Oberhausen. Einer Trainerin wird vorgeworfen, Hunde misshandelt zu haben. Der Verteidiger spricht von Hexenjagd. Der Prozess endet mit einem Freispruch.
Am Ende bricht es aus ihr heraus. Unter Tränen gehören der Oberhausener Hundetrainerin die letzten Worte im Gerichtssaal. Sie sei nur froh, dass endlich alles vorbei ist. Kundinnen der eigenen Hundeschule hatten ihr vorgeworfen, Tiere mit Tritten und Schlägen malträtiert und verletzt zu haben. Zuletzt sei sie und selbst ihre Tochter im Internet massiv angefeindet worden. Ihr Verteidiger spricht von einer Hexenjagd. Nach Abschluss der Beweisaufnahme über mehrere Prozesstage verkündet Richterin Beben am Amtsgericht Bottrop das Urteil: „Freispruch!“
Die Besucherplätze reichen im Gerichtssaal nicht aus. Vor dem Gebäude warten etliche Prozessbeobachter, die nicht mehr in das Gebäude dürfen. Zu Corona-Zeiten muss jeder zweite Sitzplatz frei bleiben. Diesmal sind keine Tierschützer gekommen, sondern mehrheitlich Fürsprecher der Angeklagten, die auf das Urteil warten. Einige tragen demonstrativ die T-Shits mit dem Namen der Oberhausener Hundeschule. An anderen Prozesstagen waren dagegen Tieraktivisten von Peta gekommen. Die Vorwürfe wiegen schwer.
Veterinäramt zeigt Hundetrainerin an
Das Veterinäramt Oberhausen hatte die Tiertrainerin angezeigt, weil mehrere Beschwerden vorlagen. Eine 53-jährige Dinslakenerin hatte gegenüber dem Amt und vor Gericht über schlechte Erfahrungen mit der Hundetrainerin berichtet, die mehr als ein Jahr zurückliegen. Ihr damals fünf Monate alter Eurasier soll von der Trainerin „mehrere Tritte in das Hinterteil und auf die Brust“ erhalten haben. Außerdem sei das Tier mit der Leine rabiat in die Luft gerissen worden.
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Eine weitere mutmaßlich Betroffene schildert, wie ihr Hund beim Training durch Tritte am Auge verletzt worden sein soll. Daran hätte sich auch eine Mitarbeiterin der Hundeschule beteiligt, die im abschließenden Prozesstag als Zeugin aussagt. Die 26-jährige Studentin darf im Zeugenstand den Mundschutz ablegen, erzählt geordnet und klar. Die unangenehme Situation hört man in ihrer Stimme aber heraus.
Die vorgeworfenen Tritte und Schläge, sogar gegen den Kopf, verneint sie deutlich. „Das ist gelogen!“ Weder sie noch ihre Chefin hätten Gewalt gegen den Hund angewendet. Vielmehr berichtet sie von der Situation, wie sich der Hund sträubte, dass ihm ein Maulkorb angelegt werde.
Schwere Tritte – doch keine Schwellungen?
Dabei sei der Hund zwischenzeitlich seitlich mit dem Fuß zur Seite geschoben worden, um Grenzen zwischen Tier und Trainer aufzuzeigen. Die Bewegung führt sie der Richterin vor. Das Training sei positiv beendet worden. Ein Abschlussgespräch mit Heimübungen habe es, wie üblich, mit der Besitzerin gegeben.
Anschließend spricht die Tierärztin, die den verletzten Hund nach dem Training untersuchte. Von der ärztlichen Schweigepflicht ist sie durch die Halterin entbunden worden. Die Ärztin berichtet von Einblutungen im Auge. Ein Schmerzmittel und eine Salbe habe sie verschrieben.
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„Wodurch kann das kommen?“, möchte Richterin Beben wissen. Ein Trauma, wie ein Schlag, und Bluthochdruck seien möglich. Ein plötzlicher Anstieg des Bluthochdrucks durch die Aufregung bei einer Trainingseinheit?“, fragt die Richterin. „Das ist nicht auszuschließen“, antwortet die Tierärztin.
Stumpfe Gewalt zähle ebenfalls zu Gründen für eine Augenverletzung – wie der Zusammenstoß mit einem Türrahmen oder mit einer Autoklappe. Und schwere Tritte? Typische Schwellungen nach solchen Tritten, gerade am Kopf, habe sie am Tier nicht gefunden. „Dafür war das Tier in einem zu guten Zustand.“ Das macht die Richterin stutzig.
Richterin: Im Zweifel für den Angeklagten
Gericht sichtet WhatsApp-Protokolle
Das Amtsgericht wertete auch WhatsApp-Nachrichten zwischen der Hundetrainerin und einer potenziell geschädigten Frau aus. So soll eine Kundin der Hundeschule eine recht positive Nachricht über den Mitteilungsdienst an die Beschuldigte verschickt haben.
Darin soll sich die Hundebesitzerin für das Training mit ihrem Tier bedankt haben. Später beschuldigte sie die Oberhausenerin die Trainerin, sie habe ihre Hundeübungen rabiat ausgestaltet.
Auch die Staatsanwaltschaft sieht es ähnlich, plädiert auf Freispruch – und sieht Lücken bei der Argumentation. Die mutmaßliche Misshandlung sei im Beisein der Hundehalterin geschehen. Sie habe eine halbe Stunde lang zugesehen. Richterin Beben: „Die Frage ist, warum greift sie dann nicht ein?“
Im Zweifel für den Angeklagten, begründet die Richterin ihr Urteil. Die belastenden Zeugen hätten die Situation grundsätzlich glaubhaft geschildert. Am Ende aller Zeugenaussagen gab es aber zu viele Widersprüche – dies führte zum Freispruch.