Oberhausen. Die Helios St. Elisabeth Klinik Oberhausen setzt auf philippinische Fachkräfte. Sie haben einen ungewohnten Blick auf die Pflege in Deutschland.

Endlich Sommer? Es hätte in Deutschland ruhig noch etwas länger schattig und regnerisch sein können, findet Rogielyn Cariaso. In Kuwait sei es schließlich viel zu trocken gewesen. Dort schuftete die 32-jährige Philippinerin mehrere Jahre „unter schweren Bedingungen“, nun lebt sie seit wenigen Wochen in Oberhausen.

„Heimweh ist kein großes Problem“, sagt sie – obwohl sie auf den Philippinen ihre sechsjährige Tochter zurücklassen musste. „In der Welt unterwegs zu sein, ist für mich normal.“ Oberhausen soll nun allerdings keine Zwischenstation mehr sein. Hier wollen Rogielyn Cariaso und ihre Kolleginnen aus den Philippinen, wenn möglich, „für immer bleiben“. Ihr neuer Arbeitgeber, die Helios St. Elisabeth Klinik, will es auch.

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Das Krankenhaus in Styrum hat bislang lediglich vereinzelt Fachkräfte aus dem Ausland angeworben, „bislang vor allem aus osteuropäischen Ländern“, sagt Pflegedirektor Christoph Wilde. Die meisten Pflegekräfte findet Helios immer noch im nahen Umfeld, trotz des angespannten Stellenmarktes in diesem Bereich. Indem nun auf einen Schlag eine neunköpfige Gruppe von den Philippinen an Bord geholt wurde, will Helios vor allem verhindern, dass sich zu große Personallücken öffnen, wenn der neue Erweiterungsbau einzugsbereit ist.

Politik wirbt für ausländische Fachkräfte

2019 erleichterte die Landesregierung die Anerkennung ausländischer Fachkräfte und Pfleger. „Wir werden noch über Jahrzehnte eine starke Zuwanderung von Gesundheits-Fachkräften brauchen“, sagte NRW-Gesundheitsminister Laumann (CDU) damals. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wirbt für Pflegekräfte aus dem Ausland. In seinem Auftrag ging Staatssekräterin Sabine Weiss 2019 auf Werbetour in der philippinischen Hauptstadt Manila. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums sind im ersten Halbjahr 2019 mehr als 25.000 Ausreiseanträge in den Philippinen genehmigt worden, knapp 1500 für Deutschland.

Denn das Helios-Gelände wird derzeit immer mehr zu einer Baustelle. Der private Krankenhausbetreiber plant unter anderem einen neuen zentralisierten OP-Bereich, Büros und Pflegestationen auf dem Oberhausener Grundstück. „Wenn sie fertig sind, brauchen wir auch viele neue Mitarbeiter“, sagt Wilde. Dass sich dafür die Personalakquise auf den Philippinen lohnt, habe sich bei Helios rumgesprochen. Auch das Bundesgesundheitsministerium bezeichnet den südostasiatischen Inselstaat mittlerweile als „Hauptherkunftsland gut ausgebildeter Fachkräfte“.

Philippinische Pflegekraft: „Wir kümmern uns um die Patienten wie Ärzte“

Denn während die Akademisierung der Pflege in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckt, haben Rogielyn Cariaso und ihre Freunde einen Bachelor in der Gesundheits- und Krankenpflege absolviert und eine praktische Ausbildung drangehängt. Anerkannt wird das Studium in Deutschland zwar nicht, die Philippinen müssen hier erst noch ein mehrmonatiges Anerkennungsverfahren durchlaufen. Pflegedirektor Wilde glaubt aber dennoch, dass sein Team von dem Fachwissen der Philippiner profitieren wird.

Zudem scheinen die philippinischen Pflegekräfte mit ihrer Eigenverantwortung zu punkten. „Wir haben uns immer um die Patienten gekümmert, als wenn wir die Ärzte wären“, erzählt die 33-jährige Renelyn Oberes, die zuletzt in Saudi-Arabien arbeitete. In Deutschland sei das nun anders. „Die Tätigkeiten sind hier richtig geteilt, die Pflege ist hier viel patientenorientierter“, sagt der 31-jährige Ray Velasco. „Es ist hier in Deutschland einfacher, wir sind viel Stress gewohnt“, ergänzt die 33-jährige Abigail Samarista. „Das Einzige, was wirklich eine Herausforderung ist, ist die Sprache.“ [Lesen Sie auch: Wenn Auszubildende die Station übernehmen]

Fachkräfte wurden bereits auf den Philippinen auf Deutschland vorbereitet

Schon in ihrem Heimatland erhielten die neuen Pflegekräfte einen Online-Deutschkurs, inzwischen lernen sie die Sprache seit einem Jahr. Vielmehr als das Lernen auf Distanz bringe sie aber nun das tägliche Einarbeiten auf der Station in ihren Deutschkenntnissen voran, erzählt Abigail Samarista, die sehr dankbar über die „sehr geduldigen Mentoren“ ist, die ihr und ihren Kolleginnen jeweils zugewiesen worden sind.

Organisiert wird die Vorbereitung auf die Arbeit in Deutschland über die Agentur True Care, die darauf spezialisiert ist, philippinische Fachkräfte zu vermitteln. Bei den Agenturen haben die Philippinen die Qual der Wahl, neben True Care seien viele weitere Player unterschiedlichster Länder in ihrem Heimatland aktiv, erzählen sie. „Viele werben über Facebook“, sagt Pfleger Ray Velasco. [Lesen Sie auch:Klartext: Was ein Altenheim monatlich wirklich kostet]

True Care kümmert sich dann auch um die Unterbringung der Philippinen, in Oberhausen leben sie in den Glück-Auf-Appartments an der Düppelstraße, zu zweit auf 40 Quadratmetern. „Für uns reicht es, wir haben dort alles, was wir brauchen“, findet Velasco. Die Miete zahlen die Philippinen selbst. Einen Teil ihres Gehalts schicken sie zu ihren Familien in ihrer Heimat – und einen Teil in die Entdeckung des Ruhrgebiets. Was bei ihnen bei den Trips durch die Städte besonders hängengeblieben ist? „Ein Bubble-Tea-Laden in Duisburg“, sagt Rogielyn Cariaso. „Und natürlich“, ergänzt Ray Velasco, „der Kaisergarten hier in Oberhausen“.