Oberhausen. Technische Maßarbeit am Rhein-Herne-Kanal: Seit Dienstag überspannt eine neue, 64 Meter lange Brücke für die Betuwe-Bahnlinie die Wasserstraße.
Das Oberhausener Kanalufer hat am Dienstag den wohl ungewöhnlichsten Ausflugstag des Jahres 2021 erlebt: Bei strahlendem Frühlingswetter ist die neue Eisenbahnbrücke für die Betuwe-Linie in Nähe der Lindnerstraße über die sonst so viel befahrene Wasserstraße geschoben worden. Fahrradausflügler und Angler konnten sozusagen Zentimeter für Zentimeter verfolgen, wie der blaue 260-Tonnen-Koloss auf das nördliche Kanalufer zusteuerte.
Akribisch hatten sich die Techniker und Fachleute in Regie der DB Netz auf diesen 30. März 2021 vorbereitet. Schon frühmorgens waren sie vor Ort präsent. Ein Schwimm-Ponton stand bereit, um den vorderen Teil der Brücke aufzunehmen und abzustützen. Dann ging es langsam, aber zielgenau hinüber auf die andere Kanalseite zum dortigen Widerlager.
Fahrradfahrer auf dem Weg von Oberhausen in Richtung Duisburg stoppten spontan: „Sollen wir mal ein Foto machen?“ Angler ließen sich nicht aus der Ruhe bringen und warfen von ihrem Stammplatz am Kanalufer mal nebenbei ein Auge auf die technische Maßarbeit gleich nebenan. Auch auf der sonnenüberfluteten Terrasse des Kanu-Vereins versammelten sich einige Schaulustige: Panoramablick auf eine bewegliche Brücke unter stahlblauem Oberhausener Himmel. Zugleich herrschte eine ungewöhnliche Stille: Die Schifffahrt auf dem Kanal war für den Brückeneinschub eingestellt, auf der Bahnstrecke ruht der reguläre Zugverkehr noch bis zum 9. April, 21 Uhr.
64 Meter lang und acht Meter breit
Anfang 2023 soll nun der erste Zug über die Brückenkonstruktion rollen, die 64 Meter lang und acht Meter breit ist. Die neue Überführung ist Teil des kontrovers diskutierten Ausbauprogramms für die Betuwe-Linie, das sich auf einer Streckenlänge von 73 Kilometern zwischen Oberhausen und Emmerich vollzieht. Am Schnittpunkt von Betuwe mit Rhein-Herne-Kanal, Emscher und Lindnerstraße sind bereits weitere Brücken entstanden, da hier die Bahntrasse viergleisig ausgebaut wird.
Der Bahndamm rückt dabei viel näher an die Trainingsplätze von RWO heran. Hier entsteht eine Stützmauer. Wer von der Lindnerstraße aus das Areal betrachtet, kann die künftigen Konturen des Geländes bereits erahnen. Derzeit säumen Baustellenschilder der DB Netz das Baugebiet, es fehlen noch einige Erdarbeiten, teils stehen die neuen Brücken bislang als Solitär im Raum.
Schon seit Ende 2020 hatte die nun eingeschobene Überführung auf der Kanalseite zum Kaisergarten hin auf ihren großen Auftritt gewartet. Die Konstruktion war vor Ort montiert und geschweißt worden und mit Korrosionsschutz versehen worden. Gleichwohl tauchte die blaue Brücke für die meisten Radler am Kanal am frühlingshaften Dienstag eher überraschend am Ausflugshorizont auf. Sie entschieden sich deshalb oft für einen kleinen Zwischenstopp plus Foto: „Das muss doch für die Nachwelt erhalten werden!“