte
Witt ergänzt: „An den Planungen für den Neubau und bei der Anhebung der Kostensätze sind wir als Beiratsmitglieder auch nicht beteiligt worden.“ Eine Mitsprache bei der Einrichtung und Gestaltung der neuen Räume und des Gemeinschaftsgartens habe es entsprechend nicht gegeben. Und was die Kostenanhebung betrifft: „Dazu haben alle Bewohner lediglich ein allgemeines Schreiben erhalten, in dem diese angekündigt worden ist.“
Auch bei den neuen Zeiten für die Pforte seien die Seniorinnen und Senioren von der Heimleiterin vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Ursprünglich an sieben Tagen in der Woche von 8 bis 19 Uhr besetzt, säße der Pförtner nun montags bis freitags nur noch von 8 bis 18 Uhr an der Pforte und an den Wochenenden von 10 bis 18 Uhr. „Raus kommt durch die automatische Türöffnung zwar noch jeder, aber wer vor oder nach diesen Kernzeiten ins Haus will, muss unendlich lange warten.“ Denn sobald die Pforte nicht besetzt sei, werde über eine Außenanlage das diensthabende Pflegepersonal angebimmelt. „Wenn die aber gerade irgendwo an einem Pflegebett zu tun haben, können sie ja nicht gleich alle Brocken fallen lassen“, zeigt Witt zwar Verständnis. Wenig Verständnis hat der Beiratsvorsitzende allerdings für die Änderung selbst. „Denn das bedeutet für uns Heimbewohner doch eine erhebliche Einschränkung.“
Stadt Oberhausen verweist auf das laufende Verfahren
Dem 85-Jährigen schießen vor Wut die Tränen in die Augen. Seit 2014 lebt er im Louise-Schroeder-Heim. Seine Frau Margarete war im gleichen Hause bis 1996 als Pflegedienstleiterin tätig. „Sie verstarb hier 2016“. Als ehemaligem Betriebsrat und langjährigem Gewerkschaftsmitglied lag und liegt ihm Mitbestimmung stets am Herzen. „Das ist doch unser Zuhause hier, da haben wir doch auch ein Recht auf Mitsprache“, meint er mit brüchiger Stimme. „Nur weil wir alt sind, müssen wir uns doch jetzt nicht wie unmündige Kinder behandeln lassen.“ Seit fast vier Jahren setzt sich Witt für die Interessen seiner Mitbewohner als Beiratsvorsitzender ein. „Aber so etwas habe ich hier noch nie erlebt.“
Nutzung des Seniorenheimcafés untersagt
Das Gespräch mit Karl Witt fand in seinem Zimmer im Louise-Schroeder-Heim in Oberhausen statt. Ursprünglich war ein Treffen in dem Café der Einrichtung geplant. Doch die Nutzung dieser Örtlichkeit zu diesem Zweck war dem Beiratsvorsitzenden von der Heimleiterin kurzfristig untersagt worden.
Ein Heimbeirat vertritt die Interessen der Bewohnerinnen und Bewohner. In Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Bayern dürfen die Vertreter des Gremiums in bestimmten Angelegenheiten im Heim gesetzlich verankert mitbestimmen.
Das Bewohnergremium mischt bei allen wichtigen Fragen rund um das Alltagsleben mit, etwa auch bei der Verpflegung, Betreuung, bei baulichen Veränderungen oder der Erhöhung der Investitionskosten oder bei Neueinstellungen. Manche Beiräte bieten auch regelmäßig Sprechstunden an.
Die Beschwerde des Heimbeirates ist am 13. September im Haupt- und Finanzausschuss von den Ratsmitgliedern zur Kenntnis genommen worden. Zu einer Diskussion über die Vorfälle oder Nachfragen durch Fraktionsmitglieder kam es nicht. Aus der von der Verwaltung ausgearbeiteten Vorlage für diese Sitzung geht allerdings hervor, dass der zuständige Fachbereich zumindest einen Teil der Beschwerden für berechtigt hält.
Auf Nachfrage dieser Redaktion heißt es zu dem Fall von Stadtsprecher Frank Helling außerdem: „Eine Stellungnahme der Stadt Oberhausen ist derzeit nicht möglich, da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, in welches bereits auch die Bezirksregierung als zuständige Aufsichtsbehörde einbezogen ist.“
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