Oberhausen. Wer sich in der akuten Corona-Pandemie nicht um die Zeit nach der Krise kümmert, verliert im Konkurrenzkampf der Städte ein gutes Stück Zukunft.
Ein Jahr Corona-Pandemie scheint die Kräfte der Verantwortlichen in Deutschland so sehr aufzuzehren, dass sich zu viele zu oft in Details verstricken, statt die großen Leitplanken für die Zukunft der Gesellschaft zu setzen. Diskutiert wird von Spitzenpolitikern, um welche Uhrzeit sich welche Altersgruppe auf welchen öffentlichen Plätzen aufhalten darf, ob wir Gründonnerstag oder Ostersamstag noch ein Brot kaufen dürfen oder ob die jüngere Ehefrau eines 80-Jährigen auch eine Impfung erhalten darf. Dabei ist für die Bewältigung der Pandemie zuallererst die Produktion von Impfstoffen, die Herstellung von Corona-Tests und eine gute elektronische Kontaktverfolgung entscheidend.
Ähnlich laufen die Verantwortlichen Gefahr, die Zeit nach der Corona-Pandemie aus den Augen zu verlieren – weil sie angesichts intensiver Detail-Überlegungen keine Energie mehr haben, sich um andere wichtige Themen zu kümmern. Genauso wie die Schnelligkeit von Impferfolgen maßgeblich den Wettlauf der Staaten um wirtschaftliches Wachstum beeinflusst, wird es nach der Pandemie Gewinner und Verlierer im Konkurrenzkampf der Städte um Aufmerksamkeit, Besucherströme und Investoren geben.
Leben wir schon bald mit Corona wie mit der Grippe?
Die Impfstoff-Frage wird in Deutschland gelöst werden, spätestens ab 2022 wird es eine Zeit geben, in der so viele Menschen geimpft sind, dass Europa wie bei der jahrhundertelang bekannten Grippe mit Corona leben kann – mit Hilfe ständig neuer Impfaktionen.
Die derzeitige Krise wird zu erheblichen Nachholeffekten der Bevölkerung führen: Einkaufen, Freizeit, Partys, Konzerte, Sportevents. Städte, die sich wie Oberhausen als Freizeit-/Entertainment-/Shopping-Ziel begreifen, müssen sich auf diese neue Epoche JETZT einstellen. Die verständliche Konzentration auf die akuten Corona-Wellen im Rathaus, in Unternehmen, bei Investoren und Sozialverbänden darf auf keinen Fall dazu führen, dass sich Teile dieser Organisationseinheiten zurücklehnen und mal bis zum Pandemie-Ende abwarten.
Eine Chance, um deutschlandweit Aufmerksamkeit zu erregen und Profil zu gewinnen, hat Oberhausen dabei schon verpasst: Mit originellen und pfiffigen Lösungen sind die Stadtoberhäupter von Rostock und Tübingen in der Pandemie-Bekämpfung nach vorne gegangen – Oberhausen hat sich mit seinen Maßnahmen meist nur eingereiht, hat auf Inzidenzwerte reagiert und zu wenig agiert.
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Nun gilt es, das Tourismus-Profil Oberhausens so zu stärken, dass die Stadt einen Gutteil der künftigen Ströme an Stadt-Reisenden auf sich lenkt. Neue Freizeitattraktionen, neue Ereignisse, neue Ideen müssen her. Die im Bau befindliche Golf-Anlage nach US-Vorbildern auf drei Etagen in der Neuen Mitte ist ein beeindruckender Anfang.
Bitte keinen langweiligen Logistiker mit Paketdienst-Service!
Die geplante Ansiedlung eines Amazon-Logistik-Standorts am Centro ist das Gegenteil davon: Baut in den gigantischen Industriehallen eine Rollschuh-Disco, eine Schlittschuhbahn, einen BMX-Parcours oder zeigt eine Industrie-Foto-Schau mit überdimensionierten Bildern – aber lasst da auf keinen Fall am Entertainment-Areal Neue Mitte langweilige Paketdienste einziehen! Die Industriehallen haben das Potenzial einer überregionalen Ikone wie der Gasometer.
Notwendig ist es auch, sich die attraktiven Orte der Stadt aus dem Blick eines auswärtigen Besuchers anzuschauen – sie müssen dringend aufgehübscht werden, um einen guten Eindruck zu hinterlassen. Jetzt ist auch die Chance, ein durchschlagendes Kultur- und Freizeitmarketing, das in Oberhausen zwischen vielen Akteuren verzettelt ist, zu entwickeln – um nach Corona Wirkung zu entfalten.
Brainstorming-Runden, Konzept-Entwicklung, Vor-Ort-Kontrollbesuche, Investoren-Gespräche – jetzt muss man den Erfolg Oberhausens nach der Pandemie einstielen, jetzt muss man handeln.