Oberhausen. Die Stadt Oberhausen hat einem Mitarbeiter gekündigt, der unter Korruptionsverdacht steht. Doch der akzeptierte das nicht – und zog vor Gericht.

Ein Mitarbeiter des Oberhausener Bauamtes soll interne Informationen verkauft haben, Immobilien-Unternehmen beispielsweise gegen Zahlung Einsicht in Akten gewährt haben. Wie berichtet wurde der Mitarbeiter Mitte Juli sogar festgenommen, nachdem Polizeikräfte Wohnungen und Büros im Stadtgebiet sowie Diensträume im Technischen Rathaus durchsucht hatten. Die Verwaltung sprach dem Mann daraufhin die außerordentliche Kündigung aus – der wollte dies aber in dieser Form nicht akzeptieren und zog vors Oberhausener Arbeitsgericht.

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Ein Korruptionsverdacht sei ein äußerst schwerer Vorwurf, „die Stadt hat die Pflicht dem nachzugehen und auch eine Kündigung des Mitarbeiters zu prüfen“, erklärte eine Vertreterin der Stadtverwaltung Arbeitsrichterin Annegret Hennemann am Freitag. Die Stadt habe sich eingehend mit dem Fall beschäftigt und sei zu dem Schluss gekommen, dass der Korruptionsverdacht ausreichend erhärtet sei, um eine sogenannte Verdachtskündigung auszusprechen. Das heißt: Arbeitgeber dürfen einem Mitarbeiter auch dann kündigen, wenn zwar (noch) keine Pflichtverletzung nachgewiesen wurde, wohl aber ein dringender Tatverdacht besteht.

Korruptionsvorwurf im Bauamt – 500 Euro für eine Akteneinsicht?

Einer der Vorwürfe, dokumentiert in der Strafakte, habe die Verwaltung schließlich von diesem dringenden Tatverdacht überzeugt: Der beschuldigte Mitarbeiter wurde während der Ermittlungen offenbar observiert, das Telefon wurde abgehört. So sei auch ein Anruf am 9. April dieses Jahres dokumentiert worden, den der Mitarbeiter in seinem Büro im Technischen Rathaus bekam. Ein Mitarbeiter einer Immobilienfirma soll nach Details eines Bauprojektes gefragt haben. Was eine Akteneinsicht denn so koste, soll er gefragt haben. Der Bauamts-Mitarbeiter soll zwar keine konkrete Summe genannt haben, wohl aber die Farbe „Violett“. „500 Euro also“, schlussfolgerte die Vertreterin der Stadt vor Gericht. „Für uns ist das eindeutig, es ging um Geld.“

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Der Beschuldigte sieht das anders und wies vor Gericht die Vorwürfe zurück, sein Anwalt sprach von „teilweisen Unterstellungen“. Das Ermittlungsverfahren gegen seinen Mandanten laufe noch, es sei nichts bewiesen. Er räumte jedoch ein, dass eine Weiterbeschäftigung des Mannes unter diesen Umständen nicht mehr möglich sei, „es wird kein Vertrauensverhältnis mehr geben“. Mit der Art der Kündigung sei sein Mandant dennoch nicht einverstanden. Und so gab es am Freitag eine sogenannte Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht – mit dem Ziel, den Rechtsstreit mit einem Vergleich beizulegen.

Beschuldigter bekommt bis Ende März Geld von der Stadt

Und so kam es denn auch. Sichtlich zähneknirschend akzeptierten die Vertreter der Stadt einen Großteil der Forderungen ihres ehemaligen Kollegen. Der beschuldigte Mitarbeiter ist ab sofort freigestellt, das Arbeitsverhältnis endet zum 31. März 2022. Bis dahin erhält der Mann auch weiterhin seine monatlichen Bezüge von immerhin 3524 Euro brutto. Sollte er vorher einen neuen Arbeitsplatz finden, kann er kündigen, erhält die ausstehenden Zahlungen aber dann als Abfindung dennoch. Auch Weihnachtsgeld steht ihm laut Tarif noch zu.

Er bekommt von der Stadt zudem ein wohlwollendes Arbeitszeugnis, in dem die Vorwürfe gegen ihn nicht erwähnt werden. Und die Kündigung ist keine „außerordentliche“, sondern eine Kündigung aus betrieblichen Gründen. Andernfalls hätte ihm die Arbeitsagentur wahrscheinlich eine zwölfwöchige Sperrung für das Arbeitslosengeld aufgebrummt, da „außerordentliche Kündigungen“ meist ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers als Grund haben.

Nicht durchgesetzt hat sich der unter Korruptionsverdacht stehende Mann mit Forderungen nach einer weiteren Abfindung, Urlaubsgeld und finanziellen Coronahilfen.