Oberhausen. Von geringer Kauflust durch Corona spürt die Küchen- und Möbelbranche nichts – im Gegenteil. Warum sich das Einrichtungsgeschäft so sehr lohnt.

In der Corona-Krise gibt es viele Verlierer – die Möbelbranche gehört nicht dazu. In Oberhausen machen Einrichtungshäuser derzeit sogar mehr Umsatz als zuvor. „Viele Leute haben sich darauf eingestellt, dieses Jahr nicht in den Urlaub zu fahren und es sich stattdessen zu Hause schön zu machen“, sagt Daniel Schwarz, Leiter der Oberhausener Geschäftsstelle von Uni Polster. Dort verzeichnet man an manchen Tagen eine Umsatzsteigerung von bis zu 70 Prozent.

Auch im Küchenbereich spürt man nicht, dass viele Deutsche aufgrund millionenfacher Kurzarbeit weniger Geld in der Tasche haben. Nach Angaben des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie ist das Geschäft mit Küchen im ersten Quartal – trotz wochenlanger Schließung – gar um 4,4 Prozent gewachsen. Auch Küchen Horstmann in Sterkrade macht seit Wiedereröffnung der nordrhein-westfälischen Möbelhäuser am 20. April 2020 wöchentlich zwischen 20 und 40 Prozent mehr Umsatz. Geschäftsführer Mario Behmer sieht dafür vor allem zwei Gründe.

Große Möbelhäuser registrieren ebenfalls erhöhte Nachfrage

„Wir haben sehr davon profitiert, dass die Landesregierung auf die Idee kam, bei der Öffnung des Handels eine Sonderregelung für Möbelhäuser zu treffen.“ Viele Oberhausener, die seit mehreren Wochen nichts gekauft hatten, hätten so ihr erstes Geld in den Möbelhäusern lassen können. Dazu sieht er die häusliche Zurückgezogenheit während der Kontaktsperre als Vorteil – und die habe in allen Gesellschaftsschichten zum Kauf motiviert. „Es wird alles mehr nachgefragt, von der 2,70 Meter großen Küchenzeile bis zur 20.000 Euro teuren Küche.“

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Nicht nur die Spezialisten spüren den überraschenden Boom – auch die Vollsortimenter profitieren. Bei XXXLutz Rück Oberhausen registriere man ebenfalls eine erhöhte Nachfrage, sagt Pressesprecher Volker Michels. „Dies betrifft unser komplettes Sortiment – aber vor allem im Bereich Wohnen und Küchen sowie Garten und Outdoor verzeichnen wir überproportionale Zuwächse.“ Michels geht davon aus, dass sich der Trend noch weiter fortsetzt – Hygieneregeln und Einlasskontrollen würden ihm jedenfalls keinen Abbruch bescheren. „Die Kunden zeigen absolutes Verständnis, dass Einkaufen in Zeiten wie diesen eben anders ist.“

Umsatz insgesamt leicht rückläufig

Aufgrund der Corona-bedingten Schließungen ist die Umsatzentwicklung in der deutschen Möbelindustrie im ersten Quartal 2020 leicht rückläufig. Der Umsatz im Inland ist um 2,6 Prozent zurückgegangen.

Für die geringen Auswirkungen auf den Umsatz macht der Verband der deutschen Möbelindustrie auch eine gute Auftragslage aus dem 4. Quartal 2019 verantwortlich.

Während die Reisebranche ums Überleben kämpft, bewertet man auch bei XXXLutz die mangelnden Reisemöglichkeiten in diesem Jahr als große Chance für die Möbelhäuser. „Anstatt Geld für den Urlaub auszugeben, tendiert eine Großzahl der Deutschen dazu, es sich daheim gemütlich zu machen“, glaubt Michels.

Wandel in den Köpfen der Kunden

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Das Einrichtungshaus Hülskemper in Alt-Oberhausen will trotz eines „ordentlichen Monats Mai“ noch nicht von einem „Corona-Boom“ sprechen, beobachtet aber zumindest einen Mentalitätswandel bei den Kunden. „Die Kundengespräche sind anders“, sagt Geschäftsführer Stephan Hülskemper. „Man merkt, dass sich die Kunden mehr mit dem Thema Wohnen auseinandergesetzt haben und mehr Interesse daran haben, es sich zu Hause schick zu machen.“

Dass sich die Kundengespräche darüber hinaus wandeln, bezweifelt man bei Küchen Horstmann. Mehr Beratungsanfragen über Webcam werde es trotz der Corona-Erfahrung erst einmal nicht geben. „Die Leute wollen die Materialien ja anfassen“, sagt Geschäftsführer Behmer. „Und gerade in der komplexeren Küchenplanung ist es sehr umständlich, alles über Videochat zu regeln.“