Oberhausen. Die Nachricht vom finanziellen Kollaps der Einrichtung hat viele geschockt. Gibt es Ende 2020 noch eine Rettung für die hier gelebte Ökumene?

Das ökumenische Kirchenzentrum am Centro in der Neuen Mitte Oberhausen bleibt geschlossen. Der Evangelische Kirchenkreis zieht sich aus dem Projekt zurück. Die Corona-Krise habe die finanziellen Probleme so akut werden lassen, dass kein anderer Ausweg als die weitere Schließung bleibe, sagen evangelische und katholische Kirche. Diese Nachricht hat zur Wochenmitte in Oberhausen viel Unverständnis und Unmut ausgelöst. Kirchenzentrum-Serviceleiterin Beate Apel erklärte auf Anfrage: „Wir sind alle sehr geschockt und sprachlos. Es sind sehr viele Tränen geflossen.“

Ulrich Samse hat als Pfarrer im Ruhestand stets ein wachsames Auge auf die aktuellen kirchlichen und kirchenpolitischen Entwicklungen. Ihn lässt das Thema seit unserem Bericht vom Mittwoch nicht mehr ruhen. Er spricht gar von einem „christlich-sozialethischen Skandal“ mit Blick darauf, dass man den Beschäftigten (sechs Hauptamtliche) Auflösungsverträge angeboten habe.

„Corona-Krise hat Lage verschärft“

Zum hauptamtlichen Team des Kirchenzentrums gehören die beiden Seelsorger, der katholische Pater Olav Hamelijnck und der evangelische Pfarrer Stefan Züchner, sowie die Serviceleiterin Beate Apel und fünf Teilzeitkräfte im Cafébereich.

Die coronabedingte Schließung habe nun „die schon lange bestehenden finanziellen Schwierigkeiten des ökumenischen Projekts noch einmal verschärft“, heißt es. Am 26. Mai wurden die Mitarbeiter über die Lage informiert, ihnen wurden Auflösungsverträge angeboten.

„Ich hatte jetzt zufällig die Möglichkeit, mich seelsorgerisch einer Hauptamtlichen zuzuwenden“, berichtet Samse. Er bestätigt: „Alle sind geschockt, enttäuscht und verärgert, dass ihr zweifellos großes ökumenisches Engagement kurzerhand abgewürgt wird.“ Einige würden sich jetzt sogar mit dem Gedanken tragen, aus der Kirche auszutreten. Alle hätten einstehen wollen „für die Zukunftsfähigkeit der Ökumene“ und würden nun „abrupt zurückgepfiffen“. Mit dem Kirchenzentrum werde „das deutliche Symbol ökumenischer Arbeit für die Zukunft aus dem Stadtbild verschwinden“.

Neues Konzept, neue Partner

Dabei haben es sich die Verantwortlichen nicht leicht gemacht: Am Dienstag, 26. Mai, um 13.01 Uhr schickten Superintendent Joachim Deterding und Stadtdechant Peter Fabritz eine immerhin fast zweiseitige, sehr detailreiche Pressemitteilung auf den Weg, die an mehreren Stellen deutlich macht, dass man sich um ein neues Konzept und neue Partner „für das einzigartige Kirchenprojekt“ bemühe. Dafür treten laut dieser Pressemitteilung nun auch das Ruhrbistum auf katholischer Seite und die Rheinische Landeskirche auf evangelischer Seite ein. Zitiert werden dabei hochrangige Vertreter beider Seiten: die rheinische Oberkirchenrätin Barbara Rudolph und Markus Potthoff, Leiter der Hauptabteilung Pastoral und Bildung im Bistum Essen.

Mit seiner Lage und Ausrichtung sei das Kirchenzentrum weit und breit einzigartig, heißt es. Zudem habe es gerade im Reformationsjahr 2017 eine gute Wirkung gehabt und bereits seit 1997 gezeigt, wie Katholiken und Protestanten gemeinsam ein erfolgreiches Projekt verwirklichen könnten.

Barbara Rudolph und Markus Potthoff unterstreichen: „Wichtig ist nun, dass wir starke Partner finden, um das Ökumenische Kirchenzentrum mit einem neuen inhaltlichen und wirtschaftlichen Konzept wieder eröffnen zu können.“ Bis Ende des Jahres wollen alle Beteiligten klären, ob das Kirchenzentrum wieder öffnen kann – und wie dann das Angebot aussieht. Es sind noch sieben Monate bis zum Jahresschluss. Ein immenser Zeitraum, in dem es wahrscheinlich zu intensiven Kontakten zu diesem Thema kommen wird.

Café und Raum der Stille

Wird die seit 1997 gelebte ökumenische Zusammenarbeit in der Neuen Mitte doch noch eine Chance bekommen? Bis zur Corona-Schließung öffnete das Kirchenzentrum täglich – bis auf montags – sein Café mit Spielmöglichkeiten für Kinder und seinen Raum der Stille für Gebet und Meditation. Auch ein kleiner Laden mit Geschenkideen und Eine-Welt-Produkten sowie die Kircheneintrittsstelle zählten zum Angebot.

Zu Weihnachten, Ostern und Pfingsten rückte das Kirchenzentrum stets besonders in den Blickpunkt: Dann lud die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Oberhausen dort zu ökumenischen Gottesdiensten ein. Zu diesem Pfingstfest fällt das nun erstmals aus.