Oberhausen. Ein junger Bürgermeister in NRW ließ sich mit einer übrig gebliebenen Corona-Impfdosis impfen. Werden Politiker und Prominente bevorzugt?
Der Mangel an Impfdosen gegen die gefährliche Corona-Erkrankung hat manchen Bürger beunruhigt. Eigentlich dürfen die wenigen Covid-Impfungen bundesweit nur streng nach Prioritätenliste verimpft werden – erst waren die Altenheim-Bewohner und das Pflegepersonal dran, dann kommen alle über 80-Jährigen außerhalb der Heime.
Doch plötzlich tauchte der Fall des 31-jährigen Hennefer Bürgermeisters Mario Dahm (SPD) im Rhein-Sieg-Kreis auf, der sich Ende Januar selbst einen bereits aufgetauten Impfstoff spritzen ließ, damit die wertvolle Impfdosis nicht weggeworfen werden musste. Denn das Impfmittel von Biontech/Pfizer muss nach dem Auftau-Vorgang innerhalb von sechs Stunden komplett verbraucht werden. Sofort hagelte es jedoch Kritik an dem Gebaren von Dahm – sogar von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU), der öffentlich im Landtag gegen „Impfvordrängler“ wetterte.
Was passiert also mit Impfdosen, die überraschend bei einem Impftermin übrig sind – weil etwa der eine oder andere Impfling erkrankt ist, nicht aufgetaucht ist oder sich plötzlich doch nicht mehr impfen lassen will? Haben dann Politiker, Prominente und andere wichtige Persönlichkeiten der Stadtgesellschaft Vorrang? Oder darf man sich dann einfach als junger Mensch vordrängeln, damit die Impfdosis nach der Erwärmung nicht verdirbt?
Natürlich nicht, sagt der ärztliche Leiter des Oberhausener Impfzentrums (Willy-Jürissen-Halle) auf Nachfrage am Telefon: Nach Angaben von Dr. Heinrich Vogelsang ist auch für mögliche Rest-Dosen in den Altenheimen die Verteilung und Priorisierung geklärt. „Wir haben uns im Krisenstab darauf verständigt, dass wir dann die besonders gefährdeten Gruppen impfen, die Feuerwehr, den Rettungsdienst des Deutschen Roten Kreuzes, das ambulante Pflegepersonal, die Beschäftigten in Arztpraxen – oder auch die Polizei.“
Nach Darstellung von Michael Jehn, Leiter des städtischen Corona-Krisenstabes, geschieht dies durch einen Anruf bei der Feuerwehr, die dann Personen mit der höchsten Priorität bittet, zu dem Altenheim zu fahren, in dem gerade geimpft wird. Das Prinzip ist aber grundsätzlich klar: „Wir machen alles, so dass keine Impfdosis in den Gully geschüttet werden muss“, sagt Dr. Vogelsang. Denn sollte es überhaupt nicht klappen mit Feuerwehr und Co., dann würde der erfahrene Allgemeinmediziner zum Äußersten greifen: „Um es salopp zu sagen, notfalls frage ich Jupp von der Straße, bevor wir Impfmittel wegschmeißen.“
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Bisher wird ja nur in den Altenheimen durch die mobilen Impfteams geimpft. Die Impfaktion hat nach Beobachtung des Oberhausener Impfzentrums-Leiters bisher sehr gut funktioniert. „Wir haben nur Geimpfte mit keinen oder geringen Nebenwirkungen: Mal tut der Arm weh, mal hat jemand Kopfschmerzen, ist müde oder hat einen kleinen Fieberschub. Das geht aber schnell vorbei und das zeigt ja nur, dass die Impfung wirkt.“ Die Impfbereitschaft in den Oberhausener Heimen lag nach Angaben von Vogelsang bei 90 Prozent. Man habe danach auch nachgewiesen bei einem Fall festgestellt, dass bereits eine einzige Impfung die Zahl der Antikörper gegen Corona so sehr erhöht wie nach einer echten Erkrankung mit dem gefährlichen Virus. Demnach würde ein guter Schutz bereits nach der ersten Impfung mit Biontech existieren.
Die Impfung mildert den Krankheitsverlauf stark ab
Der Impfstoff sorgt natürlich nicht dafür, dass man sich gar nicht mehr mit Corona anstecken kann, sondern: „Die Impfung mildert den Verlauf einer Corona-Erkrankung stark ab; wir haben bereits erlebt, dass Geimpfte nur noch keine oder geringe Symptome nach einer Corona-Ansteckung haben.“ Auch Geimpfte müssen und sollen sich nach Auffassung des Arztes auch künftig unbedingt an die AHA-Regeln halten: „Es ist bisher nicht abschließend geklärt, wie sehr Geimpfte nach einer Corona-Ansteckung andere Menschen infizieren können.“
Nach der Verschiebung des Starts der Impfung im zentralen Oberhausener Impfzentrum soll es nun dabei bleiben: Am Montag, 8. Februar 2021, geht es mit den ersten Impflingen in der Willy-Jürissen-Halle an der Lothringer Straße nahe der Oberhausener Innenstadt los. Wie viele Personen in der ersten Woche geimpft werden können, ist noch unklar. Sollten hier Impfdosen übrig bleiben, weil Oberhausener ihren zugesagten Termin verpassen, dann greift mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls eine Prioritätenliste. Sie ist aber abschließend noch nicht von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) festgezurrt und kommuniziert worden. „Wir befinden uns derzeit in Abstimmung mit der KV“, berichtet Jehn.
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