Oberhausen. Die Protestaktion #allesdichtmachen von prominenten Schauspielern löst ein breites Echo aus. Der Oberhausener Theater-Intendant ist schockiert.

Der Oberhausener Theater-Intendant Florian Fiedler hat die bundesweite Protestaktion von über 50, teils sehr prominenten Schauspielern unter dem ironischen Stichwort „#allesdichtmachen“ verurteilt. „Ich bin von dieser Aktion schockiert. Offenbar sind die psychischen Auswirkungen der Pandemie schlimmer, als ich befürchtet hatte. Hier werden weder konkrete Forderungen gestellt noch konkrete Kritik formuliert. Vor allem werden überhaupt keine Vorschläge gemacht, was besser oder anders gemacht werden könnte“, schreibt Fiedler auf Anfrage der Redaktion. „Stattdessen gibt es schwammiges, allgemeines, gefühlsduseliges Geschwurbel, getragen von unerträglicher Eitelkeit – gepaart mit einer von Privilegiertheit geprägten Ignoranz, die zum Fremdschämen ist.“

Corona- Heftige Debatte um #allesdichtmachen Aktion

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    Dabei kann Fiedler, der seit 2017 Intendant in Oberhausen ist, durchaus nachvollziehen, dass viele Menschen, insbesondere aus der künstlerischen Szene, die Corona-Politik in Deutschland kritisieren. „Ich habe mir mehr Klarheit und vor allem eine viel größere Radikalität der Maßnahmen gewünscht. Ich habe zu keinem Zeitpunkt verstanden, warum eine #zerocovid Strategie nicht umgesetzt wurde.“

    Corona-Protestaktion von über 50 Schauspielern und anderen Künstlern

    Rund 50 Künstler, darunter auch Ulrich Tukur, Volker Bruch, Meret Becker, Ulrike Folkerts und Richy Müller, verbreiteten am Donnerstagabend bei Instagram und auf der Videoplattform YouTube gleichzeitig ironisch-satirische Clips gegen die Coronapolitik. Tatort-Star Jan-Josef Liefers warf „allen Medien unseres Landes“ indirekt in einem ironischen Text vor, künstlich für Alarmismus zu sorgen, so dass „kein unnötiger kritischer Disput uns ablenken kann von der Zustimmung zu den Maßnahmen unserer Regierung.“

    Babylon-Berlin-Kommissar Volker Bruch murmelt: „Ich brauche mehr Angst, deshalb appelliere ich an unsere Regierung, macht uns mehr Angst.“ Bisher gibt es deshalb viel Beifall aus der ziemliche rechten Ecke – und aus der Querdenker-Gruppe. Aber aus der Kulturszene hagelt es Proteste gegen die Aktion, sie jongliere „mit dem brandgefährlichen Stilmittel von Zynismus und Sarkasmus“ und spiele der Verschwörungsszene in die Hände.

    Kulturdezernent: Corona-Politik frustriert viele Kulturschaffende

    Der Oberhausener Kulturdezernent Apostolos Tsalastras, Mitglied im NRW-SPD-Präsidium, kann massive Kritik aus der existenziell getroffenen Kulturszene zwar nachvollziehen, warnt aber davor, bei Protestaktionen zu vergessen, dass es auf den Stil und auf Verständlichkeit ankommt. „Viele Kulturschaffende der freien Kulturszene sind sehr frustriert, weil sie nicht arbeiten dürfen und finanziell am Boden liegen. Die Corona-Politik hat tatsächlich zu wenig den Wert der Kultur beachtet, Hilfsprogramme passten nicht auf selbstständige Künstler oder Hilfsgelder flossen nicht.“ Man müsse bei einem Protest allerdings aufpassen, bei wem und wie die Kritik ankommt. „Wenn jetzt Rechtsextreme, die AfD oder Querdenker Beifall klatschen, dann ist da was schief gelaufen – denn das sind die größten Gegner der freien Kulturszene.“