Oberhausen. Wegen Volksverhetzung hatte sich jetzt ein Mann (48) aus Oberhausen vor dem Schöffengericht zu verantworten. Vor Gericht schwieg der Angeklagte.
Das Schöffengericht am Amtsgericht Oberhausen verurteilte am Dienstag einen Mann (48) aus Oberhausen wegen Volksverhetzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten ohne Bewährung. Im Internet hat der Mann nach Überzeugung des Gerichts in Textbeiträgen auf einer Webseite den Holocaust geleugnet und Hass gegen Juden geschürt. Das Schöffengericht sah den Straftatbestand der Volksverhetzung nach § 130 StGB erfüllt.
Schon vor diesem Gerichtstermin hatte sich der Oberhausener, ein gelernter Lokomotivführer, wegen Volksverhetzung vor Gericht verantworten müssen. Doch trotz dieser umfangreichen juristischen Vorgeschichte ist der Mann bislang weder rechtskräftig verurteilt noch vorbestraft. Er setzt auf den Weg der Berufung bzw. Revision und wird das wohl auch in diesem Fall so handhaben.
In diesem jüngsten Fall ging es um mehrere Taten, um mehrere Online-Texte also, die teils sogar immer noch im Internet zu lesen sind. In diesen Texten – von Richter Marc Voosen passagenweise vorgetragen – leugnet der Verfasser den Holocaust, spricht zum Beispiel mit Blick auf die Corona-Pandemie von einem kommenden Zusammenbruch der Weltwirtschaft, für den er „die Juden“ verantwortlich macht.
Mit Sitzungsunterbrechung
Vor Gericht äußerte sich der Mann nicht zu den Anklagepunkten. Er stellte allerdings gegen den Vorsitzenden Richter Marc Voosen einen umfangreichen Befangenheitsantrag, der letztlich abgewiesen wurde, aber das Verfahren durch die dafür erforderliche Sitzungsunterbrechung erheblich in die Länge zog. Dieser Antrag musste erst kopiert, dann an alle Beteiligten verteilt und von ihnen gelesen werden.
Straftatbestand: Volksverhetzung
Der § 130 des Strafgesetzbuches (StGB) regelt den Straftatbestand der Volksverhetzung.
Mit diesen Paragraphen, Anfang der 1960er Jahre neu gefasst, soll eine den öffentlichen Frieden störende Hetzpropaganda geahndet werden, die sich gegen bestimmte Teile der Bevölkerung oder einzelne Personen – etwa wegen ihrer religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit – richtet.
Der Verhandlung am Schöffengericht warf zugleich ein Schlaglicht auf die Probleme der Strafverfolgung von Delikten im Internet. Die Verteidigung argumentierte, dass dem 48-Jährigen nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden könne, dass die besagten Texte von ihm stammen bzw. von ihm im Netz veröffentlicht wurden. Als Zeuge trat ein Ermittler des Staatsschutzes vor Gericht auf. Er hatte nach eigenen Angaben im Zuge einer so genannten Denic-Anfrage herausgefunden, dass als Betreiber der zur Veröffentlichung der Texte genutzten Webseite der Angeklagte vermerkt sei. Ein schriftlicher Eintrag über diese Erkenntnis des Staatsschutzes fehlte nun allerdings in den Akten. Das sei „lückenhafte Ermittlungsarbeit“, erklärte die Verteidigung, so dass ein zweifelsfreier Nachweis nicht mehr möglich sei.
Freispruch gefordert
Der Verteidigung plädierte für einen Freispruch, die Staatsanwaltschaft forderte eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten ohne Bewährung, da der Angeklagte planvoll vorgegangen sei und eine positive Sozialprognose in diesem Fall nicht realistisch sei. Der Angeklagte selbst blieb die ganze Zeit über im Saal 21 des Gerichtsgebäudes bei seinem Schweigen und verzichtete auch auf das letzte Wort.
Nach rund 30-minütiger Urteilsberatung entschied das Schöffengericht auf die Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten ohne Bewährung.