Oberhausen. Wegen versuchten Totschlags und Körperverletzung steht ein Oberhausener (37) vor Gericht. Ihm droht die Unterbringung in der Psychiatrie.
Psychische Probleme soll ein 37-jähriger Oberhausener schon längere Zeit gehabt haben. Doch am 19. November 2020 soll er in einem Wohnhaus an der Arndtstraße im Marienviertel völlig durchgedreht sein. Mit einem Küchenmesser soll er zunächst seine Lebensgefährtin und deren elfjährige Tochter durch zahlreiche Schnitte und Stiche schwer verletzt haben. Dann attackierte er auch noch zwei Nachbarinnen. Einer zerstach er die Lunge, einer anderen brach er durch Schläge mit einer Sektflasche fast sämtliche Gesichtsknochen.
Zur Tatzeit, davon geht die Staatsanwaltschaft aus, soll der unter einem schweren schizophrenen Schub leidende Mann schuldunfähig gewesen sein. Zum Schutz der Allgemeinheit fordert sie die dauerhafte Unterbringung des 37-Jährigen in einem psychiatrischen Krankenhaus.
Die Antragsschrift schildert eine Gewalt-Orgie
Was die Antragsschrift schildert, klingt wie ein Grusel-Schocker. Gegen 19 Uhr soll der Beschuldigte seine Lebensgefährtin durch mindestens fünf Schnitte verletzt haben. Verzweifelt versuchte die Frau, das ein Jahr alte gemeinsame Kind zu schützen, das sie gerade auf dem Arm hatte. Während die 38-Jährige mit dem unverletzt gebliebenen kleinen Jungen bei einer Nachbarin Zuflucht suchte, ging der 37-Jährige ins Kinderzimmer. Dort stach er mindestens zehnmal auf die elfjährige Tochter seiner Lebensgefährtin ein. Das Kind erlitt lebensgefährlich schwere Verletzungen. Die Ärzte mussten das Kind später für einige Zeit in ein künstliches Koma versetzen.
Erbliche Veranlagung zur Schizophrenie?
Der Beschuldigte soll nicht der einzige in seiner Familie sein, der unter Schizophrenie leidet. Einem Sachverständigen hatte der 37-Jährige berichtet, dass auch sein Vater unter dieser Krankheit gelitten habe.
Der Bruder des Oberhauseners soll ebenfalls unter dieser Krankheit leiden. „Er hat darüber noch Witze gemacht“, so die Lebensgefährtin des Beschuldigten. „Er sagte: Ich muss mich nur so wie er benehmen, dann komme ich hinter Gitter.“
Dem psychiatrischen Gutachter hatte der 37-Jährige mitgeteilt, er habe kurz vor der Tat „Lärm im Kopf“ gehabt. Daran hätten auch Gin und Schlaftabletten nichts geändert. „Ich habe immer wieder vor mich hingemurmelt: Tod durch Auferstehung. Alle Sünden sind erlassen.“
Dann wandte sich der Beschuldigte wieder seiner Lebensgefährtin zu. Die konnte zuletzt aus dem Haus fliehen. Die Nachbarin, die ihr Zuflucht gewährt hatte, soll der 37-Jährige dafür mehrfach mit einer Sektflasche geschlagen haben, brach ihr dabei den Schädel und zerschlug ihr fast sämtliche Gesichtsknochen, bevor er sie auch noch mit dem Messer verletzte. Einer weiteren Nachbarin, die nachsehen wollte, wer da um Hilfe rief, soll er in die Brust gestochen haben. Auch sie wäre ohne schnelle medizinische Hilfe gestorben.
Der 37-jährige Oberhausener schwieg zu Prozessbeginn
Zu Prozessbeginn wollte sich der Beschuldigte nicht äußern. Einem psychiatrischen Sachverständigen hatte er im Vorfeld der Verhandlungen ausführliche Angaben gemacht. „Ich kann bis heute nicht begreifen, was an dem Tag geschehen ist“, hatte der 37-Jährige dem Mediziner berichtet. „Es war, als wäre eine andere Person in mich gefahren.“ Der Beschuldigte, der seit längerer Zeit unter Halluzinationen gelitten haben will, schilderte dem Sachverständigen die Tat als Trance-Zustand. „Der andere Typ, der da in mir war, hat sich darüber gefreut.“
Man habe sich Ende 2018 kennen gelernt, berichtete die Lebensgefährtin. Im September, kurz vor der Geburt des gemeinsamen Kindes, sei man zusammengezogen. Ab Anfang 2020 habe die Beziehung zunehmend unter finanziellen Problemen gelitten. „Er wechselte immer wieder die Arbeitsstelle, trank zu viel und war oft schlecht gelaunt.“
Beschuldigter lachte während der Tat laut
Am Tatabend habe der 37-Jährige plötzlich furchtbare Grimassen geschnitten, erinnerte sich die Zeugin. „Ich bekam Angst, ging mit dem Kleinen ins Treppenhaus.“ Dann sei ihr Lebensgefährte mit dem Messer gekommen. Unter Tränen erinnert sich die 38-Jährige an den Übergriff und daran, dass sie ihrer elfjährigen Tochter noch zurief, sie solle sich einschließen und die Polizei rufen. Und an noch etwas erinnert sich die Frau: „Während der Tat hat er laut gelacht.“ Für den Prozess sind bis Mitte Juli noch drei weitere Sitzungstage geplant.