Oberhausen. Marcel Knauff ist neuer Nahmobilitätsbeauftragter bei der Stadt. Bundesweit einzigartige Projekte wie die „Radwelle“ gehen auf sein Konto.
Funktionsjacke, Jeans, Turnschuhe – man könnte meinen, Marcel Knauff wäre bereit, sich jederzeit aufs Fahrrad zu schwingen. Doch die Zeiten, in denen der 41-Jährige mehrmals die Woche 40 Kilometer auf dem Rennrad von Xanten nach Oberhausen geradelt ist, sind größtenteils vorbei – wegen der Familie. Aber als neuer Nahmobilitätsbeauftragter der Stadt Oberhausen dreht sich bei ihm zumindest planerisch weiter alles ums Rad.
Seit November 2019 hat Marcel Knauff die neu geschaffene Stelle bei der Stadtverwaltung inne, bei der er sich mit Fragen des immer wichtiger werdenden Rad- und Fußverkehrs auseinandersetzt und so ein großes Stück die Mobilität der Zukunft mitgestaltet – zumindest für Oberhausen. Fällt der Name Knauff, ertönen ausschließlich Lobeshymnen – vom hiesigen Fahrradclub ADFC bis in die obersten Ränge der Stadtverwaltung. Von einem hoch engagierten Planer mit tollen Ideen ist da die Rede. Und schon bevor der promovierte Bau-Ingenieur sein neues Amt antreten konnte, hat er in seiner bisherigen, rund achtjährigen Tätigkeit für die Stadt bereits für Furore gesorgt.
Vorzeigeprojekte „Radwelle“ und App „Radrouten“ angeschoben
Das Projekt „Radwelle“, das Radfahrern an vielen Stellen in der Stadt mittels cleverer Technik eine grüne Welle beschert, geht auf sein Konto, genauso wie der damit verbundene zweite Platz beim prestigeträchtigen Deutschen Fahrradpreis für Oberhausen. „Die Radwelle war ein Modellprojekt, das es so in ganz Deutschland noch nicht gegeben hat. Ich hätte am Anfang auch nicht gedacht, dass wir das so gut umgesetzt bekommen“, gibt sich Knauff bescheiden.
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Und auch die neue App „Radrouten“, die mit Hilfe eines Belohnungssystems mehr Menschen zum Radfahren animieren möchte, hätte ohne Knauffs Engagement kaum das Stadium einer fixen Idee überschritten. Der Hobby-Triathlet hat augenscheinlich ein Händchen dafür, mit innovativen Ideen und erfolgreichen Förderanträgen, die Geldtöpfe von Bund und Ländern anzuzapfen – und dazu noch das entsprechende Durchhaltevermögen für größere Projekte.
„Tatsächlich wurde alles, was wir in den letzten Jahren für den Radverkehr in der Stadt getan haben, mit Mitteln des Bundes gefördert. Das hätten wir als Kommune allein nicht stemmen können“, betont Knauff mit Blick auf weitere Projekte wie die neuen Radwege auf Teutoburger Straße und die geplante Radspur auf der Bebelstraße – Vorhaben, für die sich in der Autostadt Oberhausen in Zeiten von Klimawandel und Luftreinhalteplänen nun politische Mehrheiten finden. „Wir müssen zwar immer noch ein gutes Stück für Akzeptanz werben, wenn es um solche Projekte geht, doch Fahrradthemen sind in der Politik gerade auf dem Vormarsch“, schätzt Knauff die Lage ein.
Seit 2012 für die Stadt Oberhausen tätig
Nach seiner Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität in Essen kam der gebürtige Schmachtendorfer 2012 zur Stadtverwaltung. Marcel Knauff arbeitete zunächst im Bereich Verkehrserhebungen, kümmerte sich um komplexe Verkehrssimulationen am Computer und war anschließend etwa mit der Parkraumbewirtschaftung betraut. Daneben übernahm er bereits Aufgaben im Bereich Mobilitätsmanagement und Gesamtverkehrsplanung und war nebenbei zentraler Ansprechpartner für den Regionalverband Ruhr (RVR) und das Zukunftsnetzwerk NRW.
https://www.waz.de/staedte/oberhausen/radverkehr-adfc-oberhausen-bittet-politik-um-kreative-ideen-id228296537.htmlEnde vergangenen Jahres wurde erstmals auf Antrag von ADFC und BUND eine ganze Stelle für den Komplex Nahmobilität eingerichtet, nachdem gerade Radverkehrsthemen zuletzt allein von Vorgänger Dieter Baum mit einer halben Stelle bedient wurden. „Ich bin aber explizit nicht für den ÖPNV zuständig“, grenzt Knauff dabei sein Aufgabengebiet ein.
Der Radverkehr sei aber eine Art Bindeglied für alle planerischen Vorhaben im Bereich Nahverkehr. So hätten Maßnahmen für den Radverkehr in der Regel auch Auswirkungen auf Fußgänger, etwa bei der Gestaltung von Gehwegen und Kreuzungen, weiß Knauff. Das sieht die AGFS („Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte“), in der auch Oberhausen Mitglied ist, mittlerweile genauso.
Sichere Abstellmöglichkeiten für die Quartiere
Neben einem eigenen Radmobilitätskonzept, das Knauff gerade für Oberhausen erarbeitet, schiebt der Mobilitätsmanager bereits weitere Pilotprojekte an. Das nächste Millionenvorhaben steht schon in den Startlöchern: „Wir wollen sichere Radabstellboxen in Wohnquartieren schaffen. Das sind gewissermaßen kleine Fahrrad-Garagen, die man einfach per Handy buchen kann“, berichtet Knauff.
12.000 Kilometer im Jahr
Marcel Knauff wurde in Oberhausen geboren und hat 32 Jahre in Schmachtendorf gelebt. Vor einigen Jahren zog er mit seiner Frau nach Xanten. Er hat eine kleine Tochter.
Nicht nur beruflich hat er eine Leidenschaft fürs Zweirad. Privat bestreitet Knauff so manches Rennen, darunter Triathlon-Wettbewerbe in der NRW-Liga. Er hat auch schon an mehreren Iron Man-Veranstaltungen teilgenommen.
Der Hobby-Athlet bringt es auf beachtliche 12.000 Radkilometer im Jahr und besitzt neun verschiedene Fahrräder vom Mountainbike übers Lastenrad bis zum High-Tech-Zeitfahrrad.
„Um mehr Menschen aufs Fahrrad zu bekommen, müssen wir eben auch sichere Abschließmöglichkeiten zur Verfügung stellen.“ Eine Förderskizze zielt zunächst auf das Bismarckviertel ab. Zusätzlich zu den Abstellboxen soll es dann auch ein Lastenrad-Verleih-System geben. Jetzt muss nur noch eine Förderzusage und ein politischer Beschluss her. Marcel Knauff: „Dem dürfte aber nichts im Wege stehen.“