Oberhausen. Die Corona-Pandemie trifft den wirtschaftlichen Schwerpunkt von Oberhausen ins Mark: Tourismus und Freizeit. Erholung ungewiss.
Durch den Strukturwandel des Kohle- und Stahlzeitalters hat Oberhausen seit den 60er Jahren 50.000 bis 60.000 wertvolle Industriearbeitsplätze verloren -- die Tourismus-, Kongress- und Freizeitbranche ist ein neuer schwergewichtiger Baustein der städtischen Wirtschaftspolitik, um mehr Beschäftigung zu schaffen.
Tatsächlich ist dies seit Mitte der 90er Jahre mit dem Bau des Centros und der Köpi-Arena gelungen: Die Zahl der Übernachtungen hat sich mehr als verzehnfacht. Der Bereich Tourismus, Einkaufen und Entertainment sorgt nach Angaben der städtischen Tourismusförderung bereits mit 9000 Beschäftigten in über 600 Unternehmen für zehn Prozent der Oberhausener Wertschöpfung.
Tourismus-Erfolge zunichte gemacht
Doch die Corona-Krise mit den strikten Reise- und Veranstaltungsbeschränkungen macht diese Erfolge ziemlich zunichte. Ob sich Oberhausener Hoteliers, Veranstalter, Gastronomen und Hallenbetreiber von diesem Tiefschlag erholen können, ist ungewiss.
Denn die Zahlen sind erschreckend: Nach den aktuellen Daten der Landesstatistiker hat Oberhausen in diesem Jahr schon bis zum Oktober fast die Hälfte aller Übernachtungen verloren: Kaum noch Städte-Urlauber, kaum noch Dienstreisen, wenige Geschäftskunden -- das macht über 45 Prozent weniger Übernachtungen aus. Im vergangenen Jahr hatte Oberhausen mit einem zweistelligen Prozent-Anstieg noch die früher nur heimlich erträumte Rekordmarke von einer halben Million Übernachtungen geknackt (546.000). Kurz nach der Eröffnung des Centros zählten die Hoteliers 1997 gerade mal 122.000 Übernachtungen -- meist von Geschäftsreisenden.
So gut wie kein anderer Standort
"Wir haben uns in den vergangenen 25 Jahren so gut entwickelt wie kein anderer Standort in Deutschland", liest Rainer Suhr, Leiter für Tourismus und Marketing der Oberhausener Wirtschaftsförderung (OWT), aus den Daten. In den vergangenen zehn Jahren war der Anstieg an Übernachtungen sogar mehr als doppelt so hoch wie in ganz NRW: Einem Plus von 74 Prozent in Oberhausen steht ein Plus von 33 Prozent in Nordrhein-Westfalen gegenüber.
In diesem Jahr hatten Oberhausener Hotels schon bei der ersten Welle im April und Mai 2020 nur noch eine Auslastung von sieben bis neun Prozent, einige Hotels schlossen da lieber. Die zweite Welle trifft die Hotels noch ärger: Kein Weihnachtsmarkt, kein schöner Einkaufsbummel im Centro, keine Konzerte in der Köpi-Arena -- das lukrative Wintergeschäft fiel praktisch aus. Dazwischen war der Sommer ebenfalls recht schwach -- dagegen boomten Urlaube in den Küstenorten oder in ländlichen Regionen Deutschlands. "In Corona-Zeiten sind Städte das letzte Ziel, das Urlauber besuchen wollen", beobachtet Suhr.
In diesem Jahr erwarten die Oberhausener Tourismusfachleute insgesamt gerade mal 250.000 Übernachtungen statt 546.000. Damit fällt die Stadt auf das Besucher-Niveau des Jahres 2008 zurück. Der Unterschied: 2008 wurden in Oberhausen nur 1605 Betten zum Übernachten angeboten, jetzt sind es fast doppelt soviel: 3150 Betten. Der Auslastungsgrad der Zimmer war vor der Pandemie im NRW-Vergleich mit 75 bis 80 Prozent ausgezeichnet -- in den guten Zeiten waren viele Hotels in der Regel ausgebucht.
Die Gefahr von Strukturbrüchen im Angebot der Stadt
Tourismus-Manager Rainer Suhr befürchtet, dass es zu Strukturbrüchen im Angebot kommen wird: "Einige Hotelchefs haben uns schon signalisiert, dass sie nur noch ein halbes Jahr durchhalten können, spätestens dann müsse sich die Lage dringend bessern. Wir müssen aufpassen, dass nicht alles kaputt geht -- gerade auch in der Gastronomie." Sorgen macht Suhr auch, dass sich das Geschäftsverhalten von Konzernen nachhaltig ändert -- deutlich weniger Dienstreisen ihrer Angestellten, mehr Videokonferenzen statt Kongresse und Tagungen.
Dennoch bläst Suhr kraft seines Amtes als oberster Tourismus-Werber von Oberhausen kein Trübsal. Ob Konzertveranstalter, Einkaufszentren-Manager oder Kongressanbieter -- sie rechnen nach den ersten Impfwellen mit einem unglaublich hohen Nachholbedürfnis der Menschen in Deutschland: Sie wollen dann wieder reisen, tanzen, was erleben. Konzerte könnten beispielsweise nicht mehr vornehmlich an Wochenenden, sondern fast Tag für Tag stattfinden. Und auch Unternehmer würden jetzt spüren, das Videokonferenzen Echtzeit-Besuche nicht ersetzen können -- vor allem, wenn man Geschäfte mit neuen Partnern einstielen will oder Verhandlungen zu führen hat. "Die persönliche Begegnung ist durch nichts zu ersetzen und wir bereiten uns schon jetzt auf diese Entwicklung vor."
Oberhausen erhält erste Topgolf-Anlage
Mut macht den Touristikern, dass sich das Schweizer Unternehmen Greenreb trotz der Corona-Reisekrise für Oberhausen als erste Topgolf-Anlage auf dem europäischen Kontinent entschieden hat -- ein weiterer Frequenzbringer für die Neue Mitte rund ums Centro. Bislang gibt es solche Golf-Freizeit-Anlagen nur in den USA, Mexiko, Australien und Großbritannien. Von gut 100 Abschlagplätzen sollen die Hobby-Sportler Golfbälle auf ein 200 Meter langes Außenfeld schlagen. "Das zeigt die Schlagkraft und Qualität des Standorts." Mit digitalen Schulungen für Gastronomen und Hoteliers machen die Oberhausener Wirtschaftsförderer Unternehmen fit für die Internet-Verkaufswelt; mit Aktionen wie Kulturkucken auf Youtube und einem neuen exklusiven Reiseführer nur für Oberhausen will man die kreative Kraft der Stadt bundesweit im Gespräch halten.